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APROPOS: Hätte ich das Kino!

29.07.2020 | Apropos, Feuilleton

Hätte ich das Kino!

„Hätte ich das Kino“ lautete einst (1976, lange her, aber nicht vergessen) der Titel einer Film-Ausstellung des damals noch unbeeinträchtigt berühmten, mittlerweile in seinem Ruf etwas geschädigten Literaturarchivs von Marbach. Damals allerdings ging es um die Schriftsteller, die im noch jungen Medium des Films neue Ausdrucksmöglichkeiten und zusätzliche Einkommenshoffnungen fanden.

Wenn wir „Hätte ich das Kino!“ stöhnten, bezog es sich auf die letzten Wochen, wo es zwar das eine oder andere offene Kino und den einen oder anderen Film gab, aber nichts, was die ins Kino gehenden „Massen“ wirklich in Bewegung gesetzt hätte.

Die Filme waren teils nicht wirklich reizvoll, teils durchaus interessant, aber auch dann immer auf ein schmales Segment von Spezialinteressen zugeschnitten. Die Branche nennt solche Streifen, die bei Festivals gezeigt werden und auch Preise gewinnen, in die aber im normalen Betrieb nur ein paar Leute hineintröpfeln, „arthaus“. Das ist wichtig für den Gesamtüberblick des Schaffens, nicht aber für das, was man „Kino“ nennt… und das sollte ja einen gewissen lustvollen Beigeschmack haben.

Sollte. Nun ja, nun soll es ja endlich wieder losgehen. Die amerikanischen Verleihe, von denen das abhängt, was man „Blockbuster“ nennt, haben nicht an das Publikum, sondern allein an ihre Kassenrapporte gedacht. Und wenn sie Corona-bedingt ihre Säle nicht rappelvoll kriegen können, interessiert sie das Ganze gar nicht. Also verschob und verschob man – zurück.

Und nach wie vor hält Disney das schöne China-Spektakel „Mulan“ zurück. Der neue James Bond („Keine Zeit zu sterben“) ist von MGM gar erst für November vorgesehen. Und Warner hat „Tenet“ von Christopher Nolan jetzt auf Ende August gesetzt, „Wonder Woman“ auf Anfang Oktober (nach den letzten Infos und Listen).

Der Juli brach als Kinomonat total ein, und in Österreich zog die größte Kinokette, Cineplexx (kombiniert mit Constantin) nach und machte die meisten ihrer Spielstätten erst gar nicht auf. Ob es wirklich gescheit ist, nun – wenn am 5. August endlich österreichweit die Tore in allen 28 Riesenkino-Standorten aufgehen – gleich 10 Filme gleichzeitig zu starten, sei dahin gestellt. Allerdings ist das Angebot so bunt gemischt, dass man zumindest sagen kann, es sei „für jeden etwas“ dabei.

Also, in kurzer Übersicht:

Mit „Unhinged – Außer Kontrolle“  erwartet ein wirklich harten Thriller  ein hart gesottenes Publikum  wo Russell Crowe erschreckend gegen seine Umwelt wütet.

Berlin Alexanderplatz“, das ist Literatur ganz anders und nicht wirklich für breite Zuschauerkreise, denn man  zeigt Döblins berühmten Roman ins Heute versetzt als Flüchtlingsschicksal.

 „Marie Curie“  ist eine schöne, brave Nachhilfestunde mit dem gebotenen feministischen Touch und mit der in dieser Rolle bemerkenswerten Rosamund Pike.

Guns Akimbo“ – was passiert („Harry Potter“) Daniel Radcliffe, wenn er in das von ihm erfundene Video-Spiel gerät? Nicht neu, aber turbulent.

In „Meine Freundin Conni“ retten, wenn ich es recht verstehe, Kinder in animierter Form einen Waschbären.

Das Beste kommt noch“ für Freunde französischen Kinos, wenn zwei ältere Herren meinen, bald sterben zu müssen und sich vorher noch wie die kleinen Jungs aufführen, bevor am Ende geweint werden darf.

Into the Beat – Dein Herz tanzt“ führt in die Welt des Street Dancing und der jungen Leute, die es betreiben.

In „Paw Patrol – Mighty Pups“ hat man es wieder einmal mit Superkräften zu tun.

In „Body Cam“ bricht der Horror ins normale Leben von nicht ganz unschuldigen Polizisten ein.

Und in „The Secret – Das Geheimnis“ wird es ganz esoterisch und übernatürlich.

Die Woche darauf kommen dann:

The Vigil – Die Totenwache“, eine Mischung aus Horror und Übersinnlichem, wenn bei der Totenwache einer orthodoxen jüdischen Gemeinde die Dämonen los legen…

Noch ein Film für Kinder und Oldies (Uschi Glas ist auch dabei): „Max und die Wilde 7“.

In „I Still Believe“ geht es wieder um Sterben und Glauben.

*

Weil auch der Filmkritiker, der ein wahrer Liebhaber von Filmen und auch des Kinos als Erlebnis  ist, unbedingt will, dass diese Welt nicht mit der Pandemie eingeht, sei auch ein bisschen Werbung dafür gemacht, was sich Cineplexx ausdenkt, damit schon am 5. August seine Häuser gestürmt werden (Abstand halten!!!)

Am CINEPLEXX DAY am 5. August kosten Kinotickets, für jeden Film und in jedem Kino, nur 3 Euro – Popcorn (medium) und einen Softdrink von Coca-Cola (0,5l) gibt es von Cineplexx gratis on top.

Und dann – back to normal? Nicht ganz:
Im Foyer wird um die Einhaltung des Mindestabstands und das Beachten der Masken-Pflicht bis zum Sitzplatz gebeten. Je nach temporären, regionalen Bestimmungen der Regierung müssen weitere Maßnahmen beachtet werden,
alle Details dazu finden sich auf [cineplexx.at]

Trotzdem: ins Kino. Der Schaden ist schon groß genug.

Renate Wagner

 

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