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Man glaubt es kaum, aber das Büro des Bundeskanzlers hat sich auf mein Mail hin gerührt. Eine junge Stimme am Telefon, eine junge Frau, sehr verständnisvoll. Sicher, die Phrasen „Wir nehmen Ihre Einwände sehr ernst“, hat man schon zu oft gehört. Aber ich bin bereit, das zu glauben. Denn schließlich „Wir sind das Volk“, und eigentlich sind wir die Regierung – die Herrschaften da oben sind nur auf Zeit gewählt. Also ist es nur recht und billig, dass sie uns anhören. Zumal, wenn wir uns höflich ausdrücken und nicht vulgär herumbrüllen…
Freundlich gemeint war der Hinweis, es gäbe nun auch eine Teststation bei Schloß Schönbrunn, das sei doch in meiner Nähe. Na, auch kein Spaziergang, es erfordert sinnlose Benützung der Öffis, und unter eineinhalb Stunden komme ich auch nicht weg. Sorry, auch das ist mir zu viel, diesen Aufwand investiere ich nicht.
Weniger erfreut hat mich die Bemerkung, man werde meine Einwände auch an den „Kulturminister“ weiterleiten. Nein, danke nein, dort sind sie nicht gut aufgehoben. Es ehrt ihn, dass er an den Sport denkt, hoffentlich nicht nur an Skiliftbetreiber (wobei der Wiener Bürgermeister natürlich völlig recht hat, wenn er sagt, es gehe uns in Wien nicht schlechter, wenn man rundum Skilaufen dürfe). Aber dass ihm an die Kultur überhaupt nicht in den Sinn kommt, ist klar – nicht ein Sterbenswörtchen darüber, als die Lockerungen verfügt wurden. Ich glaube, so „nackerpatzel-haft“ ist das Kulturland Österreich von Regierungsseite überhaupt noch nie da gestanden. Ihr da oben – niemand hat uns „Kulturverliebte“ lieb!
Nun lese ich in der APA, und es sollte mich beruhigen, „Musikfans in hohem Maße zur Coronaprävention bereit“, wobei mich allerdings das dazugehörige Foto ratlos macht – denn das zeigt eindeutig eine Massenveranstaltung à la Donauinsel-Fest. Das ist nicht die Welt, die ich meine – so sehr ich jedermann „seine“ Form von Kultur, Musik Event, Entertainment gönne und aus vollem Herzen zuspreche. Aber es geht wohl ums Prinzip.
Immerhin: „Die österreichische Bevölkerung sehnt sich offensichtlich nach Ablenkung“, heißt es, eine Umfrage habe ergeben, man habe „eine hohe Akzeptanz von Coronaschutzmaßnahmen bei Kulturveranstaltungen“ festgestellt.
Ja, aber welche?
„Demnach würden mehr als zwei Drittel einen Schnelltest vor Ort in Kauf nehmen, um wieder Konzerte, Musicals und Co besuchen zu können.“
Na, hoppla, da bin ich natürlich auch dabei!!!!!!!
Wenn mir die jeweilige Institution (von der Oper bis zum Burgtheater und alle anderen auch) einen kostenlosen Schnelltest vor Ort zur Verfügung stellt und dann das Geld für die Karte zurück zahlt, wenn sie sich einbilden, ich sei positiv (ich bekomme nämlich durchaus nicht überall Pressekarten), dann sehe ich das als praktikable Lösung an (wenn’s schon unbedingt sein muss).
Wie das aber gehen soll, wie man das praktisch handhaben will, wenn ja doch ein paar Hundert Menschen pro Abend in eine Vorstellung gehen – das entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Wie sollen die armen Theater diese Teams organisieren, wie sollen diese gültige, relevante Ergebnisse ausstellen, die man dann auch vorzeigen kann (da kann es doch, ohne Fotoausweis, einen schwungvollen Handel mit Ergebnissen geben!) – kurz, ich kann es mir praktisch nicht vorstellen. Obwohl ich gegebenenfalls – wie die meisten Befragten – längere Wartezeiten in Kauf nehmen würde. Die Stunde früher, die es vielleicht verlangte, würde ich aufbringen, wenn ich ins Theater will und dann ohnedies schon an Ort und Stelle bin.
Die anderen Vorgaben, die bei der Befragung erhoben wurden, sind wirklich kein Problem: fix zugewiesene Sitzplätze bei Indoor-Veranstaltungen, Einhaltung von Mindestabständen, na klar. Da sagen die meisten Befragten ja. Über die Impfpflicht wollen wir hier nicht diskutieren, so weit sind wir noch lange nicht – im Moment kommen auch die, die bereitwillig dafür zum Arzt gehen würden (mache ich jederzeit), nicht dran…
Also, was wären meine „Bedingungen“? Wenn man meint, mich an Ort und Stelle testen zu müssen, von mir aus, allerdings würde ich keine zusätzlichen Kosten akzeptieren. Aber wenn das nicht so einfach geht (später auch bei den Restaurants), werde ich mir Theater und Essengehen so lange versagen, bis die Situation wieder normal ist. Ich sitze das aus und stehe das durch. Wenn man mich will, muss man es mir bequem und problemlos machen. Und ich bin sicher, ich stehe mit diesen Forderungen nicht allein da. Meine Opferbereitschaft ist nicht besonders groß.
Das Leben ist für uns alle derzeit schwer genug. Ich lasse es mir nicht sinnlos schwerer machen, nur weil Leute die Dinge, die sie postulieren, nicht ordentlich durchdenken. Mit einem in stundenlanger Mühe erworbenen Testergebnis werde ich nirgends vor der Türe stehen.
Renate Wagner
P.S. Da die Verordnungen so konfus kommuniziert werden, dass man nicht weiß, was wo gilt, versichert mir nun die liebenswürdige Pressedame der Albertina, dass für Museumsbesuche kein Test nötig ist. Also werde ich nächste Woche mit Freuden hineilen, mir die nächste Ausstellung ansehen und darüber berichten.
Wenn ich die Museen wäre, würde ich das als Werbespruch verwenden:
„Kein Test, nur Maske und Abstand – Willkommen im Museum!“
P.P.S. Ich habe gelesen, dass es in der Steiermark (und wohl nicht nur dort) zu Situationen kommt, wo Menschen 70 Kilometer (und zurück) zur nächsten Teststraße fahren müssten, um zum Friseur gehen zu dürfen. Dass die Friseurinnung der Steiermark meint, „die Stimmung (ist) komplett in den Keller gegangen und ich muss ganz ehrlich sagen, es ist auch kaum machbar“, ist voll Anteilnahme nachzuvollziehen. Und was lese ich anderswo: Berufsgruppen, die andauernd mit Menschen zu tun haben, „müssen alle sieben Tage einen negativen Test vorweisen. Können sie das nicht, müssen sie eine FFP2-Maske tragen.“
So einfach ist das – kein Test, dafür Maske?
Okey, wie wäre es, diesen albernen Testzwang für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen und Theaterbesuche endlich zum Teufel zu werfen? Maske genügt! Kann man von Politikern verlangen, endlich Vernunft und Verstand einzuschalten?