Ein König? Ein Usurpator!
Es stimmt, als Anton Cupak und ich erstmals darüber sprachen, dass Alfons Haider zum Generalintendanten der Burgenländischen Festspiele ernannt wurde (geisterte nicht lächerlicherweise auch einmal die Bezeichnung „Generalmusikdirektor“ herum?), sagte ich sofort: „Wirst sehen, das erste, was er macht, ist ‚King and I’ spielen, damit er seine Traumrolle als König von Siam noch einmal abziehen kann.“
Naiv, wie ich nun einmal bin, dachte ich allerdings, dass er das aus Anstand erst tun würde, wenn der Vertrag von Peter Edelmann in Mörbisch ausgelaufen wäre.
Nun, wie nennt man jemanden, der einen Mann am Thron mit einem Arschtritt hinunter stürzt? Doch wohl Usurpator. Haider konnte es nicht erwarten, bis Edelmanns fünf Jahre abgelaufen waren… Nein, er spielt „King and I“ schon 2022, und der bereits entmachtete Vorgänger kann sich seine „Lustige Witwe“ in die Haare schmieren.
Und ich gehe noch eine Wette ein – Mörbisch darf nicht Stockerau werden? Es wird! Hat sich Haider doch dort so Lala-Möchtegern-Musikalische Komödien auf den Leib schreiben lassen, wo er als Johann Strauß und Willi Forst auf der Bühne stand. Wetten, dass man diese zu „Musicals“ aufmotzen, mit großen Bühnenbildern und üppiger Choreographien versehen wird – und gerettet sind die nächsten Haider-Mörbisch-Hauptrollen-Auftritte. Währenddessen kann er sich (Struppeck bei den Vereinigten Bühnen macht es vor) allerlei ausdenken, worin er sich noch zentral präsentieren kann. Nur mit dem jungen Franz Joseph in „Sissy“ wird es nicht mehr klappen, so viel Schminke gibt es nicht. Aber irgendetwas wird ihm schon einfallen…
Wie sehr der von Rechts und Vertrags wegen Chef bis inklusive 2022 schon hinaus gemobbt wurde, erzählte Peter Edelmann der „Wiener Zeitung“. Er war bei der großen Presse-Bootsfahrt von Haider / Doskozil nicht dabei, denn man habe ihn nicht nur „nicht eingeladen, sondern dezidiert gebeten, nicht zu kommen. Es ist grotesk.“ Ob man ihn dafür auszahlt, dass er auf seine „Lustige Witwe“ 2022 verzichtet und Haiders siamesischem König Platz macht?
Um einen solchen Staatsstreich zu vollführen, braucht man natürlich die volle politische Rückendeckung, und die gewährt Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der Haider ja sozusagen „erfunden“ hat – oder dem man von richtiger Seite nahe gelegt hat, dem Langzeit-Moderator des ORF in seinen späten Jahren noch einen Karrieresprung zu gewähren. Dass man solches nur für einen Blutsbruder tut, der sich vor jeder Wahl lauthals für die SPÖ ausgesprochen hat, versteht sich.
Ich stelle mir einmal einen analogen Fall vor. Wie wäre es, wenn der Kanzler (ja, ich weiß, er interessiert sich nicht das Schwarze unter dem Fingernagel für Kultur, aber nehmen wir es einmal an) einen türkis-affinen Künstler zum Burgtheaterdirektor ernennen würde, einfach weil er es will und kann (und keine Frage, wenn die hohe Politik wirklich was will, dann schafft sie es auch)? Wenn man Martin Kusej rausmobbte, auszahlte, dringlich nahe legen würde, sein Bündel zu schnüren, wie es Peter Edelmann nun im Burgenland geschieht, wo selbstverständlich der Landeshauptmann dahinter stehen muss, anders ginge es gar nicht?
Also, den Aufschrei von Falter / Standard / Profil möchte ich hören, da würde die Republik wackeln… Wie gut, dass dem Kanzler die Kultur egal ist, sonst könnte man auch die Gelegenheit wahrnehmen, einen Föttinger wegen achtloser Finanzgebarung (immerhin an die 10 Millionen Defizit – gilt die Unschuldsvermutung?) aus seinem Amt zu hieven, bei Matthias Hartmann im Burgtheater hat man das ja auch mit diesem Argument getan.
Was da im Burgenland geschieht, so hässlich es ist – ist es ein Cosi fan tutte? Neulich erst erinnerte mich jemand daran (ich sag es ehrlich, es war ein Artikel von Josef Votzi im „Trend“), wie Christian Kern dafür gesorgt hat, dass der damalige Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der schon in den Startlöchern stand, sicher nicht SPÖ-Parteichef werden würde. Seine eigenen Rücktrittsabsichten hielt Kern so lange zurück, bis Burgenland-Chef Hans Niessl Doskozil zu seinem Nachfolger kürte. Denn die Parteichef-Rolle stünde, wie Kern Nessl versichert hatte, lange nicht zur Disposition.
Zehn Tage, nachdem Doskozil im Burgenland eingezogen war (einen ehrenhaften Rückzug konnte es da nicht mehr geben), gab Kern seinen Rücktritt bekannt und sorgte dafür, dass Pamela Rendi-Wagner seine Nachfolgerin würde. Was daraus geworden ist, braucht man nicht kommentieren.
Fest steht, dass Doskozil am eigenen Leib erfahren hat, wie Politik geht, wie ruchlos man ausgehebelt wird – warum soll er es seinem Günstling Alfons Haider nicht ermöglichen, das bei einem störenden Rivalen zu tun?
Wer redet von Recht? Wer redet von Anstand? Wir reden von Politik.
Renate Wagner