Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

ANNABERG/ BUCHHOLZ: DER WEIHNACHTSABEND / ANDREAS HOFER von Albert Lortzing – Opernraritäten

15.12.2014 | Allgemein, Oper

Opernausgrabungen in Annaberg-Buchholz: „Der Weihnachtsabend“ und „Andreas Hofer“ von Albert Lortzing (Vorstellung: 14. 12. 2014)

 Das Eduard-von-Winterstein-Theater in Annaberg-Buchholz, das immer wieder mit Opernausgrabungen überrascht, wartet in der Adventzeit des heurigen Jahres mit zwei Opernraritäten von Albert Lortzing auf: mit dem selten gespielten Einakter „Der Weihnachtsabend“ und der Uraufführung des Singspiels „Andreas Hofer“, beide Werke im Jahr 1832 komponiert. Lortzing baute damals nach Art eines Wunschkonzerts beliebte Arien seiner Zeit in eine neue Handlung ein. Er verfasste 1832 vier sogenannte Liederspiele – neben den zwei nun aufgeführten Werken noch Der Pole und sein Kind sowie Szenen aus Mozarts Leben.

Annaberg_2 Lortzing-Opern 014
Ausstattung und Regie sorgten für einen stimmungsvollen „Weihnachtsabend“ (Foto: Dirk Rückschloß)

 Während der Weihnachtsabend das Publikum in die gute Stube der Familie Käferling an einem 24. Dezember führt, erzählt das Stück Andreas Hofer einen Teil der Geschichte des Tiroler Freiheitskämpfers, der sich gegen die bayerische und französische Besetzung seiner Heimat auflehnt. Fast nicht zu glauben, dass dieses historische Werk noch nie in Tirol aufgeführt wurde. Angeblich soll es eine Aufführung am 2. Jänner 1853 in Weimar gegeben haben, wie im Vorwort des dem Programmheft beigelegten Librettos vermerkt ist. Recherchen ergaben jedoch, dass es sich dabei um eine Verwechslung handelte und an diesem Tag das Trauerspiel gleichen Namens von Karl Immermann gegeben wurde. Es war also in Annaberg eine echte Uraufführung!

 Im Singspiel Der Weihnachtsabend freut sich die Familie auf die Bescherung – außer Suschen, die verzweifelt auf ihren Geliebten Gottlieb wartet, der von seinem herzlosen Vater zum Militär geschickt wurde statt mit Suschen Verlobung zu feiern. Doch ihr Vetter Michel hat eine Idee, die schließlich doch noch zu einem glücklichen Ende des Weihnachtsabends auch für Suschen und Gottlieb führt.

 Ingolf Huhn, der rührige Intendant des Annaberger Theaters, zauberte eine weihnachtlich stimmungsvolle Inszenierung auf die Bühne, die auch die jüngsten Besucher – es waren zahlreiche Kinder am dritten Adventsonntag unter den Zuschauern – in den Bann zog. Auch die Ausstattung von Tilo Staudte passte wunderbar.

 Der Bariton Leander de Marel gab einen grantelnden Hausherrn, der sich mehr für seine Sammlung ausgestopfter Tiere interessierte als für den Heiligen Abend und damit seine Frau, die von der Sopranistin Bettina Corthy-Hildebrandt gespielt wurde, schier zur Verzweiflung trieb. Suschen Schwalbe, Käferlings Tochter aus erster Ehe, wurde von der jungen Sopranistin Madelaine Vogt dargestellt, die ihre Rolle sowohl schauspielerisch wie auch stimmlich auf anrührende Art bewältigte. Den pfiffigen Vetter Michel spielte Matthias Stephan Hildebrandt, den sehnsüchtig erwarteten Gottlieb der Tenor Marcus Sandmann.

Annaberg_2 Lortzing-Opern 001
Der Chor des Annaberger Theaters als Andreas Hofers streitbare Gefolgschaft (Foto: Dirk Rückschloß)

 Nach diesen „launigen Szenen aus dem Familienleben“, wie der Untertitel des Singspiels lautet, wurde es dramatischer, wobei der Regisseur auch beim Andreas Hofer für humorvolle Szenen sorgte. Der Inhalt kurz zusammengefasst: Im Jahr 1809 ist Andreas Hofer nach dem erfolgreichen Aufstand  gegen die bayerisch-französische Besetzung Oberkommandant von Tirol. An seinem Hof im Passeiertal wartet seine Tochter Else unruhig auf die Rückkehr ihres Geliebten Konrad, mit dem sie sich verloben will. Doch die Vorfreude wird durch das Gerücht, dass Andreas Hofer verraten worden sein soll, zerstört.

In der Titelrolle überzeugte Leander de Marel als „Oberkommandant in Lederhosen“ genauso wie Bettina Corthy-Hildebrandt als sein Weib Gertrude Ladurner und Madelaine Vogt als deren Tochter Else. Neben diesem Trio brillierte besonders der Bariton Michael Junge als Kapuzinerpater Haspinger, der seine Rolle mit humorvollen Szenen zu würzen verstand, wie beispielsweise beim Trinkgelage, bei dem er mit Hofers Eheweib schäkerte (Zitat: „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt …“).

Annaberg_2 Lortzing-Opern 009
Andreas Hofer (Leander de Marel) belächelt den Kapuzinerpater Haspinger (Michael Junge), als er mit seinem Weib (Bettina Corthy-Hildebrandt) schäkert (Foto: Dirk Rückschloß)

Mit großer Wortdeutlichkeit wartete der Bass László Varga als Hauptanführer Joseph Speckbacher auf. Man verzieh ihm deshalb auch die ungarische Färbung seiner Aussprache, die naturgemäß keine Ähnlichkeit mit der eines echten Tirolers haben konnte. Zum guten Gesamteindruck des Ensembles trugen noch die Tenöre Marcus Sandmann als Hofers Adjutant Conrad Eisenstecken und Martin Rieck als Hofers Freund Peter Kemnater sowie der Chor des Theaters (Einstudierung Uwe Hanke), der Hofers Gefolgschaft bildete, bei.

Die Erzgebirgische Philharmonie, vom erfahrenen Naoshi Takahashi geleitet, wurde bereits nach den beiden Ouvertüren Lortzings vom Publikum mit Szenenbeifall bedacht, wobei die erste von feierlicher, stimmungsvoller Musik geprägt war und die zweite mit eher harschen Tönen aufwartete. Im Verlauf der beiden Werke hatte Lortzing viele musikalische Zitate unter anderem von Schubert, Mozart, Himmel und Isouard im ersten Singspiel sowie von Weber, Spohr, Auber und Haydn im zweiten Singspiel eingebaut.

 Das Publikum war von beiden Werken angetan und belohnte am Schluss das gesamte Ensemble sowie den Dirigenten mit lang anhaltendem Beifall.

 Udo Pacolt   

 

 

Diese Seite drucken