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APROPOS, Geheimnistuereien

Geheimnistuereien

23.12.2024 | Apropos, Feuilleton

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Geheimnistuereien

Einer meiner Lieblingssprüche von Wilhelm Busch lautet: Ideen sind nicht stets parat, man schreibt auch, wenn man keine hat.

Der Journalist kann das paraphrasieren: Informationen sind nicht stets parat, man schreibt auch, wenn man keine hat.

Das nebulöse Schreiben und Diskutieren etwa über die Regierungsfindung, wo die beteiligten Herrschaften der drei Parteien, statt etwas Substanzielles auszusagen, immer nur die abgegriffensten Floskeln drehen und wenden, ist ein Beispiel dafür. Was soll man sagen, wenn man nichts weiß (und trotzdem reden oder schreiben muss?). Oder wenn diffuse Begriffe ohne Erklärung in die Welt geworfen werden. Leute, bitte, was versteht ihr unter „Leuchtturm-Projekt“?

Andere Institutionen hüllen sich in geheimnisvolle Schweigegebote (das ist natürlich immer schlecht, weil sofort der Verdacht hoch kommt, da sei etwas nicht koscher). Die Salzburger Festspiele sind in dieser Hinsicht gleich doppelter Meister (doppelt, wie das „sehr, sehr gute“ Programm, mit dem sich der Intendant selbst lobt?). Man hat an den Fällen Daviydova und Brüggemann zu kiefeln – und alle (notabene auch ich) schreiben darüber, obwohl der alte Spruch greift: „Was Genaues weiß man nicht.“

Aber genau das soll mein Thema sein.

Man weiß den wahren Grund nicht, warum Frau Daviydova gekündigt wurde. Nun nimmt sie – scheinbar, nur scheinbar! – Stellung, indem sie auf Facebook die Chronik ihrer Entlassung darstellt. Rüde, wie die Herrschaften mit ihr umgegangen sind – und vor allem (ist das gesetzeskonform?) wurde sie mit der Tatsache, dass sie hier nicht mehr arbeite, aus heiterem Himmel, ohne Vorwarnung und vor allem ohne Begründung konfrontiert.

Seither ist etwas Zeit vergangen, Anwälte sind auf beiden Seiten befasst, es ist zu einer Einigung gekommen, aber zu welcher? Offenbar hat man den finanziellen Handshake an Frau Davydova an die Bedingung geknüpft, dass sie in alle Ewigkeit nichts über die Hintergründe der Sache verlauten lassen darf.

Wo sind wir eigentlich? Da geht es um von Steuergeld finanzierte Institutionen und sie verweigern jegliche Transparenz, verstecken sich unter Vorwänden, die löchriger sind als Emmentaler Käse, und sagen nicht, was wirklich los ist.

Wer sich wessen schuldig gemacht hat – denn sonst ist ja eine Kündigung vermutlich von Gesetzes wegen nicht möglich (die berühmten „silbernen Löffel“, die man gestohlen haben müsste). Ein reiner Willkürakt der Direktion? Das darf sicher nicht sein. Also müsste Herr Hinterhäuser, müssten alle in Salzburg Verantwortlichen, geradezu Interesse daran haben zu sagen, was Sache ist. Mitnichten. Ärgerliche Geheimnistuerei.

Ähnlich liegt der Fall Brüggemann. Menschen, die schon etwas älter sind so wie ich und länger mit dem Schilling gelebt haben als mit dem Euro, wissen noch, dass 70.000 Euro einst eine Million Schilling waren. Ein Klagewert dieser Höhe ist also kein „Lercherlschaas“, wie man in Wien gelegentlich sagt. Und auch noch 30.000 Euro für einen weiteren Streitwert. So eine Summe kann ein Politiker mit seinem schönen Gehalt wegstecken, ein Normalmensch sicher nicht. Aber ist Herr Brüggemann, der in der Klassik-Welt so unendlich viel Wirbel macht (man erinnert sich, wie er gegen Netrebko und Currentzis gehetzt hat), ein normaler Mensch?

Er betrachtet sich offenbar als Journalist mit großem Einfluss, und dass er zumindest gelesen wird, ist klar – sonst hätte Intendant Markus Hinterhäuser nicht dermaßen „au“ geschrien. Bloß – weder er noch Brüggemann sagen, worin die Behauptungen bestehen, die beanstandet werden.

Was soll die Öffentlichkeit nun mit einem Streit anfangen, wo man nicht Partei beziehen kann, weil man nicht weiß, worum es geht? Keine Seite sagt es – waren es böswillige, untergriffige Verleumdungen oder waren es scharf formulierte Wahrheiten? Sicher stößt Hinterhäuser beides gleich sauer auf. Und ein Mann, der eine Institution hinter sich hat und sich über Anwaltskosten nicht den Kopf zerbrechen muss, kann gut und gern versuchen, einen Gegner schlicht und einfach finanziell zu ruinieren…

Aber warum schweigt Brüggemann, sobald es um Fakten geht, die nachgefragt werden? Hat er etwas zu verbergen? Hat er die rote Linie zwischen kritischem und fundiertem Journalismus oder Gegeifer aus persönlicher Ranküne überschritten? Wenn er ein gutes Gewissen hat, warum sagt er nicht, worin die beanstandeten Formulierungen bestehen? (Ich nehme nicht an, dass man, wenn man in seinem Blog recherchierte, die beanstandeten Stellen noch finden würde. Aber selbst, wenn dahingehend Hoffnung bestünde – dafür wäre mir meine Zeit zu schade.)

Sollen sie doch in ihren Geheimnistuereien köcheln. Als der totale Ehren- und Saubermann steigt Hinterhäuser in beiden Fällen nicht aus. Und am Ende möchte man Herrn Brüggemann  noch sagen, dass er sich nicht dermaßen erniedrigen soll, um Spenden zu betteln (man erinnert sich noch, wie peinlich das im Fall von Siggi Maurer war – ihrer Karriere, solange es für Grüne noch Karrieren gab, hat es allerdings nicht geschadet).

Brüggemann verlangt mit dem vagen Schrei nach Pressefreiheit Unterstützung, ohne zu sagen, was die strittigen Punkte sind und worum es eigentlich geht. Und das geht eigentlich nicht.

Renate Wagner

 

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