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ZÜRICH/ Tonhalle: WAR-REQUIEM von Benjamin Britten.  Gibt es derzeit eine passendere Botschaft für die Wiedereröffnung?

08.10.2021 | Konzert/Liederabende

Benjamin Britten: War Requiem • Tonhalle Zürich • Vorstellung: 07.10.2021

 Gibt es derzeit eine passendere Botschaft für die Wiedereröffnung eines der wichtigsten Konzerthäuser der Welt?

Nach dem Eröffnungskonzert unter Music Director Paavo Järvi fällt Kent Nagano die Ehre zu, als erster Gastdirigent mit dem Tonhalle-Orchester in der frisch renovierten Tonhalle am See aufzutreten. Er dirigiert Benjamin Brittens «War Requiem» op. 66.

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Foto © Georg Aerni

Naganos Gastspiel mit dem «War Requiem» stand bereits 2020, aus Anlass des 75. Jahrestags des Kriegsendes, auf dem Programm. Auf Grund der Pandemie konnte die Aufführung aber nicht stattfinden.

Brittens «War Requiem» liegt Nagano besonders am Herzen, weil er den Komponisten als einen der Grössten des 20. Jahrhunderts betrachtet und, so hätten Musiker und Publikum durch die Praxis regelmässiger Aufführungen entschieden, das Requiem uns heute immer noch viel zu sagen habe. Für das Werk, das nicht nur an die Opfer des Kriegs, besonders der Bombardierung Coventrys durch die deutsche Luftwaffe in der Nacht vom 14. auf den 15. November 1940 erinnert und zugleich, uraufgeführt zur Einweihung der neuen St. Michaels Cathedral am 30. Mai 1962, zur Versöhnung mahnt, trifft das auf jeden Fall zu. Wer möchte, kann nicht nur den Krieg und seine Auswirkungen, sondern das Wesen menschlicher Tragödien an sich verhandelt sehen. Die Leiden des Kriegs, ob Erster Weltkrieg, in dem Owens fiel, oder Zweiter Weltkrieg, in dem Coventry quasi ausgelöscht wurde, und die Auswirkungen der gegenwärtigen Pandemie gleichzusetzen, ist doch sehr heikel und gefährlich. Gerade auf Grund der Qualitäten des Werks hat seine Aufführung eine wie auch immer geartete Legitimation, sei es über die Auswirkungen der Pandemie oder als passende Botschaft zur Wiedereröffnung eines Konzerthauses («Gibt es derzeit eine passendere Botschaft für die Wiedereröffnung eines der wichtigsten Konzerthäuser der Welt?»), schlicht nicht nötig.

Im Magazin der Tonhalle (https://tonhalle-orchester.ch/site/assets/files/235986/psz-202169_magazin_tonhalle_web_neu.pdf) beschreibt Dirigent Kent Nagano das Finden der Balancen zwischen Chor und Orchester, zwischen zarten, innigen und kraftvollen Passagen, die Verbindung von Fragilität und Vitalität als die Herausforderungen einer Aufführung. Mit dem Tonhalle-Orchester Zürich, der Zürcher Sing-Akademie (Einstudierung: Florian Helgath) und den Zürcher Sängerknaben (Einstudierung: Konrad von Aarburg und Alphons von Aarburg) gelingt es Nagano die Herausforderungen auf beeindruckende Art und Weise zu meistern. Die auf der Bühne platzierten Ian Bostridge (Tenor) und Russell Braun (Bariton) meistern ihre Parts schlicht perfekt. Die Textverständlichkeit der seitlich platzierten Georgia Jarman (Sopran) lässt stellenweise doch zu wünschen übrig.

Die hervorragende Akustik der frisch renovierten Tonhalle macht den Abend zum Erlebnis.

Weitere Aufführungen: 08.10.2021, 19.30.

08.10.2021, Jan Krobot/Zürich

 

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