Pass auf, ich beiße!
Als ob das Sommerloch nicht schon damit ausreichend gefüllt wäre, indem man sich ununterbrochen um die Beschuldigungen gegen Sebastian Kurz dreht, den man im Gegensatz zu dem „tätig reuigen“ Andre Heller (den zweifellos mächtige politische Kräfte frei gekämpft haben) unbedingt im Gefängnis sehen möchte…
Da kann man sich doch immer noch über eine rosa Plastik am Wiener Graben (in der Höhe des Gramola-Geschäfts, eine jedem Opernfreund bekannte Adresse) erregen. Wenn man es nicht besser wüsste, sähe es wie ein rosa Mascherl aus, aber halt, da sind ja die Zahnderln, die aus der Innenseite hervorblecken. Also, was ist das?
Es nennt sich „Chará“ und symbolisiert eine Vagina, stammt von der estnischen Künstlerin Kris Lemsalu und ist das, was die Gemeinde Wien unter „Kunst im öffentlichen Raum“ versteht (was das Kulturbudget sicherlich ziemlich belastet). Seit das gute Stück am Graben steht, überschlagen sich die Zuständigen mit positiven Zuschreibungen. Kultur-Stadträtin Veronica Kaup-Hasler, von der man in Wien noch nichts Gutes erfahren hat, meint etwa, man schreite hier in „eine neue weibliche Welt“.
Das würde allerdings die politische Korrektheit keinesfalls ausreichend bedienen, man muss kämpferisch sein (hat Frauen-Bundesministerin Susanne Raab nicht erst kürzlich pauschal erklärt: „Eine Frau ist niemals schuld“?). Also will die Künstlerin natürlich auch auf ein „ Dasein als Frau in einer männerdominierten Gesellschaft“ hinweisen, wie auch anders.
In diesem Sinne deute ich persönlich die Zähne in der Vagina als entschlossene Warnung: „Pass auf, du Schwanz, ich beiße!“ Dass dergleichen in Barbie-Pink verkleidet wird, ändert nichts an der Drohung. Ist ja auch risikolos, wir Frauen haben ja immer recht, sind niemals an irgendetwas schuld, offenbar auch für gar nichts verantwortlich, oder?
Nein, im Namen aller Frauen, die Männern, die es verdienen, wohlwollend gegenüber stehen und ihnen in jeder Hinsicht nur Gutes tun wollen (dort beißen geht gar nicht!), möchte ich den Herrn Bundespräsidenten zitieren: So sind wir nicht! Und schon gar nicht in Rosa!
Renate Wagner