Testen? Masken?
Habt uns gern!
Es geht also wieder los mit dem Theaterleben am 19. Mai. Wirklich? Die Meldung kam, dass die Festspiele in Reichenau, die schon sehr viele Karten für diesen Sommer verkauft (aber klugerweise noch nicht kassiert) haben, jetzt plötzlich zum zweiten Mal in Serie ihre Saison absagen. Ihr Argument klingt logisch: „Wir wollen Theater erster Klasse spielen, so wie wir immer spielen, nicht mit Tests und Masken“, sagen die Loidolts, das Intendantenpaar. Man kann sich gut vorstellen, dass das im Durchschnitt nicht ganz junge Publikum, das sie anziehen, wenig Lust hat, sich permanent um Tests zu kümmern und vor allem mit den Masken ganzen Vorstellungen durchzusitzen und unter Atemnot zu leiden. Das Gejammere und die Beschwerden will man sich gar nicht vorstellen.
Außerdem können die Loidolts rechnen: Der finanzielle Schaden würde, wenn sie nur die halbe Anzahl von Karten verkaufen dürfen, etwa 1,2 Millionen Euro betragen, geben sie bekannt. Dass die Schauspieler ihre (in Reichenau bekannt üppigen) Gagen reduzieren lassen würden, und dass das Publikum, das ohnedies schon saftige Preise bezahlt, bereit wäre, noch mehr auf den Tisch zu legen, um sich mit einer Maske hinzusetzen… nein, die Loidolts sind vermutlich die klügeren.
Interessant ist die Website der Josefstadt: Da will man sich nicht länger foppen lassen, nachdem man schon frühzeitig einen Spielplan erstellt hatte, der dann nichts wert war. Die Website ist leer. „Es wurden keine Vorstellungen gefunden“, heißt es für Mai… Das nennt sich „gesundes Misstrauen“
Nicht viel Glück hatte her Kay Voges mit der Übernahme des Volkstheaters, in seiner ersten Saison ist fast nichts passiert. Er lässt noch ein paar Mal durch die „Black Box“ führen, „PHANTOMTHEATER FÜR 1 PERSON“, wie es heißt. Für Joseph Beuys gibt es eine Online-Geburtstagsparty mit Jonathan Meese am 12. Mai. Die nächsten Vorstellungen sind für Oktober 2021 (!!!) geplant…
Das Theater an der Wien hat noch „Der feurige Engel“ und „Saul“ für Bezahl-Sender und DVD hergestellt und bereitet für 26. Mai in der Kammeroper das „Tristan Experiment“ von Günther Groissböck vor. Im übrigen lässt man es für diese Spielzeit gut sein und wird am 10. Mai ab 10.00 Uhr das neue Saisonprogramm für die Spielzeit 21/22 auf der Website des Hauses präsentieren. Um 10:30 Uhr wird Intendant Roland Geyer gemeinsam mit VBW-Geschäftsführer Franz Patay im Stadtfernsehen W24 Einblicke in die neue Saison geben.
Das Burgtheater, das das große Haus sperrt, hat im Akademietheater, Kasino und Vestibül noch einen Marathon von acht Premieren bis Saisonende angekündigt, aber die Website gibt noch keine Daten an. Na, ist ja auch noch ein bisschen Zeit. Tatsächlich sind die Bundestheater jene Institutionen, die spielen können, weil ihr finanzielles Risiko vom Steuerzahler aufgefangen wird. Also haben Staatsoper und Volksoper ihre Spielpläne erstellt, letztere nimmt aber vorläufig nur „Bestellungen“ entgegen.
Was die Staatsoper betrifft… nun, da haben Opernfreunde recherchiert. Die Zahlen, die mir vorliegen (ich habe sie nicht überprüft, relato refero), besagen, dass gerade die vier „Macbeth“ mit der Nebtrebko, immerhin zweimal „Faust“ (haben die Jubelkritiken doch genützt!) und die erste „Tosca“ mit Beczala, Yoncheva und Maestri ausverkauft sind. Das Interesse an der neuen „Poppea“ ist dagegen eher gering, wie auch an der alternativ besetzten „Carmen“. Und die „Entführung“ – die will anscheinend gar niemand sehen.
Sicher sähe die Situation anders aus, wenn der Besuch dem Publikum nicht so schwer gemacht würde. Auch wenn nun die meisten Apotheken Tests anbieten (an die Selbsttests will man ja nicht so recht glauben, wenn man sich nicht selbst mit dem Smartphone filmt… und wenn man keines haben will?), ist Terminbeschaffung und Aufwand doch beträchtlich. Was den „Grünen Paß“ betrifft, so kennt sich niemand aus. Wann die Glücklichen, die geimpft sind (in Wien warten derzeit über 800.000 Menschen auf einen Termin), einfach nur den gelben Impfpass schwenken müssen, steht in den Sternen. Aber auch dann heißt es: Schnauze auf!
Wenn allerdings alles andere endlich wirklich leicht gemacht würde – dann würde man damit wahrscheinlich seufzend und grumpelnd leben. Aber derzeit scheinen doch viele Menschen angesichts der „Theater-Komplikationen“ einfach „Pfeif drauf! Habt uns doch gern!“ zu denken… Es ist die Politik, die sich etwas dazu einfallen lassen muss. Schulterzucken reicht nicht.
Renate Wagner