Piotr Beczala wird hohnlachen
Es klingt ein wenig affektiert, aber wenn man für den Online Merker Interviews machen darf, passiert es schon, dass man über einen Welttenor nach dem anderen stolpert. Und interessanterweise war Lohengrin oft das Thema.
Piotr Beczala sprach ich gleich nach seinem Dresdener Triumph – und musste natürlich auch nach Bayreuth fragen. Und da war der Künstler begreiflicherweise verstimmt, denn es hieß schon, dass man dort auf die Netrebko hoffte, während von ihm nicht die Rede war. Da bohrt man besser nicht nach, aber dass es ein Stachel im Fleisch ist, kann man sich vorstellen.
Roberto Alagna habe ich anlässlich seines Wiener „Troubadour“ gesprochen, und er hat mir ausführlich erzählt, wie Thielemann und Katharina Wagner ihn mit Anrufen bombardiert und bekniet hätten, den Lohengrin zu singen. Seither habe er den „Score“ (ich nehme an, einen Klavierauszug) immer bei sich, die Rolle sei nicht so schwierig, er habe längere und schwerere gesungen, es gehe eher um die deutsche Sprache. Aber Aleksandra könne ihm da helfen… Von der Netrebko als Elsa war nicht mehr die Rede, und Alagna erwähnte, dass er seiner Gattin Aleksandra Kurzak die Rolle ohne weiteres zutraute. Nun, Bayreuth tat das offenbar nicht, man verpflichtete die bewährte Anja Harteros. Ich würde wetten, aber wer hielte dagegen, mit Aleksandra an seiner Seite hieße der diesjährige Bayreuther Lohengrin doch Alagna…
Andreas Schager hat vom Lohengrin gesprochen, er plant ihn erstmals für Wien Ende Oktober. Da er in Bezug auf den Stolzing, den er auch einmal vor hat, bemerkte, solche Rollen schüttle man nicht aus dem Ärmel, hat er den Schwanenritter wohl noch nicht dermaßen „fertig“, dass er hier für die Bayreuther Premiere am 25. Juli in die Rolle „köpfeln“ würde.
Ja, Klaus Florian Vogt wäre da, aber der ist als Stolzing ausreichend beschäftigt. Will Bayreuth sich nicht blamieren und nicht mit einem „zweiten“ Namen kommen, bliebe Katharina Wagner wohl nur eines übrig: Vor Jonas Kaufmann und Nikolaus Bachler auf den Knien zu rutschen, den Tenor von den Münchner Opernfestspielen (er soll neben dem Parsifal noch den Siegmund singen) loszueisen und an den Grünen Hügel zu holen. Aber auch das ist schwer vorstellbar, zumal Kaufmann noch jede Menge Konzerte im Fahrplan hat.
Kurz, man möchte nicht in der Haut der Intendantin und des Dirigenten stecken. Dass sie Alagnas Angebot (wie Manuel Brug schreibt), den Lohengrin 2019 in Bayreuth zu singen, annehmen werden, kann ich mir übrigens nicht vorstellen. Ist eine Absage drei Wochen vor der Premiere schon ein Skandal – dann ins nächste Jahr zu vertrösten, das ist blanker Hohn.
Und Piotr Beczala? Der ist auch voll gebucht. Sicher, ein Bayreuth-Debut wäre g’schmackig gewesen. Aber als Notnagel? Ich kann mir vorstellen, dass er hohnlachen würde, wenn man wagte, an ihn mit dieser Frage heranzutreten.
Renate Wagner