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SOFIA: SAMSON ET DALILA

24.12.2014 | Allgemein, Oper

 

SOFIA: SAMSON ET DALILA am 21.12.2014

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Nadia Krasteva. Foto: Viktor Viktorov

 7 Aufführungen der neuesten Produktion der Sofioter Staatsoper sind wohl für die bulgarischen Musikfreunde nicht ausreichend. Bis zum letzten Platz füllten sie den Saal für die Nachmittagsaufführung an diesem  Sonntag, die auf dem Programmplakat vorerst als die letzte dieser Oper angekündigt ist. Man kann dieses große Interesse folgendermaßen erklären: Erstens brennt das bulgarische Publikum darauf, unsere einheimischen Stars zu sehen. Sie werden auf die Weltbühnen eingeladen, aber finden seltener in ihren Terminkalendern Platz für Auftritte in ihrer Heimat, wo die Bedingungen dafür weit bescheidener sind. Deswegen kehren unsere großen Sängerdarsteller hauptsächlich für Konzerte und Rezitals nachhause zurück, falls überhaupt.

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Endrik Wottrich, Nadia Krasteva. Foto: Viktor Viktorov

Es war ein echtes vorweihnachtliches Geschenk für die Opernfreunde, der großartigen Mezzosopranistin Nadia Krasteva applaudieren zu dürfen. Und zweitens gelingt es der Leitung der Sofioter Oper bereits seit einiger Zeit, das Interesse ihres Publikums an ganz neuen oder vollkommen vergessenen Werken aus dem Opern-Repertoire zu erwecken und wachzuhalten. Dies war der Fall mit Wagners Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“, der zum ersten Mal auf dem Balkan vollständig aufgeführt wurde und eine Sensation mit internationalem Nachklang verursachte. Nun ist dies wieder der Fall mit der Oper von Camille Saint-Saëns, ein Werk, das in den letzten 80 Jahren in Sofia nicht aufgeführt wurde. (Davor gab es zwei Aufführungen 1923 und 1932, sowie eine von 1968 in der Oper der Stadt Russe).

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Nadia Krasteva. Foto: Viktor Viktorov

Abgesehen davon, dass sie in der Hauptpartie der  Dalila glänzt, spielte Nadia Krasteva eine entscheidende Rolle bei der Auswahl dieses Werkes. Sie äußerte ihren Wunsch, auf einer einheimischer Bühne eben diese Rolle zu singen. Für sie ist dies „eine göttliche Musik“. Sie gesteht auch, dass ihr Debüt in der Rolle der Dalila in den USA besonders erfolgreich war und dass sie wunderschöne Erinnerungen an den begeisterten Empfang hat. Das bulgarische Publikum kennt bereits ihre feurige Carmen. Es liegt nahe, diesen Erfolg mit einer anderen leidenschaftlichen  Figur fortsetzen –mit der Dalila. Zudem besitztNadia Krasteva eine kräftige, in jeder Hinsicht wohlklingende Stimme, ein dunkel gefärbtes Timbre, ein effektvolles Aussehen, sowie die schauspielerische Fertigkeit, also alles, was für die Wiedergabe dieses Charakters notwendig ist. Vom szenischen und musikalischen Gesichtspunkt her passt Dalila vollkommen zu Nadia Krasteva und dies wird sicherlich ihre nächste berühmte Rolle sein.

Die Zusammenarbeit mit dem deutschen Tenor Endrik Wottrich als Samson bringt Charisma und weitere Farben in die Inszenierung ein. Nach „Fidelio“ im letzten Jahr ist er jetzt ein zweites Mal zu Gast in Sofia . Wottrich stellt mit seiner Körper- und Stimmkraft die Person eines von Liebeskummer gequälten Charakters dar, der sich der weiblichen Verschlagenheit beugt. Ein großer Vorteil dieses Bühnenpaares ist die Kraft des Gesanges, der von ständigem Stimmungswechsel beider Charaktere begleitet wird, nämlich der Verführerin, die sich in eine Mörderin verwandelt, und des Helden, der seinem Volk Kraft gibt, aber von der eigenen Leidenschaft erschüttert wird. 

Der Oberpriester des Dagon war Biser Gheorgiev; Abimélech – Veselin Michajlov; Ein alter Hebräer – Angel Christov; Bote der Philister – Chrisimir Damjanov; Erster Philister – Plamen Papazikov; Zweiter Philister – Anton Radev.

 Erich Wächter, der seit der letzten Saison Hauptdirigent der Sofioter Staatsoper ist, nimmt die Herausforderung an, das sehr exotische musikalische Bild, welches von Camille Saint-Saëns geschaffen wurde,  wiederzugeben. Er gibt zu, dass er ziemlich spät in seiner Karriere nach diesem Stück gegriffen hat; er hat es zum ersten Mal erst vor drei Jahren dirigiert. „Ich habe mit Nadia Krasteva vorher nicht gearbeitet, bin aber mittlerweile besessen vom Talent dieser Sängerin. Ich bin bloß ihrer Stimme mit dem Taktstock gefolgt“ – teilt freimütig der deutsche Maestro der Presse mit. Unter seinem Dirigat zeigen Orchester und Chor unseres Staatlichen Operntheaters ihr Maximum. 

Der Regisseur Hugo de Ana, der durch seine besonderen Regie-Lösungen und seine komplexe Arbeit bekannt ist, stellt große Anforderungen sowohl an die Solistin Nadia Krasteva als auch an das ganze Ensemble. Sie müssen einen homogenen Teil der Gesamterscheinung darstellen, indem sie sich auch an den Ballettszenen beteiligen. Wie es zu erwarten war, legte Hugo de Ana die Betonung wieder auf eine auf Lichteffekten basierende Szenografie. Charakteristisch für seine Auswahl der Kostüme ist der Zusammenstoß zwischen den asketischen Gewändern der Hebräer und den kitschigen Gewändern der Philister, die im letzten Akt der Oper den Tempel in ein echtes Kabarett verwandeln.

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Nadia Krasteva und Ensemble. Foto: Viktor Viktorov

Im Allgemeinen kann man auf einen triumphalen Abend für Nadia Krasteva hinweisen, sowie auf ein begeistertes Publikum, einen lang andauernden Applaus für die Solisten, den Chor, das Ballett und den Dirigenten nach dem finalen Fallen des Bühnenvorhanges.   

Irena Gadeleva (Bulgarisches National Radio), Boriana Yossifova (Korrespondentin des BNR in Wien)

 

 

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