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ATHEN/ Onassis Cultural Centre: CRASH-PARK -the life of an island“ von Philippe Quesne

30.12.2018 | Allgemein, Theater


Foto: Martin Argyroglo

Onassis Cultural Centre, Athen

Crash Park

Besuchte Vorstellung am 28. Dezember 2018

Die Kolonie der heiteren Vernunft

 

Der franzoesische Theaterregisseur und Buehnenbildner Philippe Quesne ist ein Meister darin, verborgene Welten, gefundene und erfundene Landschaften auf die Buehne zu setzen und zu beobachten, wie sich das Menschengeschlecht darin tummelt. Abgeschiedene Orte und extreme Situationen haben es ihm angetan, wobei sein Zugriff nicht frei von romantischen Sehnsuchtsfantasien ist. Er zeigt Schauplaetze, an denen das gesprochene Wort eine untergeordnete Rolle spielt, wo stattdessen Stimmungen und Klaenge den Ton angeben. Heiter und ironisch geht es zu und her in Quesnes Welten. Letzteres mag ihn von den Bildwelten eines Caspar David Friedrich. dem er sich in einer Produktion an den Muenchner Kammerspielen angenommen hat, unterscheiden. Ein gewisses Interesse am Erhabenen – und sei es nur in einer gebrochenen Form – ist dem Franzosen aber nicht abzusprechen. Vor zwei jahren praesentierte das Onassis Cultural Centre „The melancholy of dragons“ in Athen, nun kehrte der Regisseur mit „Crash Park: the life of an island“ zurueck.

Die Geschichte, die Quesne in seinem aktuellen Stueck erzaehlt, nimmt einen ganz und gar nicht heiteren Anfang. Ausgangspunkt ist naemlich ein Flugzeugabsturz. Das Publikum sieht zunaechst, noch bevor die eigentliche Auffuehrung beginnt, auf Bildschirmen, Passagiere in einem Billigflieger, welche tun, was man eben dort tut. Dann setzen Turbulenzen ein, Panik kommt auf. Im naechsten Moment erblickt man auf der Buehne das abgestuerzte, vor einer kleinen Insel im Wasser liegende Flugzeugwrack. Dem Flieger entsteigen einige Ueberlebende, die sich schnell daran machen, die Insel zu erreichen. Dort beginnen sie mit deren Erkundung, worauf bald zivilisatorische Praktiken um sich greifen. Das Geschehen geht nicht ohne Schwierigkeiten und Zwist ab, vollzieht sich aber doch meist in einer heiter-geloesten Stimmung. So mutet das Ganze doch eher wie ein Schulausflug denn eine ungewollte, lebensbedrohende Herausforderung an. Trotz manch schoener Szenenfindung – bereits die ‚akrobatische‘ Ueberquerung des Wassers zu Beginn ist sehenswert -, bleibt es unklar, was uns der Regisseur mit diesem Setting sagen will. Was er uns vor Augen fuehrt, mutet zu fantastisch-verspielt an, als dass wir darin existenzielle Noete sehen koennten. Man fuehlt sich schon eher an Traueme von Ferien in der Suedsee erinnert. Das ist schoen, bringt aber kaum Erkenntnis.

Die technisch-szenische Umsetzung ist durchaus zu loben, angefangen bei Philippe Quesnes detailreichem, klug gebauten Buehnenbild. Der Soundtrack von Pierre Desprats, das Sounddesign von Samuel Gutman, der Film von Cesar Vayssie und das Lichtdesign von Thomas Laigle und Michael Nodin tragen absolut stimmig und ueberzeugend zum spezifischen Charakter der Buehnenwelt bei. Vorzueglich ist das Ensemble, das der abgeschiedenen Idylle Leben einhaucht: Isabelle Angotti, Jean-Charles Dumay, Leo Gobin, Yuika Hokama, Sebastien Jacobs, Thomas Suire, Therese Songue und Gaetan Vourc’h. Man schaut dem bunten Treiben aller Beteiligten gerne zu und laesst es sich gefallen, dass der Abend mehr zur Kontemplation als zum Nachdenken anregt. Am Schluss spendet das Athener Publikum starken Beifall.

Ingo Starz

 

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