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ATHEN/ Megaro Mousikis: NEDERLANDS DANS THEATER

Tanzende Koerper, klingender Leib

 

Megaro Mousikis, Athen: Nederlands Dans Theater

Besuchte Vorstellung am 1. Februar 2019

Tanzende Koerper, klingender Leib

Das Nederlands Dans Theater gehoert zu den gern gesehenen Gaesten im Musikzentrum Megaro Mousikis. Das NDT I gastiert fuer vier Abende in Athen und die grosse Alexandra Trianti Hall ist jeweils ausverkauft. Das hiesige Publikum weiss das engagierte, zeitgenoessische Programm und die hohe Qualitaet des Ensembles zu schaetzen. Das Programm fuehrt drei Werke von vier fuer das NDT wichtigen Choreographinnen und Choreographen zusammen: Paul Lightfoot & Sol Leon, Marco Goecke und Crystal Pite.


Pardita for 8 dancers. Foto: Shrahi Rezvani

Der Abend beginnt mit Crystal Pites ausdrucksstarker „Partita fuer 8 Taenzer„, welche im Mai 2018 ihre Urauffuehrung feierte. Vor einem roten, unten mit einer gruenen Linie abgeschlossenen Lichtfeld, das eine deutliche Referenz zum malerischen Werk von Mark Rothko liefert, vollzieht sich ein Geschehen, das in die Zusammenfuehrung eines Paares muendet. Die Musik von Caroline Shaw kommt koerperhaft daher, unterstreicht mit Atemgeraeuschen die physische Seite menschlichen Seins und integriert gesprochene Saetze wie “ The detail of the pattern is movement“. Die Choreographin bedient sich eleganter, fliessender Bewegungen und schafft Bilder von grosser Intimitaet. Wenn am Ende das Paar von den anderen Taenzern gleichsam zueinander geschoben wird, dann scheint sich, wenn man dem Gesichtsausdruck der Frau folgt, eine gewisse Desillusionierung Raum zu schaffen. Crystal Pite entwirft eine auf Bewegung basierende Struktur, ein taenzerisches Ornament, das auf ein Grundmotiv menschlicher Existenz zielt. Sie schafft im Wortsinn eine „Partita“.

Marco Goeckes Stueck „Walk the Demon“, welches im September 2018 zur Urauffuehrung kam, ist eine Engfuehrung von Tanz und Stimme. Der Choreograph bedient sich dabei der Musik von Antony & The Johnsons, Pavel Haas und Pehr Hendrik Nordgren. Das Bewegungsrepertoire, welches er zum Einsatz bringt, drueckt mehr Verstoerung und Unterbruch als fliessende Eleganz aus. Die zehn Taenzerinnen und Taenzer reagieren auf unterschiedliche Stimmen resp. Stimmgeraeusche und zeigen auf eindrucksvolle Weise, wie aeussere Form und innerer Klang der Koerper einander bedingen. „Everything is new“, hoert man an einer Stelle und gegen Ende ertoent eine Art heulender Kampfschrei, bevor ein Solo das Werk abschliesst. Goeckes Arbeit ist nicht einfach zu entschluesseln, haelt aber stets die Spannung aufrecht und bietet eindrueckliche Bilder. Wie der Choreograph die vokal auftretenden Daemone mit oftmals ruppigen Koerperbewegungen interagieren laesst, ist bemerkenswert. „Walk the Demon“ gelingt es, Individualitaet und Komplexitaet menschlicher Existenz auf der Buehne erfahrbar zu machen.


Foto: Nederlands Danse Theater

Die Choreographie „Safe as Houses“ (2001) von Sol Leon and Paul Lightfoot kreist um die Existenz der Seele und um universelle Fragen. Die beiden Kuenstler bedienen sich dabei einer deutlich vom klassischen Tanz gepraegten Bewegungssprache. Dass dazu verschiedene Musikstuecke von Johann Sebastian Bach erklingen, verleiht dem Werk eine gewisse Abgeschlossenheit, aber auch eine heitere Geloestheit. Acht Taenzerinnen und Taenzer in weisser und drei in schwarzer Kleidung bespielen einen Raum, der von einer im Kreis rotierenden Wand gepraegt ist. Das Stueck bringt offenkundig das Ringen von Gut und Boese, dem die menschliche Seele ausgesetzt ist, zum Ausdruck. Die Disposition der taenzerischen Szenen,  die Musik und der auf die Buehne gesetzte Raum, dessen abschliessenden Waende durch ihre Bemalung im oberen Teil auch eine Anmutung von Natur bieten, schaffen eine Art feststehendes Moment, ein Moment von Sicherheit. So erzaehlt „Safe as Houses“, das mit einem Harmonie ausstrahlenden Pas de deux endet, letztendlich die alte Geschichte von der Unsterblichkeit der Seele.

Das Publikum reagiert mit grosser Begeisterung auf das Programm und die ausgezeichneten Leistungen des Ensembles. Crystal Pites Arbeit scheint dabei der Favorit vieler Zuschauer zu sein.

Ingo Starz

 

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