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Alexander Demandt: DIOKLETIAN

26.10.2022 | buch, CD/DVD/BUCH/Apps

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Alexander Demandt
DIOKLETIAN
KAISER ZWEIER ZEITEN
432 Seiten, Verlag C.H.Beck, 2022 

Römische Kaiser haben nicht nur das Interesse ihrer Mitwelt, sondern durch alle Zeiten auch jenes der Nachwelt erregt. Allerdings in unterschiedlichem Ausmaß – so populär wie die Mitglieder des Julisch-Claudisichen Kaiserhauses (streng genommen von Caesar bis Nero) wurden keine anderen. Immerhin, die Flavier wurden noch populär, Persönlichkeiten wie Hadrian oder Mark Aurel, der Philosoph auf dem Kaiserthron, und selbstverständlich der glorifizierte Konstantin, gab er doch dem Christentum Raum.

Einer seiner Vorgänger war Diokletian, und wenn man seinen Namen kennt, dann durch den bis heute beeindruckenden Palast in Split und die Thermen, die in Rom unter seinem Namen erhalten sind. Aber wer war dieser Mann des 3. Jahrhunderts nach Christus?

Alexander Demandt, jahrzehntelang geschätzter Professor in Berlin, nach seiner Emeritierung ungebrochen als Autor tätig, gilt als der ausgewiesene Kenner der Spätantike. Das ist die Epoche, in die der bis dahin nicht übermäßig beachtete Diokletian hineinfällt. Eine Persönlichkeit, die der Autor so schätzt wie Kaiser Marc Aurel, dem er vor zwei Jahren eine Biographie widmete. Ein Mann, der von ganz unten kam, seine Macht eroberte, festigte, gut gebrauchte und sich, als einziges Beispiel in der Römischen Geschichte, im Alter freiwillig zurück zog.

Dieses Leben wird ruhig, detailreich, aber nicht überbordend erzählt – wie viel man an Details noch forschen kann, haben die Teilnehmer an der Internationalen Tagung 2017 im Mainz gezeigt, deren Beiträge nun auch (im Böhlau Verlag) erschienen sind. Wenn man als Autor auch immer wieder Überlegungen anstellen muss, was warum geschehen ist, so lässt sich Demandt auf Spekulationen kaum ein. Das Bild, das er zeichnet, ist geradlinig genug, auch wenn er gleich zu Beginn von der Schwierigkeit der Quellen-Bewertung spricht – aber das ist ja ein ewiges Thema der Geschichtsschreibung.

Man weiß nicht einmal Genaues über die Herkunft des Mannes, der 284 nach Christus in Illyrien (Dalmatien) zur Welt kam, möglicherweise sogar als Abkomme von Sklaven oder Freigelassenen, ohne weitere Bildung.  Jedenfalls nützte er seine Möglichkeiten, beim römischen Heer voran zu kommen. Es war die unruhige Zeit der so genannten „Soldatenkaiser“, die vom Heer ausgerufen wurden, ohne den Rückhalt des Senats oder großer Familien, oft einfache Männer (wie Diokletian auch), die dann einen Großteil ihrer Zeit damit verbringen mussten, Rivalen zu bekämpfen.

Als Diokletian als ein solcher „Soldatenkaiser“ ernannt wurde, war eine seiner ersten Taten, einen Rivalen namens Aper eigenhändig zu töten – die Gründe werden erwogen, definitive Antworten gibt es nicht. Jedenfalls zeigt das Ereignis, dass Diokletian entschlossen war, seine Macht zu verteidigen.

Dennoch schwang er sich nicht zum Alleinherrscher auf. Das Römische Reich war nach vielen unruhigen Jahrzehnten, fast Jahrhunderten in einem ziemlich desolaten Zustand – und noch immer zu groß, umfasste schließlich nach wie vor den gesamten Mittelmeerraum. Mehr denn je brachen fremde Völker – als Vorboten des Drucks, der die Völkerwanderung auslösen sollte – an allen Grenzen in das Reich ein. In Zeiten, wo Nachrichten noch per Mann und Pferd transportiert wurden, war dies für einen einzelnen Menschen nicht zu bewältigen.

Nach dem Beispiel des von ihm verehrten Marc Aurels, der die Macht auch (freiwillig) mit einem Mitkaiser geteilt hatte, ging Diokletian noch weiter – zur Tetrarchie, der Vierer-Herrschaft. Er wählte einen Mitkaiser, Maximian, der wie er den Titel „Augustus“ trug, und noch zwei Nebenkaiser, „Caesaren“ genannt, Galerius und Constantius Chlorus, alles Männer aus seiner Region und von ähnlich geringer Herkunft, aber bewährte Soldaten. Viele, viele Seiten muss Demandt aufwenden, um zu zeigen, wie diese „Tetrarchen“ an allen Ecken und Enden des Reiches kämpften.

Diokletian, der selbst zweimal in Ägypten kämpfend unterwegs war, sich selbst den Osten des Reichs vorbehalten hatte und in Nikomedia (heute Izmir an der türkischen Westküste) residierte, begann nach der militärischen Konsolidierung jenes Reformwerk, das dem Römischen Reich zu neuer Stabilität verhelfen sollte, was durchaus gelang – in der Organisation (Trennung von Heer und Verwaltung), in der Wirtschaft, aber auch in der Wiederherstellung kaiserlicher Repräsentationsmacht. 

Und da war noch die Frage der Christen, die zu einer immer mächtigeren Gruppe aufgestiegen waren und zu dem Bild des Römischen Reichs mit seiner ererbten Göttervielfalt (Diokletian hatte sich selbst Insignien des Jupiter gegeben) nicht passte. Er war es dann, der sich zur letzten blutigen Christenverfolgung des Reichs entschloß, aus seiner Sicht eine Notwendigkeit. Aufhalten konnte Diokletian natürlich nichts – Konstantin, Sohn eines seiner „Caesaren“, kam zur alleinigen Macht, setzte das Christentum ein und veränderte die Welt. 90 Jahre nach Diokletians Tod zerbrach auch das Römische Weltreich in Ost und West, womit sein Ende (an dem die heranrückenden Völker von außen ihren Anteil hatten) festgeschrieben war.

Warum Diokletian sich im Jahr 305 mit Maximian zusammen zurückzog, worauf er (mit wenigen Unterbrechungen) wieder in seine Heimatregion ging, in den gewaltigen Palast in Split, und dort – ja, auf den Tod wartete, der ihn 316 in Nikomedia erreichte? Vieles daran bleibt offen, der genaue Zeitpunkt des Todes wie auch die Art des Todes – von Selbstmord war die Rede, von gequälten Gewissen der Christenverfolgungen wegen (wie es die christlichen Propaganda-Quellen darstellten), all dies kann nur Gegenstand von Spekulationen sein, auf die sich der Autor nur am Rande einlässt. Man weiß eben nicht genau, was vor 1800 Jahren geschah.

Aber in der Hochschätzung des Diokletian weiß sich Demandt mit großen Kollegen wie Gibbon, Burckhardt und Mommsen auf einer Linie (Letztgenannter warf Diokletian nur vor, die Christen-Frage zu lange verschleppt zu haben…) Jedenfalls hat Diokletian als letzte große Persönlichkeit versucht, das alte Römische Reich zu retten – was durch die Konstantinische Wende letztendlich zerstört wurde.

Renate Wagner

 

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