Griechische Nationaloper/Alternative Bühne, Athen
Theofrastos Sakellaridis: Ich will den Papst sehen!
Derniere am 16. Februar 2025
Ehekrisen
Die Operette war einst auch in Griechenland ein populäres Genre. Die in unseren Tagen beliebteste, griechische Operette ist Theofrastos Sakellaridis‘ 1918 uraufgeführter „Patensohn“. Das Werk kommt regelmässig zur Aufführung. Von den zahlreichen Bühnenwerken des Komponisten kommt nun ein anderes auf die Alternative Bühne der Griechischen Nationaloper: „Ich will den Papst sehen!“. Das 1920 uraufgeführte Werk basiert auf einer französischen Komödie. Seine Musik verbindet geschickt musikalische Formen der Zeit und lässt auch eine griechische Prägung hören. Das Lied Annas, worin sie davon singt, dass sie den Papst sehen wolle, ist das Herzstück der Operette.
Es ist in dieser Operette viel von der Ehe die Rede. Der alternde Junggeselle Baronas preist die Ehe als beste Lebensform und bringt seinen Neffen unter die Haube. Die frisch Vermählten Adrianos und Anna geraten sich aber schon auf der Hochzeitsreise in die Haare, als die Braut unbedingt den Papst sehen will, der Ehemann aber den Wunsch als Unfug abtut. Frühzeitig zurückgekehrt streiten die Brautleute weiter. Nun versuchen die Eltern der Braut helfend einzugreifen, was jedoch zu einer Frontbildung zwischen Frauen und Männern führt. Das ältere Paar Latroudis weist dabei die komödienübliche Konstellation auf: herrische Ehefrau, untreuer Gatte. Der Konflikt spitzt sich zu und lässt die Damen schliesslich einlenken. Die Ehen sind gerettet und Baronas kann zufrieden zur häuslichen Ruhe zurückkehren. Komödiengerecht gibt es noch die Kabarettkünstlerin Rita, die die Untreue ins Spiel bringt, den Diener Demosthenes, der Weisheiten einstreut, und einen Polizisten, der auf dem Höhepunkt des Streits eingreift.
Die Operette wurde an die Bedürfnisse der kleineren Bühne angepasst, Nicolas Vassiliou leitet souverän ein neunköpfiges Orchester. Die Ausstattung von Tina Tzoka belässt das Werk in der Zeit seiner Entstehung. Raumelemente, die an einen Pavillon und Sitzmobiliar erinnern, verorten die Handlung und erlauben rasche Umbauten. Das Ganze mutet freilich trotz schöner Stoffe und Formen etwas spartanisch an. Der Regisseurin Natasha Triantafylli geht es darum, die Zeitlosigkeit der Eheprobleme herauszustreichen, was etwa zu einer stärkeren Gewichtung der Dienerrolle führt. Gleichfalls muss natürlich das Komische der Operette bewahrt werden. Manchmal hakt es darum in der szenischen Darbietung und weder das eine, noch das andere kommt zur vollen darstellerischen Entsprechung. Im Ganzen bietet der Abend aber doch eine unterhaltsame Musiktheateraufführung mit eingestreuten Weisheiten und einer Art Epilog, der uns Heutige an die Bedeutung der Liebe gemahnt.
Auf der Bühne steht ein spielfreudiges Ensemble, das von der Sopranistin Chrissa Maliamani als Anna angeführt wird. Maliamani verbindet stimmlichen Wohlklang und darstellerischen Charme. Neben ihr spielen und singen überzeugend: Dimitris Sigalos als Baronas, Vagelis Maniatis als Latroudis, Julia Souglakou als Frau Latroudis, Nicolas Maraziotis als Adrianos, Marissia Papalexiou als Rita, Antonis Kyriakakis als Demosthenes und der Dirigent Nicolas Vassiliou als Polizist. Alle Beteiligten machen „Ich will den Papst sehen!“ zu einem kurzweiligen Erlebnis.
Das Publikum ist sichtlich angetan von der Aufführung und spendet am Schluss reichlich Applaus.
Ingo Starz (Athen)