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APROPOS: Seht her! Ich! Ich! Ich!

15.07.2021 | Apropos, Feuilleton

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Seht her! Ich! Ich! Ich!

Die Dame ist entrüstet. In den Sozialen Medien gibt es nicht nur überschwängliches Lob, sondern auch Beschimpfungen, weil sie die Buhlschaft als Transgender-Geschöpf mit Stoppelhaar-Frisur (falls man das Frisur nennen kann) darstellt.

Sollen wir ihr das glauben? Oder steckt hinter all dem nicht ganz gezieltes Kalkül? Ehrlich, wer hat denn Verena Altenberger in der Unmasse junger Schauspielerinnen, die sich heute in Fernseh-Krimis vor die Kameras drängen, schon wahrgenommen, bevor sie – aus welchen Gründen auch immer – als Buhlschaft im diesjährigen Salzburger „Jedermann“ besetzt wurde? Kaum jemand.

Ihr Partner hingegen, der ist wirklich berühmt. Lars Eidinger – Theaterfreunde nicken genüsslich bei seinem Namen, selbst wenn sie seine Bühnenleistungen nur per TV und Stream gesehen haben. Ein toller, schräger, herausfordernder Kerl. Dabei sind Theaterfreunde ja eine zu vernachlässigende Minderheit, es geht um Film und Fernsehen, und auch da ist er enorm präsent. Und gar in den Medien! Immer und überall. Einer, der – wie sich zeigt – auch zu jeder Menge Publicity bereit ist, wenn er die „Traumrolle“ des Jedermann spielt.

Wo bliebe da die Buhlschaft? Irgendwo im Hintergrund oder im Schatten? Da muss man schon den Stoppelkopf hinhalten, um Beachtung zu finden. Natürlich, das ist zutiefst künstlerisch, sie hat sich die Haare für eine Rolle scheren lassen, Method Acting, klar. Nur – es gibt Perücken, sehr gute sogar, die aus der Buhlschaft eine Frau gemacht hätte. Bloß, wer hätte da nur einen Blick riskiert?

Da muss man schon auf der Gender-Welle schwimmen. Dann hat man seine gute Presse und so und so viele böse Attacken im Internet von den „hässlichen“ Leuten. Funktioniert doch? Keine Chance mehr, die Dame neben ihrem gewichtigen Partner zu übersehen. Sie macht das schon richtig.

Seht her: Das bin ich, ich, ich!

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Der Star heißt Daniel, privat und auf der Leinwand, Daniel Brühl ist mit 43 Jahren so weit, dass er unter Deutschlands Filmstars ziemlich vorne steht, wenn auch nicht in der allerersten Reihe. Er hat schon international geschnuppert und ist bis zu einer Golden-Globe-Nebenrollen-Nominierung aufgestiegen. Freilich, die ganz tollen Rollen schnappt man ihm ja doch weg (Tom Schilling jetzt als „Fabian“ zum Beispiel).

Nun, jeder weiß es: Wenn Du etwas wirklich willst, darfst Du nicht warten, bis es zu Dir kommt, sondern Du musst Dich selbst darum kümmern. Wenn Daniel Brühl einen Film über den Star Daniel drehen will – dann mach doch. Als Hauptdarsteller und Regisseur. Wenn ein anderer Daniel, der Kehlmann, dazu das Drehbuch schreibt, ist eine gewisse Qualität garantiert, keine Frage.

Der Star will sich also als Star präsentieren – und wie schwer und fragwürdig dieses Leben doch ist. Ja, er tut es. Aber er zeigt nicht nur den Daniel des Films. Der echte Daniel Brühl will ja auch zur Geltung kommen. Darum muss Film-Daniel ein spanisches Kindermädchen haben, damit man sieht, wie phantastisch Daniel (der Brühl) Spanisch spricht. Sein sprudelndes American English gibt er in vielen Telefonaten preis. Dass er auch schon in amerikanischen Marvel-Serien gespielt hat (auch wenn er sie vielleicht privat tatsächlich blöd findet), auch darauf muss hingewiesen werden, das wissen möglicherweise noch nicht alle. Aber er stand halt nie so gänzlich in der ersten Reihe…

In dem Film „Nebenan“ tut er es, und er tut es auf eigene Rechnung. Bitte, mich nicht mißzuverstehen: Es ist ein Film, den man sich durchaus mit Gewinn ansehen kann. Aber er reflektiert nicht nur über einen eitlen Schauspieler. Er ist auch das Produkt eines eitlen Schauspielers.

Seht her: Das bin ich, ich, ich!

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Die Dame ist zornig, und ich wäre es auch, wenn die Feinde nicht nur unter den Journalisten lauern, die mich tot schreiben wollen (Wieso? Ich gehöre doch zu den Guten!), sondern unter den „eigenen Leuten“! Da hat jemand dafür gesorgt – es gilt die Unschuldsvermutung – dass Pamela Rendi-Wagner mit dem schlechtesten Ergebnis beim Parteitag ausstieg, an das man sich erinnern kann. Und dann kommen auch schon die Querschläger, die bösartigen Leaks (Parteisteuer schuldig geblieben, pfui!) und die Gerüchte, die herumgeflüstert werden. Die schöne Lady mit dem kaum verborgenen großbürgerlichen Hintergrund kann doch keine „Arbeiter“-Partei führen!?!

Das ist aber nicht das Thema. Sondern, dass die Dame Unerwartetes tut. Sie wehrt sich. Sie schießt sogar auf ihren Hauptfeind direkt zurück, mit griffigen verbalen Beschuldigungen, nicht hinterrücks. Sie möchte zeigen, dass man das mit ihr  nicht machen kann – nur weil sie eine Frau ist? Eine Frau? Ein prädestiniertes Opfer? O nein! An Frau Thatcher, an Frau Merkel haben sich ähnlich hochmütige Männerwelten die Zähne ausgebissen. Die Damen waren eisern, die haben sich durchgesetzt. Die „Pam“ kann das auch, will sie zeigen. Mit ihr ist nicht zu spaßen!

Warum tut sie das, warum tut sie sich das an? Glaubt sie wirklich, dass sie die allein seligmachende Lösung für die Sozialdemokratie ist? Oder ist sie nur wütend – als Frau und als Politikerin? Oder ist sie am Ende gar – eitel? Hinter dem zögernden, immer so sympathischen Lächeln? Wo sie doch, sie hat es einmal gesagt, Österreichs erste Kanzlerin werden will? Ganz schön ehrgeizig. Da braucht es Ellenbogen noch und noch. Keine weibliche Diplomatie, sondern männliche Härte. Die Geschlechter sind nun einmal verschieden…

Und wer, bitte, sagt, dass Politik keine Ego-Show ist? Alle ihre Vorgänger haben sich selbst (wenn auch mit durchwegs üblem Endergebnis) eitel in den Vordergrund gerückt. Warum soll eine Frau das nicht auch können? Und – auch schlechte Schlagzeilen sind Schlagzeilen. So sehr im Mittelpunkt stand „die Pam“ kaum je. Also?

Seht her: Das bin ich, ich, ich!

Renate Wagner

 

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