IMPF ODER NICHT IMPF?
Wenn man zweimal geimpft ist (und den dritten Termin schon freiwillig bei der Hausärztin avisiert hat, warum nicht?) und sowieso immer FFP2-Masken trägt, weil es eh wurscht ist, was man sich da ums Maul kleben muss (nicht wirklich freudig, aber Notwendigkeit einsehend), kann man die Problematik gelassen betrachten – das heißt aber nicht, dass man sich nicht den Kopf über die Situation von Mitmenschen zerbricht.
Impfpflicht: nein, das ist gegen jedes Demokratieverständnis. Nein, nein und nochmals nein. Das ist nicht dasselbe wie der begründete Befehl, nicht bei Rot über die Straße zu gehen. Wenn man die Ungeimpften aber jetzt aus den Theatern (und wohl auch Kinos – auch aus Ausstellungen, wo man neuerdings den Impfpass verlangt?) ausschließt, wäre das für einen Menschen wie mich eine echte Härte.
Was nun, spricht Zeus, die Sache ist verfahren. Da mag bei vielen Ungeimpften die Überzeugung (sofern sie nicht der Verhetzung durch Proll, Herzig und Co. in die Falle gegangen sind) gegen den dringenden Wunsch nach Kultur stehen. Schon eine Art von Zwang, sich impfen zu lassen.
Dabei, Leute, wird es einem derzeit so leicht gemacht! Wenn ich zurück denke an den Anfang der Impferei, als das Internet stolz verkündete, in Wien warteten 770.000 (in Worten: siebenhundertsiebzigtausend) auf einen Impftermin und ich dachte, na, nächstes Jahr (2022), wenn ich Glück habe, bin ich dran. Dann ging es, nach einigen energischen Telefonaten, doch schneller.
Und heute? Überall ohne Anmeldung. Ich glaube, wenn man anruft und den impfenden Medizinstudenten nach Hause bestellt, kommt der auch, so glücklich wäre man über jede einzelne Spritze, die man platzieren darf… (Ich schwöre, man spürt den Stich nicht.) Vielleicht kommt auch der Bürgermeister persönlich ins Haus, oder Frau Rendi-Wagner winkt mit einem Hunderter?
Ist das „Aussperren“ aus den Kulturinstitutionen nun Zwang? Natürlich. Aber was soll der arme Staat tun, wenn man für die Sicherheit verantwortlich ist und diese nur durch die Impfung gewährleistet ist?
Und wer sagt das? Bitte, kommt mir nicht mit Fachleuten. Die erklären dieses und jenes mit demselben Brustton der Überzeugung. Jeder wird sich die ihm passenden Argumente heraus suchen und ohnedies nur glauben, was er glauben will. Und noch eines: So dramatisch wie in Schönherrs „Glaube und Heimat“ ist es natürlich nicht, wo die armen Tiroler Bauern entweder ihrer protestantischen Überzeugung abschwören oder die geliebte Heimat verlassen mussten. Das hat Menschen zerrissen. Dennoch – ich würde den Konflikt, der in ungeimpften Kulturfreunden tobt, nicht unterschätzen.
Renate Wagner