50. NESTROY SPIELE SCHWECHAT
Herausgegeben von Christine Bauer.
208 Seiten, Eigenverlag Nestroy-Spiele Schwechat
Eine Ära ist zu Ende gegangen – glanzvoll und ehrenvoll. Vor 50 Jahren hat Peter Gruber, seines Zeichens Schauspieler, Regisseur und dann auch Langzeit-Intendant, die Nestroy-Spiele Schwechat gegründet. Er hat sie seither ohne Unterbrechung geleitet, hat seither jeden Sommer ein Nestroy-Stück inszeniert, hat ein Ensemble aufgebaut, das mit ihm (der vom Jungspund zum „Professor“ wurde) von den jungen Rollen zu den alten Rollen gereift ist, hat ein treues Publikum heran gezogen und einen Nestroy-Stil entwickelt, der witzig, scharf, treffsicher, gegenwartsbezogen ist und stets die gnadenlose Essenz seines infernalischen Witzes auslotet. Retrospektiv zu danken ist ihm von Theater- und Nestroy-Freunden, dass er nie (wie es in der „Presse“ einmal formuliert wurde) „Sommer-Schonkost“ serviert hat, sondern stets Nestroy pur. Eine Schwechater Spezialität.
Nach 50 Jahren hat er nun das Unternehmen in die Hände von Christian Graf gelegt, der hier begonnen hat und dem man vertrauen kann, dass er den einmal beschrittenen und für gut, sehr gut befundenen Weg weitergehen wird. Viele Fotos zeigen ihn als Darsteller im Geist des Dichters und des Regisseurs. Dennoch – die Ära Gruber ist vorbei.
Zu diesem Anlass hat Peter Grubers unverzichtbare Mitarbeiterin Christine Bauer einen großen, querformatigen Band herausgeben, der an die 50 Jahre erinnert. Text und Fotos blenden zurück, damals in das Jahr 1973, als noch niemand den Marathon ahnen konnte, der vor ihnen allen lag – damals, als sie mit den „Früheren Verhältnissen“ und „Zeitvertreib“ begonnen haben. Im Anhang finden sich dann alle Besetzungen bis zu diesem Sommer 2022, als mit „Nur Ruhe“ durchaus keine unmittelbare Ruhe einsetzte – aber zumindest Peter Gruber (Jahrgang 1946) darf aus dem alljährlichen Hamsterrad aussteigen, stets unermüdlich den nächsten Sommer vorzubereiten, kaum, dass man den letzten hinter sich hat …
Es ist vor allem ein Bilderbuch in schwarzweiß geworden, das von Jahr zu Jahr Produktion um Produktion zeigt, Fotos, die den Übermut der Abende ebenso vermitteln wie die Nestroy’sche Exzentrik, die hier nie unter den Tisch gefallen ist. Man erinnert sich an die stete Bereitschaft, im Geist des Dichters zu blödeln, und auch daran, immer wieder einmal auszuufern und von der Bühne herabzusteigen und den ganzen Hof der Rothmühle zu bespielen. Es sind Fotos, die auch die Feste reflektieren, die Freunde und das Publikum mit den „Schwechatern“ gefeiert haben.
Kurz gesagt, man ist in seiner Erinnerung ganz dabei. Und hat das sichere Gefühl, dass Johann Nestroy hoch zufrieden damit wäre, wie hier ein halbes Jahrhundert mit ihm umgegangen worden ist.
Renate Wagner