Das war’s, Harry!
Man nennt es den „Zufall der Geburt“, und dagegen kann man erst einmal nichts machen. Später schon, aber grundsätzlich kann sich kein Kind aussuchen, welche Eltern es in welche Welt, in welches Umfeld setzen. Wenn sich ein Prinz nun über die Voraussetzungen seines Lebens beschwert, würde man wahrscheinlich eher einem Palästinenserjungen zuhören, der fragt, warum er in einem dreckigen Lager zur Welt kommen musste. Aber, zugegeben, vielleicht ist es auch im Palast nicht so lusitg.
Prinz Harry, dem Zweitgeborenen von Großbritanniens Thronfolger Charles und dem Weltstar Diana, hat es jedenfalls nicht gefallen, dauernd unter Beobachtung zu stehen. Nun passiert das jedem Kind – Eltern, Großeltern, Tanten, Geschwister, Cousins schauen in jeder Familie ziemlich genau, was die einzelnen Mitglieder machen. Das kann lästig sein, aber das versteht man eigentlich unter „Familie“, und diese gilt noch immer als großer Wert. Wenn man keine hat, so heißt es doch allgemein, drohe Einsamkeit und seelische Verwahrlosung und was immer.
Prinz Harry, der Arme, hat sich gewehrt, dass er in der „künstlischen“ Welt der Royals leben musste. Wenn er sich ansoff, nackt herumtanzte oder mit Hakenkreuzen wedelte (ist das „normal“ für jeden Jungen? Nur bei Nicht-Royals reagiert man kopfschüttelnd und vergisst es?), machte das Schlagzeilen.
Er verglich sein Leben mit der Truman Show (dem bekannten Film mit Jim Carrey) und einem Zoo. Truman Show, ja, wir erinnern uns gut an den markanten Film, das, was der Held für Leben hielt, war eine Fernsehkulisse für Zuseher, die nicht aufhören wollten zu gaffen. So wie wir die Tiere im Zoo angaffen: Guck, wie niedlich der Affe dort ist, pfui, pisst der vielleicht dort herum?
Ja, man versteht, dass Harry das auf die Nerven ging. Aber er wurde in eine „Firma“ hineingeboren, wie seine Großmutter, die Queen, die königliche Familie einsichtig nennt. Und dort hat jeder seine Funktion. Und wem das nicht passt, der muss raus. Bei den Habsburgern gab es das immer wieder, dass ein Erzherzog streikte und der Kaiser ihn cool aus der Familie ausschloß. Dann konnten sie sehen, wie „normales Leben“ ohne Privilegien und vor allem unverdient fließende finazielle Zuwendungen schmeckt.
Harry, der nach seiner durch und durch undisziplinierten, aber ungemein medien-affinen Mutter Diana geraten ist, wollte „immer schon“ raus. Aber erst eine gewisse Meghan, die ganz genau wusste, wie man’s macht, hat es ihm gezeigt. Erst fing sie mit einem so süß-intensiven Lächlen, dass man regelrecht davor zurück schreckt, diesen Harry ein. Und dann holte sie ihn aus der Familie raus. Sie dachte, man könne einerseits den royalen Glanz in die Business-Welt der Amerikaner tragen, andererseits sein eigenes Leben leben (ohne dass man dauernd Kindergärten besuchen muss, lästig) – und mit dem Image viel, sehr viel Geld verdienen (Millionen-Verträge nur für den Namen). Und vielleicht zahlt Papa Charles trotzdem aus Sentimentalität noch mit, damit man in den Luxusdomizilen nicht Not leidet.
Und weil die Beachtung für „Mexit“ vielleicht nicht ganz so riesig und nachhaltig war, wie Meghan es gehofft hätte, ging sie verstärkt in die Medien: Bei Ophra Winfrey die Royals des Rassismus zu beschuldigen, war eine todsichere Karte – allerdings vielleicht auch ein Pik-As. Denn so sehr sind Mitleid und Zuwendung vielleicht doch nicht geflossen, wie sie es (mit einer schlecht gespielten Träne – eine große Schauspielerin war sie wohl nie) berechnet hatte.
Immerhin, der gute Harry ist ein Naivling, man sieht es ihm an, wie hölzern er da steht, wie schlecht er spricht (das ist ein Versäumnis der Royals – sie hätten ihm Sprechunterricht erteilen sollen). Jetzt hat er sich, und da haben die Briten aufgejault, sogar eine Art leichten amerikanischen Akzent zugelegt! Und weil man dem verlorenen Sohn beim Begräbnis von Großvater Philip nicht mit offenen Armen engegen gekommen ist (hat er das wirklich erwartet? Tante Anne hat ihn nicht einmal angeschaut), legte Harry noch eines drauf.
Noch ein Ritt in die Öffentlichkeit in dem ‚Armchair Expert‘ Podcast des Schauspielers Dax Shepard. Und da ist es ihm gelungen, Großeltern und Vater gleich gemeinsam wegzufegen und in der Öffentlichkeit anzupatzen. Elizabeth und Philip hätten Charles lieblos erzogen, und dieser habe das an seine Kinder weiter gegeben. Und Diana ist ohnedies daran zugrunde gegangen… Selbst wenn’s wahr ist: Das macht man untereinander aus.
Das war’s, Harry, das muss Dir klar sein. Die Diana-Karte sticht nicht mehr. Egal, was in einer Ära der Sozialen Medien, wo jeder der ganzen Welt seine Befindlichkeit vorschlatzt, üblich ist: So geht es nicht. Die Familie hat so sehr versucht, Dir beizubringen, dass man Haltung bewahrt und schmutzige Wäsche nicht in der Öffentlichkeit wäscht. Aber Meghan, als deren Marionette Du jetzt durchs Leben stapfst, hat Dir anderes eingeredet und Du hast es, zweifellos ohne nachzudenken, blind ausgeführt. Da war die verfemte Herzogin von Windsor schon eleganter: „Never explain, never complain“ lautete ihre royale Attitüde.
Nun haben alle die Nase voll. Ob die Queen noch einmal die Formulierung finden wird, Harry und Meghan seien „geschätzte Mitglieder der Familie“? Wohl kaum. Könnte man ihr auch nicht verübeln. So benimmt man sich einfach nicht.
Renate Wagner