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Alexander KAIMBACHER & Lorin WEY. HALBGOTT & NIBELUNG. Ein Doppelinterview

Ein Doppelinterview

06.03.2018 | Allgemein, Sänger

Alexander Kaimbacher / Lorin Wey:

Alexander Kaimbacher / Lorin Wey: HALBGOTT & NIBELUNG

Ein Doppelinterview


Alexander Kaimbacher, Lorin Wey vor dem Interview. Foto: Andrea Masek


Lorin Wey und Alexander Kaimbacher. Copyright: Bettina Stöss

 Rheingold-Premiere in Bielefeld. Im Falle von Loge („Hei, Mime, muntrer Zwerg!“) und Alberichs geknechtetem Bruder Mime. Mit österreichischer Beteiligung …

 

Alexander Kaimbacher, Sie sind gebürtiger Kärntner, aus Villach, Jahrgang 1969. Wie ging das musikalisch von Kärnten aus los?

A.K.: Ich hab‘ immer schon g‘sungen, wollte immer Opernsänger werden. Zum Studium ging‘s nach Wien, und da bin ich hängen geblieben. Ich war ja am Anfang nicht Sänger, hätte nicht leben können davon. Ich hab Theaterwissenschaft studiert, Germanistik, …

… und auch Waldorf-Pädagogik …

… ja, ich war dann sogar Lehrer an der Waldorfschule im 13.Bezirk in Wien! Waldorflehrer, Schauspielausbildung, Gesangsausbildung, hab‘ ich alles abgeschlossen! War eine sehr prägende Zeit! Hatte alles einen vergeistigten Background. Und das ist hängen geblieben für mein ganzes Leben. Und fürs Musiktheater! Schlimm ist, wenn du auf sinnentleertes Theater triffst und du kannst nichts Geistiges mitnehmen! Ja, für Theaterwissenschaft hab ich jetzt (lacht verschmitzt) meinen Bachelor gemacht. Wie ich hier in Bielefeld 2016 in Brittens „Tod in Venedig“den Aschenbach  gesungen habe, war dieses Werk Thema meiner ersten Bachelorarbeit, als ich 2017 in Wien „Mondparsifal Alpha“ bei den Wiener Festwochen gesungen habe, war das dann meine 2. Arbeit. Ich bin also jetzt „Bachelor“! Und ich studier‘ noch weiter! Und die Sängerlaufbahn ging los mit einem Orpheus in Baden bei Wien und dann in der Neuen Oper Wien. Als mich der Walter Kobéra sozusagen entdeckt hat, da war ichaber schon 29!

 

Lorin Wey, Jahrgang 1990, ist in Bern geboren, aber schon ganz früh Wahlwiener geworden…

L.W. … wir sind als ich 4 war, nach Wien gezogen, weil mein Bruder Terry zu den Sängerknaben wollte – wo ich auch gelandet bin –, bin aber früher weggegangen, weil ich mich im Internatsleben nicht wohlgefühlt habe. Ich hab‘ dann  eine Pause gemacht, wollte damals noch gar nicht Opernsänger wie mein Bruder werden, hab Musikwissenschaft studiert (viel alte, aber auch neue Musik, ein Kernthema war dann Musiksoziologie & Oper), eine Episode so mit 15, 16, war als Rockmusiker. Für die Rockband hat man mir die Bassgitarre zugeteilt. War am leichtesten zu lernen! Dann hab‘ ich in der Choralschola der Hofburg wieder angefangen zu singen, wollte auch einfach guten Gesangsunterricht bekommen, hab‘ dann am Konservatorium vorgesungen. Ks Gabriele Sima, der ich viel verdanke, hat die„Basics“ gelegt, nach ihrem Tod wechselte ich zu Elena Filipova. Sie und der Tenor Stephen Chaundy, bei dem ich jetzt seit 5 Jahren bin, haben mir beide viele neue Zugänge vermittelt und mir sehr geholfen.

 

Durch wen wurde Alexander Kaimbacher besonders geprägt?

A.K.: Durch die Arbeitserfahrungen mit den verschiedensten Dirigenten und Kollegen. Viel war einfach learningbydoing. Und ich bin dann immer mit der Aufgabe gewachsen. Walter Kobéra von der Neuen Oper Wien war natürlich prägend mit seiner Ermutigung: „Egal, was kommt! Lass dich einfach darauf ein!“ Das Serapionstheater und Erwin Piplits sind mir immer Vorbild geblieben. Und Leonard Prinsloo. Was ich von dem alles gelernt hab‘!  Dieser Regisseur hat mich auch fürs Leben geprägt. Hingabe ans Theater! Deshalb bin ich auch so schockiert, wenn Regisseure am Theater „nix mochn, wenn der nix mocht, moch i mei Ding sölba!“(da bricht der Kärntner Zungenschlag voll durch!) ..

.

Was ist besser: Fixes Engagement im Ensemble oder „freischaffend“? An kleineren Häusern auch als Anfänger große Rollen singen oder an großen Häusern mit kleineren Rollen wachsen, aber auch viel „covern“?

L.W.: Für mich ist im Moment das zweijährige Fixengagement ideal, weil man unglaubliche Routine hineinkriegt und viele Vorstellungen hat und sich voll darauf konzentrieren kann. Das heißt nicht, dass es für mich nur die Option gibt, in einem Ensemble zu sein, aber derzeit hab‘ ich das Gefühl, es ist ideal, die Stimmung am Haus ist wahnsinnig gut, ich fühl mich sehr wohl hier, das Arbeitsklima ist super, und hab schöne Aufgaben, ich freu mich jetzt auf den Mime und singe weiters in Jakob Lenz von Wolfgang Rihm den Kaufmann, in Orlando Paladino von Haydn den Pasquale, in der Zauberflöte weiter den Monostatos. Ich kann im Moment, ohne mich dauernd um die „existenziellen Vorsingen“ kümmern  zu müssen, ein bisschen „durchatmen“ und mich zugleich voll auf das fokussieren, was ich gerade mache. Ich bin froh, hier gelandet zu sein. Natürlich mit Heimweh nach Wien verbunden. Weil meine Tochter dort ist…

A.K.: Man kann es nicht verallgemeinern, es ist von Mensch zu Mensch verschieden. Ich hab‘ für mich gefunden, dass ich nur freischaffend existieren kann. Ein Coversystem ist auf Dauer – das können‘s ruhig schreiben – krank machend an Leib und Seele. Fünf Covers für eine Rolle, und wenn einer wirklich ausfällt, fliegen‘sdann erst einen anderen ein. Man ist notorisch unterprobt, man hat trotzdem mörderischen Stress – das ist wie Teilzeit auf Abruf. Fürchterlich!

Was aber wahrscheinlich für alle jungen Sänger gilt: Wenn man nach (zu) langer Zeit im Ensemble „freischaffend“ werden will, besteht natürlich eine Gefahr: Wenn das Ensembledasein vorbei ist, fehlen dann oft die Kontakte, und die Coolness, die Unverfrorenheit zu sagen, man kriegt mich nicht unter. Da muss man immer am Drücker sein und sagen, ich will mich natürlich nicht unterkriegen lassen! Und natürlich braucht es auch Glück für einen erfolgreichen raschen Umstieg … (an L.W. gewandt🙂 … am besten wäre in Zukunft sicher für dich eine Mischform von beidem. In Form von Misch- oder Residenzverträgen …

 

Sie waren 4 Jahre Ensemblemitglied an der Wiener Staatsoper, haben dort in der Zeit 131 Vorstellungen in 22 Werken gesungen, später Ensemblemitglied an der Bayerischen Staatsoper, sind aber beide Male weggegangen …

A.K.: …, ja, weil man mir eben keinen geänderten Vertrag mit mehr Gastiermöglichkeiten geben wollte. Ich habe wirklich viel gesungen – und NIE abgesagt, wirklich nie! Ich hab‘ unter anderem auch 2009 für die Wiener Rheingold-Neuinszenierung den Loge gecovert, bekam ihn aber nie zum Singen – mit Ausnahme bei der Premieren-Matinee, wo ich einen kleinen Ausschnitt singen durfte. Deshalb freue ich mich ja so sehr, den Loge jetzt endlich wieder singen zu können! Und in München war es eigentlich ideal. Da wusste man 2 Jahre im Voraus, was für Rollen, was für Aufgaben kommen, samt genauen Terminen. Man konnte auch das Gastieren, das ganze Rundherum, viel besser planen. Aber dann wechselte dort der Betriebsdirektor – und dann war‘s halt dort auch aus!

 

Die Arbeit an neuen Rollen: Bei Uraufführungen oder Raritäten eine Riesenarbeit für oft nur wenige Vorstellungen und seltener Chance für Wiederaufnahme, aber auch spannend, noch dazu, wenn Erfolg damit verbunden ist! Lorin Wey hatte 2016 in Wien beiKřeneks „Pallas Athene weint“ (Neue Oper Wien) als Bösewicht „Meletos“ und dann bei der UA von Alma Deutschers „Cinderella“ als romantischer Prinz (Casino Baumgarten) große persönliche Erfolge mit tollen Kritiken!

L.W.: Natürlich, man muss sich darauf einlassen! Und es gibt einem dann auch wahnsinnig viel. Im Falle „Jakob Lenz“ besteht ja durchaus die Möglichkeit, es dann auch noch einmal zu singen. Das ist eines der zeitgenössischen Werke, die sich doch auch im Repertoire gehalten haben. Im Fall von „Pallas Athene“ hatte ich die seltene Chance,einen richtigen Bösewicht darzustellen. Das hab‘ ich genossen. Und um es jetzt auf eine andere Oper zu reduzieren: In Mozarts „Entführung“ finde ich den Pedrillo den viel interessanteren Charakter als den Belmonte. Da kommt zum Singen auch das Spielen dazu. Den Pedrillo würde ich sehr gern singen …

 

Auch Alexander Kaimbacherhat immer wieder UA gesungen, z.B. Nali Grubers „Geschichten aus dem Wiener Wald“ in Bregenz und im Theater an der Wien (den Hierlinger Ferdinand), aber auch sehr viel Britten, z.B. „Prodigal Son“ und „Curlew River“ an der Kammeroper, ebenfalls sehr eindrucksvoll …

A.K.: Ja, der Britten! Ich hab‘ sechs oder sieben Rollen von ihm gesungen. Ich hab‘ dabei immer das Gefühl gehabt, ich kenne den Britten persönlich oder der Britten hat mich gekannt, so nahe bin ich seiner Musik. Der gehört nach Schubert zu meinen absoluten Lieblingskomponisten. Also, was mir weniger liegt, ist: nur an der Rampe stehen und schön singen: Das ist nicht „meins“. Ich bezeichne mich selber gern als „Singschauspieler“.

 

Daher auch Operette!

A.K.: Auch wenn ich manchmal über die Operette schimpf‘: Ich mach‘ sie gerne. Jedenfalls so eine wie „Das weiße Rössl“. Der Leopold, das ist eine herrliche Rolle!

 

Und die Probenarbeit hier?

L.W.: Die war sehr angenehm …

A.K.: (lacht schallend) Ja, weil es so war: Zu allem, was du gemacht hast auf der Bühne, hat die Regisseurin gesagt: ‚Super!‘ Die hot (es wird wieder „kärntnerisch“) ollasg’nomman, wos du angebot’n host und nix dreingeredet!

 

Ihr beide habt einander an der Neuen Oper Wien kennengelernt: Kaimbacher als Mentor für den eine Generation jüngeren Lorin?

L.W.: Ja, ich verdanke ihm wirklich einiges …

A.K.:   …ichschanz‘ dir immer Konzertlnzua …

L.W.: … ja, aber vor allem durch seine Erfahrung!

 

Abschließend die Frage an beide nach nächsten künstlerischen Zukunftsplänen, beide haben ja auch ein großes Konzertrepertoire!

L.W.: Neben den Aufgaben in Bielefeld: Ich versuche natürlich, die Kontakte nach Wien aufrecht zu erhalten. Dort habe ich ja neben den Bühnenaufgaben sehr viel Kirchenmusik gemacht, und das möchte ich weiterhin tun, z.B. im Stephansdom. Und wenn es an der Neuen Oper Wien wieder etwas gibt (Anm.: Man denkt für 2019 einmal vorsichtig etwas an), freue ich mich darauf. Und Rollen wie Pedrillo, Ariadne-Tanzmeister (den ich in Nancy schon gesungen habe und der mir großen Spaß gemacht hat) würde ich gerne singen bzw. wieder singen! Der „große“ Mime: Warum nicht, in 10, 20 Jahren?

A.K.: Kirchenmusik: Da spüre ich mich „als Sänger“ am meisten. Am Sonntag früh aufstehen, um 9.00 Probe, um 11.00 Messe, z.B. in der Jesuitenkirche. Konzertant in Graz „Candide“ von Bernstein.Eine orchestrierte Fassung von „Reisebuch aus den österreichischen Alpen“ von Křenek, Nali Gruber wird dirigieren.Das wird m Oktober sein. Vorher eine Österreichische Erstaufführung von „Der Doppelgänger / DVOINIK“ von Franz Schubert / Anton Tanonov für Tenor, Vokalquintett und Kammerensemble beim Carinthischen Sommer am 30. Juli 2018, in deutscher und russischer Sprache, ein grenzüberschreitendes Projekt!

 

Vielen Dank dem Halbgott und dem Nibelungfür das Interview am Vormittag der Premiere – und Toi,toi,toi für den Abend!Karl Masek

 

Ein Doppelinterview

 Rheingold-Premiere in Bielefeld. Im Falle von Loge („Hei, Mime, muntrer Zwerg!“) und Alberichs geknechtetem Bruder Mime. Mit österreichischer Beteiligung …

 Alexander Kaimbacher, Sie sind gebürtiger Kärntner, aus Villach, Jahrgang 1969. Wie ging das musikalisch von Kärnten aus los?

A.K.: Ich hab‘ immer schon g‘sungen, wollte immer Opernsänger werden. Zum Studium ging‘s nach Wien, und da bin ich hängen geblieben. Ich war ja am Anfang nicht Sänger, hätte nicht leben können davon. Ich hab Theaterwissenschaft studiert, Germanistik, …

… und auch Waldorf-Pädagogik …

… ja, ich war dann sogar Lehrer an der Waldorfschule im 13.Bezirk in Wien! Waldorflehrer, Schauspielausbildung, Gesangsausbildung, hab‘ ich alles abgeschlossen! War eine sehr prägende Zeit! Hatte alles einen vergeistigten Background. Und das ist hängen geblieben für mein ganzes Leben. Und fürs Musiktheater! Schlimm ist, wenn du auf sinnentleertes Theater triffst und du kannst nichts Geistiges mitnehmen! Ja, für Theaterwissenschaft hab ich jetzt (lacht verschmitzt) meinen Bachelor gemacht. Wie ich hier in Bielefeld 2016 in Brittens „Tod in Venedig“den Aschenbach  gesungen habe, war dieses Werk Thema meiner ersten Bachelorarbeit, als ich 2017 in Wien „Mondparsifal Alpha“ bei den Wiener Festwochen gesungen habe, war das dann meine 2. Arbeit. Ich bin also jetzt „Bachelor“! Und ich studier‘ noch weiter! Und die Sängerlaufbahn ging los mit einem Orpheus in Baden bei Wien und dann in der Neuen Oper Wien. Als mich der Walter Kobéra sozusagen entdeckt hat, da war ichaber schon 29!

Lorin Wey, Jahrgang 1990, ist in Bern geboren, aber schon ganz früh Wahlwiener geworden…

L.W. … wir sind als ich 4 war, nach Wien gezogen, weil mein Bruder Terry zu den Sängerknaben wollte – wo ich auch gelandet bin –, bin aber früher weggegangen, weil ich mich im Internatsleben nicht wohlgefühlt habe. Ich hab‘ dann  eine Pause gemacht, wollte damals noch gar nicht Opernsänger wie mein Bruder werden, hab Musikwissenschaft studiert (viel alte, aber auch neue Musik, ein Kernthema war dann Musiksoziologie & Oper), eine Episode so mit 15, 16, war als Rockmusiker. Für die Rockband hat man mir die Bassgitarre zugeteilt. War am leichtesten zu lernen! Dann hab‘ ich in der Choralschola der Hofburg wieder angefangen zu singen, wollte auch einfach guten Gesangsunterricht bekommen, hab‘ dann am Konservatorium vorgesungen. Ks Gabriele Sima, der ich viel verdanke, hat die„Basics“ gelegt, nach ihrem Tod wechselte ich zu Elena Filipova. Sie und der Tenor Stephen Chaundy, bei dem ich jetzt seit 5 Jahren bin, haben mir beide viele neue Zugänge vermittelt und mir sehr geholfen.

Durch wen wurde Alexander Kaimbacher besonders geprägt?

A.K.: Durch die Arbeitserfahrungen mit den verschiedensten Dirigenten und Kollegen. Viel war einfach learningbydoing. Und ich bin dann immer mit der Aufgabe gewachsen. Walter Kobéra von der Neuen Oper Wien war natürlich prägend mit seiner Ermutigung: „Egal, was kommt! Lass dich einfach darauf ein!“ Das Serapionstheater und Erwin Piplits sind mir immer Vorbild geblieben. Und Leonard Prinsloo. Was ich von dem alles gelernt hab‘!  Dieser Regisseur hat mich auch fürs Leben geprägt. Hingabe ans Theater! Deshalb bin ich auch so schockiert, wenn Regisseure am Theater „nix mochn, wenn der nix mocht, moch i mei Ding sölba!“(da bricht der Kärntner Zungenschlag voll durch!) ..

Was ist besser: Fixes Engagement im Ensemble oder „freischaffend“? An kleineren Häusern auch als Anfänger große Rollen singen oder an großen Häusern mit kleineren Rollen wachsen, aber auch viel „covern“?

L.W.: Für mich ist im Moment das zweijährige Fixengagement ideal, weil man unglaubliche Routine hineinkriegt und viele Vorstellungen hat und sich voll darauf konzentrieren kann. Das heißt nicht, dass es für mich nur die Option gibt, in einem Ensemble zu sein, aber derzeit hab‘ ich das Gefühl, es ist ideal, die Stimmung am Haus ist wahnsinnig gut, ich fühl mich sehr wohl hier, das Arbeitsklima ist super, und hab schöne Aufgaben, ich freu mich jetzt auf den Mime und singe weiters in Jakob Lenz von Wolfgang Rihm den Kaufmann, in Orlando Paladino von Haydn den Pasquale, in der Zauberflöte weiter den Monostatos. Ich kann im Moment, ohne mich dauernd um die „existenziellen Vorsingen“ kümmern  zu müssen, ein bisschen „durchatmen“ und mich zugleich voll auf das fokussieren, was ich gerade mache. Ich bin froh, hier gelandet zu sein. Natürlich mit Heimweh nach Wien verbunden. Weil meine Tochter dort ist…

A.K.: Man kann es nicht verallgemeinern, es ist von Mensch zu Mensch verschieden. Ich hab‘ für mich gefunden, dass ich nur freischaffend existieren kann. Ein Coversystem ist auf Dauer – das können‘s ruhig schreiben – krank machend an Leib und Seele. Fünf Covers für eine Rolle, und wenn einer wirklich ausfällt, fliegen‘sdann erst einen anderen ein. Man ist notorisch unterprobt, man hat trotzdem mörderischen Stress – das ist wie Teilzeit auf Abruf. Fürchterlich!

Was aber wahrscheinlich für alle jungen Sänger gilt: Wenn man nach (zu) langer Zeit im Ensemble „freischaffend“ werden will, besteht natürlich eine Gefahr: Wenn das Ensembledasein vorbei ist, fehlen dann oft die Kontakte, und die Coolness, die Unverfrorenheit zu sagen, man kriegt mich nicht unter. Da muss man immer am Drücker sein und sagen, ich will mich natürlich nicht unterkriegen lassen! Und natürlich braucht es auch Glück für einen erfolgreichen raschen Umstieg … (an L.W. gewandt🙂 … am besten wäre in Zukunft sicher für dich eine Mischform von beidem. In Form von Misch- oder Residenzverträgen …

 Sie waren 4 Jahre Ensemblemitglied an der Wiener Staatsoper, haben dort in der Zeit 131 Vorstellungen in 22 Werken gesungen, später Ensemblemitglied an der Bayerischen Staatsoper, sind aber beide Male weggegangen …

A.K.: …, ja, weil man mir eben keinen geänderten Vertrag mit mehr Gastiermöglichkeiten geben wollte. Ich habe wirklich viel gesungen – und NIE abgesagt, wirklich nie! Ich hab‘ unter anderem auch 2009 für die Wiener Rheingold-Neuinszenierung den Loge gecovert, bekam ihn aber nie zum Singen – mit Ausnahme bei der Premieren-Matinee, wo ich einen kleinen Ausschnitt singen durfte. Deshalb freue ich mich ja so sehr, den Loge jetzt endlich wieder singen zu können! Und in München war es eigentlich ideal. Da wusste man 2 Jahre im Voraus, was für Rollen, was für Aufgaben kommen, samt genauen Terminen. Man konnte auch das Gastieren, das ganze Rundherum, viel besser planen. Aber dann wechselte dort der Betriebsdirektor – und dann war‘s halt dort auch aus!

Die Arbeit an neuen Rollen: Bei Uraufführungen oder Raritäten eine Riesenarbeit für oft nur wenige Vorstellungen und seltener Chance für Wiederaufnahme, aber auch spannend, noch dazu, wenn Erfolg damit verbunden ist! Lorin Wey hatte 2016 in Wien beiKřeneks „Pallas Athene weint“ (Neue Oper Wien) als Bösewicht „Meletos“ und dann bei der UA von Alma Deutschers „Cinderella“ als romantischer Prinz (Casino Baumgarten) große persönliche Erfolge mit tollen Kritiken!

L.W.: Natürlich, man muss sich darauf einlassen! Und es gibt einem dann auch wahnsinnig viel. Im Falle „Jakob Lenz“ besteht ja durchaus die Möglichkeit, es dann auch noch einmal zu singen. Das ist eines der zeitgenössischen Werke, die sich doch auch im Repertoire gehalten haben. Im Fall von „Pallas Athene“ hatte ich die seltene Chance,einen richtigen Bösewicht darzustellen. Das hab‘ ich genossen. Und um es jetzt auf eine andere Oper zu reduzieren: In Mozarts „Entführung“ finde ich den Pedrillo den viel interessanteren Charakter als den Belmonte. Da kommt zum Singen auch das Spielen dazu. Den Pedrillo würde ich sehr gern singen …

Auch Alexander Kaimbacherhat immer wieder UA gesungen, z.B. Nali Grubers „Geschichten aus dem Wiener Wald“ in Bregenz und im Theater an der Wien (den Hierlinger Ferdinand), aber auch sehr viel Britten, z.B. „Prodigal Son“ und „Curlew River“ an der Kammeroper, ebenfalls sehr eindrucksvoll …

A.K.: Ja, der Britten! Ich hab‘ sechs oder sieben Rollen von ihm gesungen. Ich hab‘ dabei immer das Gefühl gehabt, ich kenne den Britten persönlich oder der Britten hat mich gekannt, so nahe bin ich seiner Musik. Der gehört nach Schubert zu meinen absoluten Lieblingskomponisten. Also, was mir weniger liegt, ist: nur an der Rampe stehen und schön singen: Das ist nicht „meins“. Ich bezeichne mich selber gern als „Singschauspieler“.

Daher auch Operette!

A.K.: Auch wenn ich manchmal über die Operette schimpf‘: Ich mach‘ sie gerne. Jedenfalls so eine wie „Das weiße Rössl“. Der Leopold, das ist eine herrliche Rolle!

Und die Probenarbeit hier?

L.W.: Die war sehr angenehm …

A.K.: (lacht schallend) Ja, weil es so war: Zu allem, was du gemacht hast auf der Bühne, hat die Regisseurin gesagt: ‚Super!‘ Die hot (es wird wieder „kärntnerisch“) ollasg’nomman, wos du angebot’n host und nix dreingeredet!

Ihr beide habt einander an der Neuen Oper Wien kennengelernt: Kaimbacher als Mentor für den eine Generation jüngeren Lorin?

L.W.: Ja, ich verdanke ihm wirklich einiges …

A.K.:   …ichschanz‘ dir immer Konzertlnzua …

L.W.: … ja, aber vor allem durch seine Erfahrung!

Abschließend die Frage an beide nach nächsten künstlerischen Zukunftsplänen, beide haben ja auch ein großes Konzertrepertoire!

L.W.: Neben den Aufgaben in Bielefeld: Ich versuche natürlich, die Kontakte nach Wien aufrecht zu erhalten. Dort habe ich ja neben den Bühnenaufgaben sehr viel Kirchenmusik gemacht, und das möchte ich weiterhin tun, z.B. im Stephansdom. Und wenn es an der Neuen Oper Wien wieder etwas gibt (Anm.: Man denkt für 2019 einmal vorsichtig etwas an), freue ich mich darauf. Und Rollen wie Pedrillo, Ariadne-Tanzmeister (den ich in Nancy schon gesungen habe und der mir großen Spaß gemacht hat) würde ich gerne singen bzw. wieder singen! Der „große“ Mime: Warum nicht, in 10, 20 Jahren?

A.K.: Kirchenmusik: Da spüre ich mich „als Sänger“ am meisten. Am Sonntag früh aufstehen, um 9.00 Probe, um 11.00 Messe, z.B. in der Jesuitenkirche. Konzertant in Graz „Candide“ von Bernstein.Eine orchestrierte Fassung von „Reisebuch aus den österreichischen Alpen“ von Křenek, Nali Gruber wird dirigieren.Das wird m Oktober sein. Vorher eine Österreichische Erstaufführung von „Der Doppelgänger / DVOINIK“ von Franz Schubert / Anton Tanonov für Tenor, Vokalquintett und Kammerensemble beim Carinthischen Sommer am 30. Juli 2018, in deutscher und russischer Sprache, ein grenzüberschreitendes Projekt!

Vielen Dank dem Halbgott und dem Nibelungfür das Interview am Vormittag der Premiere – und Toi,toi,toi für den Abend!

Karl Masek

 

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