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APROPOS: Der Papst und Anton Cupak

29.08.2018 | Apropos, Feuilleton

APROPOS: Der Papst und Anton Cupak

Am Montag habe ich es gelesen, fast habe ich meinen Augen nicht getraut: „Papst Franziskus hat sich dafür ausgesprochen, Kinder mit homosexuellen Neigungen zum Psychiater zu schicken.“

Oijoijoijoi, habe ich gedacht, das geht schief. Wie kann ihm das nur passieren? Der Mann ist doch Jesuit, also blitzgescheit (denn mit Dummianen hat sich die Societas Jesu noch nie abgegeben), der muss doch wissen, was er sagt. Und wie man ihm das in unserer Welt zweifellos auslegen wird – Psychiater ist gleich seelenkrank ist gleich Psychiatrie ist gleich abnorm.

Weiß er denn nicht, dass der allgemeine Konsens heute darin besteht, Homosexualität leidenschaftslos als eine kritiklos anzunehmende Form menschlichen Sexualverhaltens zu betrachten, die „consenting adults“ frei steht? Was geht in einem Papst vor, der durch die Welt reist, um sich für die (teils verbrecherischen, kinderschänderischen) Fehltritte seiner Angestellten zu entschuldigen – und der einer Gemeinschaft angehört, die ihrerseits in ihren Dienern die Sexualität (uns angeboren und folglich wohl von Gott in uns gesenkt) brutal und unmenschlich unterdrückt? Oijoijoijoi!

Hätte mich sehr gewundert, wenn die Wachhunde des Vatikans geschlafen hätten: Das Dementi kam am Tag darauf. „Der Vatikan hat die umstrittene Empfehlung von Papst Franziskus, homosexuelle Kinder psychiatrisch behandeln zu lassen, ‚zurückgezogen’.“

Jetzt können wir nur warten, ob die Kirche damit durchkommt und die Sache ausgestanden ist. Die homosexuelle Gemeinde ist nämlich sehr empfindlich. Und da kommen wir dazu, was der Papst mit Toni Cupak gemeinsam hat. Nämlich den Ärger.

Ich kenne keinen liberaleren Kopf als Anton Cupak. Nie wird er in seinem Online Merker Zensur üben. Jeder Mitarbeiter darf seine Meinung schreiben, so er dazu steht. Wenn Robert Quitta in einer Kritik vermerkt, dass er das Ausstellen homosexueller Klischees in einer Opernaufführung für peinlich erachtet, darf er das tun. Die Proteste bekommt ja nicht er, sondern Anton Cupak, bei dem die Beschwerden gegen eine solch homophobe, unverantwortliche, rückständige und beleidigende Kritik (wie es hieß) einlaufen. Sein Argument, dass unter den Kritikern des Online Merkers geschätzte 40 Prozent Homosexuelle seien (was den gesellschaftlichen Durchschnitt von geschätzten 10 Prozent weit übersteigt), mag man zwar als löblich erachten, lässt man aber nicht gelten.

Nach Zensur wird gerufen. Nein, keine Angst, das ist bei Cupak nicht zu befürchten (nicht einmal, wenn Rassismus-Beauftragte in seinem Büro stehen und verlangen, er solle Renate Wagner hinauswerfen). Wie wäre es mit ein bisschen Gelassenheit, Leute? Mit ein bisschen Meinungsfreiheit, die in unserer angeblich so freien Gesellschaft immer mehr verschwindet?

Nein, kein Verständnis für die Bemerkung des Papstes, die schlechtweg eine Dummheit war. Aber ganz im allgemeinen? Denn wenn allzu viel Oijoijoijoi geschrien wird, hört keiner mehr hin.

Renate Wagner

 

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