Für wen gilt Compliance?
Nicht für die Wiener Staatsoper?
Am Abend der Premiere von „Der Barbier von Sevilla“ gab es zwischen mir und einer Billeteurin der Staatsoper einen hässlichen Auftritt, bei welcher Gelegenheit ich sie „dumme Kuh“ genannt habe. In der Pause stürzte ein Oberbilleteur auf mich zu, in der festen Absicht, mich übel zu maßregeln und herunterzumachen. Eine Woche später erhielt ich ein Mail i.A. für die Abteilung Personal, Recht und Organisation“, in dem man mir mitteilte, dass man mir die Pressekarten, die ich für meine Berichterstattung im „Volksblatt“ erhalte, gestrichen habe.
Darauf konnte ich nur erwidern, dass ich es in hohem Maße für unkorrekt halte, eine solche Entscheidung aus der Luft zu treffen, ohne der Betroffenen auch nur die Möglichkeit zu geben, ihre Seite der Angelegenheit darzustellen – wir leben schließlich nicht in einem totalitären Staat. Audiatur et altera pars wussten schon die Römer (die heutigen Wiener und eine Gesellschaft, die automatisch vorverurteilt, offenbar nicht).
Dass ich nicht in die Oper gehe in der Absicht, eine Billeteurin „dumme Kuh“ zu nennen, sondern dass dem eine gewaltige Provokation vorangegangen sein muss, um mich so in Rage zu bringen, ist ja wohl auch klar.
Nach zwei Mails meldete sich Herr Dr. Florian Schulz / Prokurist / Leitung Personal, Recht und Organisation, stellte fest, dass ich ja wohl keine Reue zeigte und es bei der Entscheidung bleibe.
Gut denn, aber ich will zumindest wissen, wer die Personen sind, die mir so bedeutenden Schaden zugefügt haben – aber das beantwortet Herr Schulz nicht. Dass auf meinen Brief an Direktor Roscic niemand reagiert – soll es mich wundern? Und dass die Pressechefin Maria Wiesinger, die ich kenne, seitdem sie am Haus ist, nicht den Hörer gehoben hat, um mich zu fragen, was wirklich geschehen ist – ja, das wundert mich schon.
Aber!
Nun hat sich ja gerade in „politisch korrekten“ Zeiten wie diesen die zivilisierte Welt auf gewisse „Compliance“-Regeln geeinigt, und es ist wohl anzunehmen, dass auch eine so riesige „Firma“ wie die Wiener Staatsoper diesen folgt.
Mitnichten. Das würde nämlich bedeuten, Briefe und Mails, Anfragen und Beschwerden korrekt, zuverlässig, ohne Ausflüchte und mit Anstand zu beantworten. Nichts dergleichen. Sie antworten gar nicht, sagen einem also quasi, dass man sie… was immer.
Ich denke, ich habe ein Recht darauf zu wissen, wer die beiden Personen sind, mit denen ich zusammen gekracht bin. Man kennt meinen Namen, und die „Ankläger“ sollen (mit ihren teilweise verbürgten Falschaussagen) in der Anonymität bleiben? Wo sind wir denn?
Ich möchte wissen, wie diese junge, schmale Billeteurin mit dem glatten, über die Schulter hängenden strohblonden Haar heißt. Und der – na, sagen wir martialische Oberbilleteur, den ich im Ostblock verorten würde (aber ich kann mich natürlich irren). Ich möchte sie einfach für ihre Tat zur Rede stellen.
Denn, wie Herr Dr. Florian Schulz so richtig festgestellt hat: Ich empfinde keine Reue. Man hat mich provoziert und schwer schikaniert. Ich habe es mir nicht gefallen lassen. Ich hasse den „Übermut der Ämter“, um mit Hamlet zu klagen. Auch ein „Amt“ wie die Wiener Staatsoper, die aus der Luft Entscheidungen trifft, ohne den Fall wirklich zu recherchieren, und einen dann ganz einfach ignoriert.
Compliance, meine Herrschaften!
Was soll ich zum Abschied sagen, zu meinem „Wohnzimmer“ seit frühen Teenager-Zeiten? Es erinnert mich an einen Ausspruch österreichischer Adeliger nach dem Ersten Weltkrieg: „Geadelt von Karl dem Großen, entadelt von Karl Renner.“ Ich paraphrasiere das einmal: „Geadelt von Herbert von Karajan, entadelt von Bogdan Roscic und Florian Schulz.“
Renate Wagner
Danke an Anton Cupak, der mit all dem nichts zu tun hat, mir aber aus Loyalität für lange Zusammenarbeit die Gelegenheit gibt, meine Sicht der Dinge darzustellen.