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APROPOS: Man kann auch gescheiter werden

19.03.2019 | Apropos, Feuilleton

Man kann auch gescheiter werden

Ich habe es mit Vergnügen gelesen, dass die Modewelt etwas berichtigen will. So wie der verstorbene Karl Lagerfeld es einfach für ein „no go“ hielt, wenn man in Trainingshosen auf die Straße geht (recht hatte er), so will das Modezentrum Paris eine Wiederkehr der Eleganz ausrufen. Wunderbar. Ich finde es irrsinnig, albern und hässlich, wenn Herren zu Abendanzügen Turnschuhe tragen, egal, wie viel diese Dinger gekostet haben mögen. Ja, es sollte die Möglichkeit geben, Fehlentscheidungen zu korrigieren…

Manchmal wünsche ich das auch den armen Engländern. Da hat man sie in den „Brexit“ hineingehetzt, jetzt verzweifeln sie an der Situation (man muss nur – im Internet geht das ganz leicht – dazu ein bisschen die englische Presse lesen, da kommt es wirklich heraus). Hoffentlich sind sie nicht zu stolz („stubborn“ können sie wirklich sein), um noch einmal das Volk zu befragen. Wenn sie dann wieder dumm entscheiden – so sei es. Aber wenn ein Großteil der Bevölkerung die Möglichkeit wahrnähme, die Vernunft zu Wort kommen zu lassen… dann würden sich die in Brüssel hoffentlich auch nicht beleidigt und unversöhnlich anstellen. Wäre doch schön. Aber ich fürchte, die ganze Sache ist gelaufen – und geht für niemanden gut aus.

Mit dem geplanten Hochhaus am Heumarkt ist, so hoffe ich, noch nicht alles verloren. Ich habe ja damals die Grünen (die Grünen!!!), die sich nicht entblödet haben, dieses widerliche Kapitalisten-Projekt zu bejahen, das Wien den Kulturhauptstadt-Rang kosten kann, aus tiefem Herzen verflucht. Wasser und Brot und hartes Lager für alle! Aber die Wähler haben sie ohnedies abgestraft.

Nun will sogar die Regierung eingreifen, und das ehrt sie. Ich bin kein Jurist, aber ich fürchte, dass beide Seiten, Stadt und Land, jetzt wie knurrende Hunde in Sachen „Zuständigkeit“ über einander herfallen werden. Wie ist das rechtlich – kann das Land Österreich die Stadt Wien overrulen?

Mir fiele ja eine optimale Lösung ein, ganz im Sinne von Churchill, der seine politische Meinung im Lauf seines Lebens oftmals geändert hat: Man kann ja klüger werden. (Oder, wie Adenauer sagte: „Was gebe ich auf mein Geschwätz von gestern?“ Ein Satz, als ich ihn Robert Meyer hinschrieb, mir die lebenslange Feindschaft der Volksoper eintrug. Egal.)

Ich hätte also die wunderbare Idee, dass Bürgermeister Michael Ludwig, der an dieser Katastrophenentscheidung ja überhaupt nicht beteiligt war, die Größe hätte zu sagen: „Liebe Leute, das war wohl eine falsche Idee, lassen wir es sein.“ Und die Herrschaften, die hier auf Kosten der Stadt Millionen machen wollen, sollen sich anderswo umschauen. Die Welt ist groß. Es muss nicht unser Wien sein, das man verschandelt.

Renate Wagner

 

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