Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

APROPOS: Der böse Stachel!!!!

25.06.2021 | Apropos, Feuilleton

00 apropos renate ipse 300

Der böse Stachel!!!!

Jetzt ist er wieder ganz schön vollmundig, der Herr Föttinger, und alle nicken dem tapfern Mann anerkennend zu. Aber ganz unwidersprochen sollen seine heldenhaften Ausbrüche bei seiner Pressekonferenz zur Josefstadt-Zukunft nicht bleiben. Da schwimmt einer wohlig im Zeitgeist und weiß, dass ihm absolut nichts passieren kann, wenn er die richtige Flagge aufzieht.

Ich war bei der Pressekonferenz nicht eingeladen, denn seit Jahren straft mich der Direktor, der mir – wie praktisch – Rassismus vorgeworfen hat, mit Verachtung, die er von mir allerdings vollinhaltlich zurück bekommt. „Rassismus“ – das funktioniert heutzutage schon unhinterfragt als leere Behauptung, da weiß man doch gleich, wo „gut“ (Herbert Föttinger natürlich) und wo „böse“ ist (alle anderen, die ihm die Bewunderung versagen).

Ich beziehe mich also auf den Bericht in der „Presse“, wo es auch heißt, es seien gar nicht so viele Journalisten da gewesen. „Auf Urlaub“, vermutete der Herr Direktor, denn dass er vielleicht gar nicht so interessant sein könnte, auf die Idee kann er in seinem übersteigerten Selbstbewusstsein ja nicht kommen.

Selbstlob en gros: „Wir machen nicht alles gut, aber wir machen verdammt viel gut“, zitiert ihn der „Presse“-Kollege. Na, wenn er es nur selbst meint.

Weiter in der „Presse“: „Gut heißt für ihn auch politisch, im Sinne eines Stachels „im Arsch der Mächtigen“. In einem Land, in dem „Behauptungspolitik an der Tagesordnung ist“, müsse Theater kritisches Bewusstsein stärken.“

orf.at zitiert zusätzlich: „Empört Euch!“ Theater müsse auch politischen Widerstand leisten und politisches Bewusstsein schärfen.

Und das tut Herbert Föttinger, selbst ein Meister der Behauptungspolitik der eigenen Großartigkeit (seine Josefstadt sei „das beste Theater der Stadt Wien“), indem er in so gut wie jedem Stück irgendeine billige, vordergründige Passage einfügt, in der frontal auf die Regierung geschimpft wird. Ich frage mich, ob Herr Föttinger wirklich so naiv ist zu glauben, dass sein Selbstzweck-Agitprop aus irgendeinem Josefstadt-Besucher einen kritischen, wütenden, links denkenden Bürger macht, wenn er es nicht vorher schon war? Und worüber soll sich sein Josefstadt-Publikum empören? Dass es die Stadt Wien nicht wirklich gut findet, wenn man ihr nächtlich  den Karlsplatz zumüllt? Ist das die Freiheit, die sie meinen?

Ich frage mich, was der arme Theaterdirektor, für den Türkis das rote Tuch ist, mit seinem Protest täte, wenn Gott bewahre bei Neuwahlen seine „Roten“ an die Macht kämen? Wie schmähstaad er dann auf einmal wäre! Das wünscht er sich wohl selber nicht. Ein ungefährlicher Gegner (denn egal, was er wettert, wir leben in einer funktionierenden Demokratie, die Meinungsfreiheit und deren Äußerung sichert), auf den man losgehen kann, ist doch das allerbequemste! Auch wenn dieser türkise Gegner einen Fehler hat: Er nimmt den Herrn Föttinger offenbar nicht einmal wahr…

Scheinbar hatte ein Journalisten-Kollege (die ja selten zu kritischen Bemerkungen den Mund aufmachen) doch die Courage, Föttinger zu fragen, wie das so war mit „seiner lautstarken Kritik an der Kulturpolitik am Anfang der Pandemie (und die relative Funkstille der Josefstadt zu späteren Öffnungszeiten)“?

Was gebe ich auf mein Geschwätz von gestern („Ich bin nicht der Blockwart der Regierung!“ schrie er damals wirkungsvoll auf). Dazu (Zitat „Die Presse“) „meinte Föttinger, er habe „nicht die Rolle von Spartacus übernommen“ und die Regierung nur an den Stellenwert der Kunst erinnern wollen. Inzwischen sei mehr Wertschätzung zu spüren.“

Dazu noch orf.at. Seine Revoluzzer-Attitüde zu Beginn der Pandemie sei einem falschen Eindruck geschuldet gewesen, versicherte Föttinger: „Ich bin nicht der Revoluzzer gewesen, ich wollte nur manches richtigstellen. Das hat bei mir manchmal revolutionäre Klänge. Hätte Gott das nicht so gewollt, hätte er mich anders gebaut.“

Jetzt wissen wir es: Ein falscher Eindruck war’s! (Dafür hast Du aber ganz klar herumgebrüllt!) Und, das ist interessant: Wo Föttinger ist, ist der liebe Gott im Spiel, Das behauptet vermutlich nicht einmal der Papst von sich. Und übrigens – was jetzt, Spartacus, auch wenn der am Kreuz stirbt, oder nicht Spartacus? Held oder Opportunist? Die Frage hat sich für alle, die sich nicht den billigen Föttinger-Sand in die Augen streuen lassen, längst erledigt.

Ja, also dann wünschen wir ihm, dass er sich als „Stachel im Arsch“ recht wohl fühlt. Und dass seine schönste Aussage nicht leeres Gerede bleibe: „2026 ist Schluss.“. Sein Wort in besagten Gottes Ohr.

Renate Wagner

 

 

Diese Seite drucken