Annemarie Mitterhofer
WIENER ROSENMORD
Kriminalroman
284 Seiten, Gmeiner-Verlag; 2022
Als Leser ist einem Anna Bernini sofort sympathisch – dunkelhaarige tirolerisch-italienische Mischung, in Wien gelandet, seit zehn Jahren bei der Kriminalpolizei. Obwohl es keine Ich-Erzählung ist, weiß man dank ihrer Schöpferin, der in Wien ansässigen Tirolerin Annemarie Mitterhofer, immer, was sie gerade denkt und worüber sie reflektiert. Und das ist eine angenehme, gescheite Lektüre.
Die Frau Chefinspektorin steht vor einer Leiche, die sozusagen in roten Rosen begraben ist. Kein Wunder, das Opfer war auch Blumenhändler, und mit der Zeit dringt man ein wenig in die „Rosen, Tulpen, Nelken“-Branche ein, die einen Großteil ihrer Blumen aus dem Ausland bezieht.
Bei näherer Betrachtung stellen sich schnell einige Verdächtige ein: ein Halbbruder, der das Floristengeschäft gerne für sich gehabt hätte; ein Geliebter, den der Blumenhändler neben seiner Ehefrau liebte (worauf sich diese mit dem Schwager getröstet hat); und vor allem die rumänische Blumen-Mafia, die (mit dem stimmigen Namen Florescu) in ihren Lastwägen nicht nur Blumen, sondern auch Drogen und junge Frauen ins Land bringt…
Anna Bernini (von den Wienern immer nach ihrem Namen gefragt, Der Maler? Der Komponist?, worauf sie nur entnervt mit „der Barockbildhauer“ antworten kann) hat es nicht ganz leicht, vor allem Kollege Schramek, der eigentlich ihren Posten wollte, stellt ihr bei jeder Gelegenheit ein Bein. Wie gut, dass man sich bei Kollegin „Miss Biggy“ auf die längst nicht mehr selbstverständliche Frauensolidarität verlassen kann.
Nach und nach gerät die Geschichte leider inhaltlich und stilistisch aus dem Ruder, die (gelegentlich dem Alkohol zugeneigte) Frau Chefinspektorin baut Unfälle, die sie verwirren, am „Blumenfriedhof“, wo die Abfälle kompostieren, tauchen weitere Leichen auf – und das Drunter und Drüber des letzten Viertels des Buches stört das Vergnügen, das man zu Beginn bei der Lektüre hatte. Dennoch würde man der Autorin und ihrer Heldin eine zweite Chance geben.
Renate Wagner