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Wiener Staatsoper: Giuseppe Verdi RIGOLETTO Derniere der 3. Serie

14.09.2015 | KRITIKEN, Oper
Ambrogio Maestri mit Elena Maximova

Ambrogio Maestri mit Elena Maximova

Wiener Staatsoper
“RIGOLETTO”
13.9.2015 Derniere der 3.Serie
14.Aufführng in dieser Inszenierung

 

Keine Frage, es fällt einem schwer, nicht in Euphemismus zu verfallen bei der Betrachtung des Staatsopernstreams der jüngsten Serie des Rigoletto, auch wenn er nur in verminderter Qualität aber immerhin in HD sofort auf You Tube zu sehen war. Was hätten wir gegeben, wenn diese Technik schon in der so viel gepriesenen “guten alten Zeit” zur Verfügung gestanden hätte, also einer Zeit, die nur Tonaufnahmen aus dem Studio oder Mitschnitte in schrecklich schlechter Qualität, wohl aber den Glanz ganz großer Namen hinterlassen hat!
Jetzt haben wir grandiose Technik aber nur mehr Wenige der großen Namen! Umso mehr ist dieser Stream der Wiener Staatsoper aber wegen seiner Qualität sehenswert, denn er vermittelt in hauseigener Bildregie den unmittelbaren Eindruck eines im Parterre sitzenden Betrachters der Szene und ist frei von jenen Manierismen der Bildregisseure in den TV-Anstalten, die bei Übertragungen uns mit Details von belegten Zungen, Schweißtropfen auf den Stirnen, geschwollenen Halsadern und Zahnplombendetails der Sänger ins Haus liefern, dazu oft genug bei Konzerten wilde Schwenks durch den Saal oder dem Veranstaltungsort. Oper ist nun einmal eine Kunstform der Distanz, das Handwerk des Singenden muß nicht immer deutlich sichtbar werden in Stirnfalten, flackernden Gaumenzäpfchen oder aufgerissenen Mündern!
Nun scheint ja die Schwarze Katze, die der Direktor als Schadensverursacherin der ersten Serien gefunden zu haben glaubt auch tatsächlich gebannt, diese Regie geht allerdings auch früher als notwendig in die Routine des Repertoirealltags ein. Ambrogio Maestri kann naturgemäß die außerordentliche Gestaltung der Titelrolle des unglücklichen Premierensängers nicht ersetzen, sein Spiel bleibt in minimalistischer Mimik und einigen Handbewegungen stecken, statt des aufsehenerregenden Stunts vor den Höflingen wird der Sänger fürsorglich die Stufen hinuntergeführt. Dafür geizt Maestri nicht mit seinem enormen baritonalen Material, läßt Stentortöne mit achtbarem Squilloeffekt auf die Höflinge niedergehen (und erinnert dabei an den einst so erfolgreichen Aldo Protti in dieser Oper) ohne zu vergessen, seiner Tochter ein einfühlsamer Duettpartner mit ausgezeichneter Diktion zu sein. 1983 hatten der damalige Premierendirigent (Riccardo Muti) und sein Rigoletto (Renato Bruson) einen Buhorkan über sich ergehen lassen müssen, weil diese die Notierungen der Akuti im Racheduett und in der Schlussszene gemäß Partitur unter Nichtbeachtung üblicher Effekte exekutierten. Gestern war ebenfalls die Partitur angesagt, Protest gab es dafür allerdings keinen mehr.

Aleksandra Kurzak , Gilda

Aleksandra Kurzak , Gilda

Fern von jedem Soubretten-Klischee gab Aleksandra Kurzak eine innige Gilda mit lyrischen Tönen und sanft verklingendem Pianissimo in ihrer Arie. Dass sie nur eine Minimalversion der Schlussverzierung sang, tat der Leistung keinen Abbruch, warum sie sich nur auf einem schmalen Tischchen zur Nachtruhe begeben darf, bleibt ein Rätsel.
Weder als Figur noch gesanglich überzeugte Celso Albelo so richtig als Duca von Mantua, der ja eher samt seiner abgewirtschafteten Finca von der Regie zu einem Drogenbaron aus Südamerika abgewertet wurde und dessen, von der Musik vorgegebene Leichtigkeit in den Höhenregionen zur Lautstärke eines Otello´s anwuchs. Per se beachtlich, aber nicht stückgerecht. (Zumindest in natura, beim Stream wirkte er durch Regelung gebändigt) Die Stimme in allen Lagen zu beherrschen, diese Lektion hat er bei Bergonzi offenbar geschwänzt, was aber nicht heißt, dass er in dramatischeren Rollen des Zwischenfachs seine Chance bekommen sollte.
Das mordende Pärchen wirkte in seiner Verkleidung wenig beängstgend, Elena Maximowa ist eine Maddalena mit Schulmädchensex zum Liebhaben und ihr Bruder, Michele Pertusi, scheint kaum gefährlich als gedungener Mörder.
Aus der Schar der Comprimarii ragten Manuel Walser und Clemens Unterreiner als Marullo und Ceprano hervor, auch Andrea Carroll machte als Page ausdrücklich auf sich aufmerksam, während Alexandru Moisiuc wenig für die Ehre seiner Tochter einzusetzen hatte.
An einem Serienende sind Dirigent einerseits und Orchester und Chor schon bestens aufeinander eingestimmt, Evelino Pidò lieferte einen in den Tempi zügigen Verdi ab, die Betonung lag sehr auf der Dramatik etwa jener des Gewitters im letzten Akt, mehr zu verspürendes Brio und federnde Leichtigkeit für den Frauenverführer wäre ein Gewinn für die Wiedergabe.
Das Publikum im nahezu voll besetzten Haus ließ sich zu herzlichem Schlußapplaus verführen.

Peter Skorepa
MERKEROnline

 

P.S.:
Die nächste Serie des Rigoletto ist wieder unter Evelino Pidò am 22., 25., 28. und 31 Jänner 2016 zu sehen. Angesetzt sind Juan Diego Flórez, Carlos Alvarez, Olga Peretyatko, Ain Anger und Nadia Krasteva.

Das Lob für den Staatsopernstreams erfolgt aus freien Stücken des Rezensenten!

 

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