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Arena di Verona 90. Festival 2012 „AIDA“

30.07.2012 | KRITIKEN, Oper

Domingos Arbeitsplatz

Der Arbeitsplatz von Placido Domingo stand diesmal in der Arena von Verona, bei 35 Grad Celsius und riesiger Luftfeuchte, zwischen rund 90 Musikern und unter den ausverkauften Sitzen und Steinstufen, einschließlich den geöffneten Zonen seitlich der Bühne, also unter etwa 15.000 Besuchern. Man kann ihn nur aufrichtig bewundern, diesen quasi „Hans Dampf in allen Gassen“ der Opernszene, der seit mehr als fünf Jahrzehnten jene unvergleichliche Karriere vorgelebt hat und der sich trotzdem nicht zu schade ist, auch unter diesen stressenden Bedingungen Oper zu vermitteln. Und man kann sagen, dass ihm das überzeugend gelingt, denn kaum steht er vor dem Pult, vor den Musikern, dann verwandelt er sich in ein Arbeitstier, da gibt es keine riesigen Gesten sondern nur Arbeit aus der Partitur heraus und mit dem Orchester und den Sängern, denen er ein umsichtiger Begleiter ist, er erachtet also eine Show Richtung Publikum als nicht notwendig. Natürlich ist der musikalische Apparat schon seit Ende Juni für dieses Stück im Einsatz, von Daniel Oren bestens „einstudiert“, da fällt schon jede unangenehme Überraschung weg. Allerdings merkt man in den Massenszenen, dass es da mangels Proben für Domingo zu Unstimmigkeiten über so manche Einsätze mit den Herren Priestern kommt, dass es dem Triumphakt an wissendem und forderndem Einsatz des Maestros und daher an explosiver Präzision und applaustreibender Kraft fehlte.

                                    Der Feldherr in seiner Grabkammer : Jorge De Léon   (Foto Ennevi)

Eine durchaus arenagerechte Besetzung sorgte für gute Stimmung, an der Spitze, wie es ja sein soll, der neue bühnenwirksame Tenor aus Teneriffa, Jorge De Léon, allen dramatischen und lyrischen Anforderungen des Radamés gerecht werdend, mit wunderbarem Legato, bester Diktion und angenehm heldischem Timbre. Seine versklavte Liebe, die Ukrainerin Oksana Dyka, großgewachsen mit großem jugendlich-dramatischen, anfangs leicht zu Schärfe neigendem Sopran wäre eine achtbare Aida, ähnelte ihre Diktion mehr dem Italienischen als der eines äthiopischen Dialekts. Dafür führt Tichina Vaughn einen enormen Alt mit entsprechendem Tremoloeinsatz in der Einsingphase vor. Als gestandenes Arenamöbel stehen ihr bereits acht Sänftenträger zu. Und Ambrogio Maestri ist ja stimmlich der Amonasro unserer Tage schlechthin, sein „Dei Faraoni tu sei la schiava“ ist beachtlich, figürlich ist der riesige Bariton natürlich etwas eingeschränkt im Spiel.

Carlo Cigni als König und Giorgio Giuseppini als Oberpriester treten stückgerecht auf, groß bleibt keiner in Erinnerung, Enzo Peroni ist ein verlässlicher Bote und Antonella Trevisan eine stimmschöne Priesterin.

                       Myrna Kamara, die Prima Ballerina der Balletteinlage im Triumphakt  (Foto Ennevi)

Diese Dame aus Baltimoore, Myrna Kamara, glänzt seit Jahren im Ballett der Arena als Prima Ballerina, ihr zuzusehen ist allein schon ein Erlebnis, auch für den Ballettlaien, das Photo hat sie sich längst verdient.

Dass nächstes Jahr eine neue „Aida“ geplant ist, heißt noch lange nicht Abschied zu nehmen von dieser „Original“-Version 1913 von Gianfranco de Bosio. Diese Version hat schon viele Inszenierungs-Pleiten überlebt.

Viel bejubelt wurde Placido Domingo, auch für die Protagonisten gab es viel Applaus aus der ausverkauften Arena.

28.Juli 2012 – Peter Skorepa

P.S.: Nächstes Jahr, im „Jubeljahr“ 2013 werden Aida, Nabucco, La Traviata, Il Trovatore, Rigoletto und Roméo et Juliette zur Aufführung gelangen. Geplant ist je eine Gala für Verdi und Wagner sowie Verdis Messa da Requiem.

 

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