Die „Met im Kino“ oder
Man kann nichts erzwingen
Die „Met im Kino“-Abende sind für mich seit langem fixe Termine, irgendetwas (meist eine Besetzung) ist an den Angeboten immer interessant. Nun weiß man, dass der umstrittene Direktor Peter Gelb (jener, der der Netrebko New York für alle Zeit verleidet hat) neuerdings versucht, dem Spielplan des Hauses eine neue Wendung zu geben und zeitgemäß, fortschrittlich, politisch bewusst und weiß der Himmel was noch zu sein..
Kurz gesagt, wer früher das Abonnement genommen hatte (und das waren viele, es gab im Village Cinema Wien Mitte oft rappelvolle Säle und im Foyer Leute, die dringend eine Karte suchten), konnte sicher sein, „normale“ (ich riskiere das Wort einmal) Inszenierungen und sehr, sehr viel Sängerglanz zu erleben.
Damit ist seit einiger Zeit Schluß. Peter Gelb hat zumal zum Beginn der neuen Met-Saison ein paar „harte Brocken“ für das Kino eingeplant. Darunter die Oper „Dead Man Walking“ von Jake Heggie, eine Todeszellen-Nervenprobe, die man aus dem Film von 1995 kennt und 2007 im Theater an der Wien gesehen hat. Nun, ich hätte es mir (nicht zuletzt wegen Joyce DiDonato) natürlich angesehen, die Einladung der Met zur Kinoübertragung am 21. Oktober ist schon in meinen Mails – aber kein Kino in Wien, das den Abend zeigt.
Ich kann es den Programm-Machern von Cineplexx auch nicht verübeln, dass sie sich nicht von Peter Gelb mit einem Werk zwangsbeglücken lassen wollen, wo sie mit Sicherheit vor gähnend leerem Saal spielen würden. Ich erinnere mich, wie mein Mann und ich bei der modernen „Hamlet“-Version von Brett Dean mit ein paar Dutzend Leutchen im Kino saßen, von denen dann die Hälfte in der Pause das Weite suchte. Das kann sich ein Kino, das seine Säle derzeit wieder zu füllen vermag („Corona“, was war da nur?), nicht leisten.
Man streikt in Wien übrigens auch bei der nächsten Oper, denn dass „The Life and Times of Malcolm X“ außerhalb der USA (und wahrscheinlich auch dort nicht) auf übertriebenes Interesse stoßen würde, kann man sich offenbar nicht vorstellen. Und nicht ein einziger Sänger, dessen Namen man je gehört hat?
Peter Gelb hat offenbar die Fähigkeit, seine Produktionen zu „verkaufen“, eingebüßt, kann aber sicher sein, dass seine politische Korrektheit alles aufwiegt und ihn nicht vorzeitig den Job kostet (wobei er schon seit der Saison 2006/07 in Amt und Würden ist, das macht ihm nicht so leicht jemand nach). Aber Österreich wird nicht das einzige Land sein, das Übertragungen, die wenig Publikum versprechen, einfach nicht bringt.
In Wien steigen die Kinos in die „Met im Kino“ also erst mit der dritten Produktion ein, und auch sie nicht gänzlich unproblematisch, weil sich viele Opernfreunde unter „Lorencia en el Amazonas“ wahrscheinlich nicht viel vorstellen können. Aber vielleicht erinnern sich manche, dass der Komponist Daniel Catán einst „Il Postino“ geschrieben hat, mit dem Placido Domingo gereist ist (und auch in Wien Station gemacht hat) – zu sehr angenehmer Musik,
Dann geht es von der Werkauswahl her konventionell weiter wie immer, einige Inszenierungen (etwa „Nabucco“ oder „Madama Butterfly“) kennt man schon.
An den Besetzungen ermißt man, wie sehr die Opernwelt sich gewandelt hat. Die großen Besetzungsjahre der Met sind auch schon einige Zeit her, damals als Jonas Kaufmann und Placido Domingo und Vittorio Grigolo regelmäßig her kamen (mit teilweise mitreißenden Leistungen), die Netrebko natürlich und als Renée Fleming nicht nur ausnahmsweise sang. Welchen Glanz haben Diana Damrau, Elina Garanca, Sondra Radvanosvsky, Kristine Opolais und Sonya Yoncheva hier verbreitet? Heute wollen viele Sänger (Juan Diego Florez etwa und auch Kaufmann) die langen Zeiten in den USA nicht mehr auf sich nehmen (Beczala ist die Ausnahme), zumal es in Europa genug zu tun gibt.
Die „Met“ besetzt nun also so – und man wird sich mit den neuen Stars befreunden, mit Asmik Grigorian. Lise Davidsen, Nadine Sierra, Angel Blue. Die Zeit bleibt nicht stehen.
Sa, 9. Dezember 2023
Daniel Catán FLORENCIA EN EL AMAZONAS (NEUPRODUKTION)
Mit Ailyn Pérez, Gabriella Reyes, Nancy Fabiola Herrera, Mario Chang, Michael Chioldi, Mattia Olivieri, Greer Grimsley
Dirigent: Yannick Nézet-Séguin, Produktion: Mary Zimmerman
Gesungen in Spanisch (mit deutschen Untertiteln)
Sa, 6. Januar 2024
Giuseppe Verdi NABUCCO
Mit George Gagnidze, Liudmyla Monastyrska, Maria Barakova, SeokJong Baek, Dmitry Belosselskiy
Dirigent: Daniele Callegari, Produktion: Elijah Moshinsky
Sa, 27. Januar 2024
Georges Bizet CARMEN (NEUPRODUKTION)
Mit Aigul Akhmetshina, Angel Blue, Piotr Beczała, Kyle Ketelsen
Dirigent: Daniele Rustioni, Produktion: Carrie Cracknell
Sa, 9. März 2024
Giuseppe Verdi LA FORZA DEL DESTINO (NEUPRODUKTION)
Mit Lise Davidsen, Ekaterina Semenchuk, Brian Jagde, Igor Golovatenko, Patrick Carfizzi, Soloman Howard
Dirigent: Yannick Nézet-Séguin, Produktion: Mariusz Treliński
Sa, 23. März 2024
Charles Gounod ROMÉO ET JULIETTE
Mit Nadine Sierra, Benjamin Bernheim, Samantha Hankey, Frederick Ballentine, Will Liverman, Alfred Walker
Dirigent: Yannick Nézet-Séguin, Produktion: Bartlett Sher
Sa, 20. April 2024
Giacomo Puccini LA RONDINE
Mit Angel Blue, Jonathan Tetelman, Emily Pogorelc, Bekhzod Davronov
Dirigentin: Speranza Scappucci, Produktion: Nicolas Joël
Sa, 11. Mai 2024
Giacomo Puccini MADAMA BUTTERFLY
Mit Asmik Grigorian, Jonathan Tetelman, Elizabeth DeShong, Lucas Meachem
Dirigentin: Xian Zhang, Produktion: Anthony Minghella
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Renate Wagner