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APROPOS: Wenn Hochmut zu Falle kommt

Wenn Hochmut zu Falle kommt

13.09.2024 | Apropos, Feuilleton

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Wenn Hochmut zu Falle kommt

Nur, weil ich Herbert Föttinger persönlich nicht leiden kann, muss ich mich jetzt nicht wie ein Geier auf ihn stürzen, wenn ohnedies genug andere es tun. Aber der Fall macht nachdenklich,  Ich hätte nämlich nie erwartet, dass es auch ihn erwischen würde, dass seine Überheblichkeit. seine Selbstgefälligkeit und seine Rücksichtslosigkeit je zur Diskussion stehen würden.

Denn er, der bei der letzten Pressekonferenz stolz verkündete, er habe die Josefstadt „rot“ gemacht (worauf schon einige Abonnenten aufgejault haben dürften), stand ja wohl unter dem starken Schutz der SPÖ, die dafür sorgte, dass des Theaters Millionenschulden bezahlt wurden (und die ebenso dafür sorgte, auch wenn es gar keine Einflussnahme gibt, natürlich nicht!, dass ein ebenfalls treuer Genosse wie Florian Teichtmeister mehr als glimpflich davon kam).

Aber es ist nun so – wenn Vorwürfe unkorrekten Verhaltens und nebenbei (wenn auch nicht von ihm selbst, aber in dem von ihm verantworteten Haus) jene von sexueller Belästigung zusammen kommen, kann man sich heutzutage nur ducken. Da ist der Zeitgeist noch stärker als eine schützende politische Hand. Ob bei diesen Vorwürfen eine „Entschuldigung“ dann reicht, ob labrige Sprüche, man brenne fürs Theater (also dürfe man sich auch schlecht benehmen), genug sind, wird sich zeigen.

Jedenfalls haben sich schon zwei Stützen abgewendet – sowohl Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer wie auch SPÖ-Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler haben bereits wissen lassen, dass missbräuchliches (also respektloses) Verhalten nicht zu dulden sei und die Sache genau untersucht werden muss – schließlich zahlt die öffentliche Hand ganz üppig für den Laden, den Föttinger führt. Abgesehen davon müssen die beiden Damen dafür sorgen, ihrerseits keine Fehler zu machen, denn wie man weiß, kann heutzutage schon eine falsche Bemerkung den Kopf kosten…

Thomas Drozda hat es da schon leichter, sich als Stiftungsvorstandsvorsitzender der Theater in der Josefstadt-Privatstiftung mehr oder minder hinter Föttinger zu stellen, denn er (Drozda) hat keinen politischen Job mehr zu verlieren…

Ich will sicher nicht Öl ins Feuer gießen, und es werden möglicherweise noch schlimmere Beispiele unkorrekten Verhaltens aufkommen, aber ich kann gerne erzählen, seit wann Föttinger für mich erledigt war (nicht, als er mir die Pressekarten strich, weil ich ihn des Opportunismus zieh).

Eine völlig verstörte Elfriede Ott, jahrzehntelanges Josefstadt-Mitglied, Star zahlloser Kammerspiele-Aufführungen und bis ins hohe Alter Publikumsmagnet, eine Frau, der man als Direktor hätte den roten Teppich ausrollen müssen, erzählte mir, dass sie einen Termin bei Föttinger hätte. Sie war noch nicht bei der Tür herinnen, da sagte er: „Ich sag Dir gleich, bei mir inszenierst Du nicht.“

Das ist eine Entscheidung, die jeder Direktor treffen kann. Aber der Ton macht die Musik. Eine alte Dame so brutal und mutwillig zu verletzen, wie es hier geschehen ist… na ja, hier hat man es erlebt.

Nun, vermutlich wird wieder einmal gar nichts passieren, wird man Gras über die Sache wachsen lassen und Föttinger darf ungestört noch bis Ende der nächsten Saison weiter machen. Aber trotzdem sind die Vorwürfe laut geworden und stellen Fehlverhalten ins Rampenlicht.

Wer hätte gedacht, dass Hochmut doch einmal zu Falle kommt.

Renate Wagner

 

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