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Zum Thema Kulturdenken in Österreich: SEESTADT ASPERN – gar nur ein smarter Etikettenschwindel?

03.05.2021 | Themen Kultur

Zum Thema Kulturdenken in Österreich:

SEESTADT ASPERN – gar nur ein smarter Etikettenschwindel?

Bauen und Energie - aspern Seestadt

Foto: Stadt Wien

Eng, eng, eng aneinander gereiht sind sie, die neuen schmucken Häuser in der Seestadt Aspern. Am nordöstlichem Rande von Wien, auf dem fruchtbaren Boden des beginnenden Marchfeldes als Stadtentwicklunsgprojekt hingestellt. Überwiegend sehr saubere doch zubetonierte schmale Gassen oder breitere Straßen ohne Grünschmuck, Häuser an Häuser geschachtelt. Schachtelbauten. Ja, es sind so richtige Schachtelbauten, welche hier von den Investoren der Immobilienbranche aufgereiht wurden. Und es wird im Areal mehr und mehr erweitert und emsig herumgebastelt.

Nicht wenige der Häuser haben zwar ihren eigenen, doch nicht wirklich stilvoll auftrumpfenden Charakter. Deren Problem: Alle, alle, alle wirken wie sterile Kuben, die wohl zusammengebunden, zusammengeflochten sind, aber sich gegenseitig nicht so gern schmecken wollen. Steril: Alles ist auf eine horizontale Linie ausgerichtet, einen elegant geschwungen Bogen, gelegentlich ein kleines heiteres barockes Elemente wird man wahrscheinlich vergeblich suchen. 

Die so beworbene Seestadt, ist sie ein Baujuwel? Wohl für Immobilienhaie, für bevorzugte Architekten, für einige der Stadtpolitiker. Und für die Bewohner? Wahrscheinlich, könnte sogar toll sein, wenn die Behausungen der Zugezogenen als moderne Heime ausgestattet sein sollten und alle Annehmlichkeiten bieten würden. Die Infrastruktur dürfte wohl stimmen. Doch, wohin man blickt und nach architektonischen Schönheiten Ausschau hält, in den Straßenschluchten oder rundum in das sich erweiternde, jetzt noch öde weite Bauland – die diversesten Arten von Kuben stechen ins Auge. Wohin man blickt wird gebaut, weiter und weiter gebaut. Auch wenn aktuell von einem geplanten neuen Park im zum Verbauen aufbereiteten Gelände gesprochen wird: Die synthetische Stadt wächst und wächst, ein Würfel wird neben den anderen gesetzt.

Der derzeitige übergroße Druck am Wohnungsmarkt mag solch ein Planen ohne Sensibilität und Stilgefühl einer Immobilienentwicklungsgesellschaft mit schönen werbenden Worten wohl legitimieren. Doch es scheint hier reinen Sachzwang zu geben, einen ökonomischen (auch Gier) wie politischen. Zur Zeit befinden sich die Bauarbeiten in Etappe zwei. Ab 2022 sind dann die vorgegebenen Ziele der Bau-Etappe drei: ‚Weitere Verdichtung der Bauten an der U-Bahn-Trasse und Verbesserung des Nutzungsmix.‘

Betreffend den Namen Seestadt für dieses Bauland, ist dies nicht ein smarter Etikettenschwindel? Da stimmt etwas nicht: Wo ist der See? Da ist zwar ein kleines künstliches Gewässer, bisschen grüngiftig in der Färbung (wohl nur an einem grauen Nachmittag), doch eine belebende, erfrischende, beglückende Wasserwelt? Ist nirgends zu entdecken. Ein echter Wiener würde dazu sagen ….. nur a klane Lack´n. Ist dieser ältere Jüngling, durchaus adrett wirkend, auch ein echter Wiener gewesen, der dort am späteren Abend auf der öden Böschung des nahen gegenüberliegenden Ufers gestanden ist und zaghaft in die Dämmerung hinein gerufen hat: „Undine …. ?“, „Undine …. ?“ Fragend hat es über die Wasserfläche getönt. Zu sanft, zu leise gerufen. Keine Undine hat sich gezeigt, auch kein Wassermann. Ruhe. Nach einer Pause war, schon etwas kräftiger, wohl auch mit einem Anzeichen von leichtem Unmut fragend zu hören:“ Donauweibchen …. ?“ Und nochmals: „Donauweibchen …. ?“ Nein, der verträumt nach romantischer Ästhetik suchende Schöngeist, der hat hier keine Chance.

 

Meinhard Rüdenauer

 

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