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ATHEN/ Greek National Opera, Alternative Stage: HEDDA GABLER. Kammeroper von George Dousis

Hedda, das Musical

28.01.2019 | Allgemein, Oper


Julia Rutigliano. Copyright: Greek national Opera

Greek National Opera, Alternative Stage, Athen: Hedda Gabler. Kammeroper von George Dousis

Besuchte Vorstellung am 27. Januar 2019

Hedda, das Musical

Die Griechische Nationaloper bemueht sich nach Kraeften auf ihrer zweiten, kleineren Buehne ein breites Spektrum an Musiktheater mit zahlreichen Urauffuehrungen zu bieten. Das ist gut so. Weniger Freude bereitet der Umstand, dass die Leitung des Hauses offenkundig allzu komplexe zeitgenoessische Musik meidet. Man spricht zwar davon, dass die Alternative Stage Platz fuer Risiken bieten solle, geht solche unter rein kuenstlerischen Aspekten aber eher wenig ein. Die Kammeroper „Hedda Gabler“, ein Auftragswerk der Nationaloper, ist ein gutes Beispiel dafuer. Der Komponist George Dousis hat zusammen mit der Librettistin Eri Kyrgia ein Werk geschaffen, das nahe an Ibsen’s Vorlage bleibt und die Geschichte in vier kurzen Akten erzaehlt. Es handelt sich also um eine klassische Literaturoper. Dass das Textbuch in englischer Sprache verfasst wurde, duerfte dem Wunsch geschuldet sein, dem Werk zu internationaler Aufmerksamkeit zu verhelfen.

„Hedda Gabler“ ist bereits die vierte Oper des Komponisten, der ein beachtliches internationales Taetigkeitsspektrum aufweisen kann. So hat er etwa im Jahr 2011 eine Oper nach Jean Genet’s Stueck „Die Zofen“ herausgebracht. Die Musik seines neuesten Werks enttaeuscht bedauerlicherweise. Es ist nicht so, dass es Dousis an musiktheatralischem Instinkt fehlen wuerde, durchaus nicht. Man muss nur leider feststellen, dass der melodisch-tonale Gestus seiner Musik, deren illustrative Effekte und deren gewisser Hang zum Pathos doch sehr traditionell und etwas anachronistisch klingen – wenn man bedenkt, was sich im zeitgenoessischen Musiktheater so alles tut. Das holzschnittartige Verfahren des Komponisten bringt eine Musik hervor, die mehr an ein Musical denn eine Oper gemahnt. Dem Werk mangelt es an interpretatorischer Tiefe, weil es ihm weder gelingt atmosphaerische Raeume zu oeffnen, noch die Psyche der Figuren freizulegen. Der wohltoenende, teils sueffig daherkommende Sound, der immer wieder von kurzen Sprechpassagen unterbrochen wird, mag dem unkundigen Hoerer willkommen sein, auf andere wirkt er nach kurzer Zeit eher langweilig.


Copyright: Greek national Opera

Die Inszenierung von Raia Tsakiridi folgt in gewisser Weise dem Verfahren des Komponisten und praesentiert gleichsam in Grossaufnahmen und mit plakativen Gesten das in unsere Gegenwart transferierte Geschehen. Die Regisseurin zeigt bis zum Auftreten von Eilert eine sich eher maskulin gebaerdende Hedda im Reitkostuem, die gerne mit Zaumzeug und der vom Vater geerbten Pistole herumspielt. Das einfache, aber wirkungsvolle Buehnenbild von Pavlos Thanopoulos unterscheidet sinnfaellig zwischen der privaten „Zelle“ der Titelheldin und dem Tesmanschen Wohnhaus. Die Bewegungsfuehrung der Protagonisten ist nicht frei von Uebertreibungen und laesst desoefteren die Intimitaet zwischen den Figuren vermissen. Das Ganze weisst zwar einen Fluss auf, bleibt aber geheimnislos. Musik und Szene setzen auf grosse emotionale Gebaerden, statt auf Zwischentoene und Stimmungsraeume.

Das siebenkoepfige Musikensemble unter der Leitung von Andreas Tselikas leistet gute Arbeit und sorgt fuer ein ueberraschend sattes Klangbild. Die fuenf Saengerinnen und Saenger bieten ansprechende Leistungen, wenngleich sie gelegentlich die Laustaerke etwas drosseln koennten. Julia Rutigliano als Hedda Gabler setzt ihren gut fokussierten, schlanken Mezzosopran gekonnt ein, Harris Andrianos als Eilert ueberzeugt stimmlich mit seinem satten, flexiblen Bariton. Zu diesen gesellen sich die Sopranistin Gina Fotinopoulou als Thea (mit manchmal etwas harter Tongebung), der Bariton Michalis Psyrras als Tesman und der Bassist George Roupas als Brack. Angesichts der erfreulichen Qualitaet der musikalischen Darbietung haette man sich mehr Impulse von der Musik gewuenscht.

Das Publikum spendet am Schluss kraeftigen Applaus, angereichert mit ein paar Bravorufen fuer die Beteiligten.

Ingo Starz

 

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