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APROPOS: Ein paar Fragen noch, bitte!

04.11.2022 | Apropos, Feuilleton

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Ein paar Fragen noch, bitte!

Es ist eine Eigenschaft der österreichischen Kulturjournalisten, lieber herumzueiern als auf den Punkt zu kommen (Wir erinnern uns an die Einstiegs-Pressekonferenz von Roscic, wo niemand zu fragen wagte, wie das mit seiner Bewerbung eigentlich genau gelaufen sei…).

Es gab einige Kommentare zu André Hellers Bubenstreich, einen Baasquiat-Bilderrahmen zu fälschen, aber nirgends wurde wirklich danach gefragt, ob dieses Verbrechen (wenn man Betrug als solches bezeichnet und nicht als charmantes Kavalierdelikt abtut) auch geahndet wird. Die Wiener Staatsanwaltschaft winkt ab: Dort ist „aktuell kein Ermittlungsverfahren“ zur Causa anhängig. Wird auch nicht, keine Angst.

Warum hat eigentlich niemand die völlig undurchsichtige Geschichte mit dem „zurückgekauften“ Bild exakt hinterfragt? Wann hat er es zurückgekauft? Von wem? Um welchen Preis? Ist der ursprüngliche, um 800.000 Euro betroffene Erstkäufer entschädigt worden? Und wie steht es um die weiteren Besitzer, die es offenbar gegeben hat und die dem Betrug aufgesessen sind? Schauen die nun durch die Finger?  Mit welcher Begründung hat Heller seinen Rahmen zurück geholt? Und welchen Preis dafür gezahlt? Dass bei dem Ganzen niemand zu Schaden gekommen ist, kann man wohl nicht guten Gewissens behaupten. Ein bisserl genauer würde man das alles schon gerne wissen. Aber bitte wirklich genau, mit Namen und Daten, kein Herumgeschwafel.

Jedenfalls hat man Heller schon in wohlwollenden Medien die wienerisch Rutsch’n zum „Strafaufhebungsgrund“ der „tätigen Reue“ gelegt. Wann hat er also den  Rahmen zurückgekauft? Aus „Reue“ (die er bisher nicht eben gezeigt hat), oder weil er ahnte, dass das auch schief laufen kann? Dann allerdings wird es nichts mit der „tätigen Reue“, denn die muss „eine vollständige Schadenswiedergutmachung, die freiwillig und rechtzeitig passieren muss – nämlich bevor eine Strafverfolgungsbehörde von dem Ereignis Kenntnis erlangt hat. Dann würde die eingetretene Strafbarkeit aufgehoben werden, es könne zu keiner Bestrafung mehr kommen.“ (Die juristisch sicher unanfechtbare Formulierung dankt man orf.at) Wenn einer also gewittert hat, es kann schief gehen – ist das wie bei der Selbstanzeige von Steuersündern? Alles vergeben? (Ich denke, die Steuer muss man auf jeden Fall nachzahlen, oder?)

Allerdings übt sich Heller in Hochmutspose. Da Angriff bekanntlich die beste Verteidigung ist, hat er ja schon gedroht, den „Falter“ zu verklagen. Möglicherweise  ist man dort durch Stephen Torton, offenbar ein echter Basquiat-Kenner, aufmerksam gemacht worden. 2017 sah er den Rahmen, als Heller das Werk bei der renommierten New Yorker Kunstmesse Tefaf  anbot und die irrationale Millionensumme verlangte.  Kamen damals schon Zweifel auf? „Torton kennt fast alles von Basquiat. Aber das hier? [den Rahmen, Anm.] Nie gesehen.“

Tatsächlich verkauft hat Heller das Werk dennoch nachher um besagte 800.000  Da ging es nicht mehr darum, einen hochmütigen Kunstkritiker zu beschämen, was er als Motiv für seine Fälschung angegeben hatte. Und er log dem guten Mann frech ins Gesicht  (und der war naiv genug, ihm zu glauben), er sei in New York dabei gewesen, als Basquiat den Rahmen schuf… Also Lüge, Täuschung, Betrug und Einkassieren einer gewaltigen Summe. Dahin geht die Unschuldsvermutung, dahin geht der Bubenstreich.

Was jetzt?

Für Heller vermutlich nichts, darauf kann man in Österreich (und seinen Seilschaften) schon vertrauen, wenn es auch kritische Stimmen gibt. Aber da verlegt man den Schauplatz doch grundsätzlich lieber von ihm weg und jammert über den Schaden, der dem Kunstmarkt entstanden sei. Nun, wenn man intelligent ist, muss es die Vertrauenskrise längst gegeben haben (zudem vermutet wird, dass auch in Museen massenhaft unerkannte – oder erkannte und aus Scham nicht deklarierte – Fälschungen hängen). Kunstexperte und Auktionator Otto Hans Ressler verkündete jedenfalls via APA: „Der Schaden für den Kunstmarkt ist angerichtet und irreversibel.“ Fälschungen seien „ein Riesenproblem für den Kunstmarkt, vergleichbar mit der Korruption in der Politik. Das untergräbt das Vertrauen und verleidet die Freude an der Kunst.“

Nun ja, die Herren bangen um ihr Geld, bangen um die Provisionen, die angesichts der bezahlten Preise riesig sein müssen. Schlichten Normalmenschen sind vielleicht längst ein par gesunde Zweifel hochkommen, ob man sich da nicht in eine künstliche Welt hinein gehypt hat., Oder ist es einsichtig,  Millionen, mit denen man Volkswirtschaften  sanieren und Hunderttausende Hungernde ernähern könnte, für ein Stück Leinwand aufzuwenden, das – wie die Klimaterroristen zeigen – ganz schnell zerstört sein kann. sie hätten nur statt Kartoffelpüree Salzsäure nehmen müssen… (Bitte, mich nicht mißzuverstehen, mich trifft jede Attacke auf ein echtes Kunstwerk ins Herz.)

Aber das alles lenkt ja nur vom Fall Heller ab. Ganz gemütlich dürfte es für ihn nicht sein, wenn sogar der „Standard“, der ja eigentlich sein Leibblatt sein sollte, vermerkt „Die Täuschung darf nicht bagatellisiert werden“ – was allerdings noch nicht bedeutet, nach dem Kadi zu rufen.

Keine Angst, es wird schon keinen Kläger, also auch keinen Richter geben. Ein bißerl Pallawatsch, das war’s , und dergleichen wird auf Wienerisch leicht  unter den Tishc gekehrt. Jedenfalls hat André Heller, als der „Poet der vielen Disziplinen“ gefeiert, seinen vielen Fähigkeiten eine neue, kriminelle hinzugefügt.

Renate Wagner

 

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