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APROPOS: Jetzt sind die Bücher an der Reihe

21.04.2019 | Apropos, Feuilleton

Jetzt sind die Bücher an der Reihe

„The Guardian“ wird als „Mitte links“ eingestuft, und ich lese ihn gerne – und kritisch, wie ich alles kritisch lese. Neulich, als ich (allerdings in der „Presse“) vernahm, in Spanien wolle man gewisse Kinderbücher aussortieren, weil sie sexistisch seien (darunter „Rotkäppchen“ und „Dornröschen“), stöhnte ich auf, wollte aber nicht schon wieder den Wahnsinn unserer Zeit anprangern.

Jetzt allerdings fordert der gute „Guardian“, man solle doch möglichst „Robinson Crusoe“ verbannen, denn das sei nur eine Kolonial- und Sklavenhalter-Geschichte. „Let go!“ wird gefordert.

Nun, ich habe das Buch eigentlich immer als beispielhafte Überlebensgeschichte gelesen, und Freitag kam mir weniger als Sklave denn als Gefährte von Robinson vor, aber ich bin wohl nicht sensibel genug in politischer Korrektheit. Immerhin, die Leser des Guardian stehen mir bei.

Man wird mir verzeihen, dass ich aus deren Forum nur ein paar Statements zitiere, die auch meiner Meinung entsprechen (sie sind übrigens erfreulich in der Überzahl). Und es ist gut zu wissen, dass auch anderen Menschen historisches Denken nicht fremd ist.

History happened. Can we please stop trying to shoehorn 21st century values into novels reflecting the values of their time?
*
I’m sorry, but analysing Robinson Crusoe, a novel written in 1719, in modern terms and then saying that it should be let go of because it’s colonialist/sexist/racist is ridiculous. It’s a novel of its time, so let’s just view it as that. What next, a critique of the Diary of Samuel Pepys, attacking him for his old-fashioned views on women? You read old books and view them in their correct context.
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It starts trying to police culture and tell us what we should or shouldn’t think.
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Will there be any literature left once we have purged all that might offend our politics?
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People should study the artefacts of the past carefully and respectfully and avoid making self-congratulatory moral judgements that transparently serve the writer’s political purposes.
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It’s a great story (and yes I have read it). Leave history it’s prejudices; they are facts, we overcame them and shouldn’t forget – or even worse, deliberately hide or modify them to suit a questionable modern sensitivity. In 300 years, we’ll be the bigoted monsters.

Renate Wagner

 

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