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ZÜRICH/ Tonhalle: NOSEDA IN DER TONHALLE 

Benvenuto Gianandrea Noseda!

19.12.2019 | Konzert/Liederabende

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Gianandrea Noseda. Foto: Youtube

Zürich: NOSEDA IN DER TONHALLE   – Besuchtes Konzert: 18.12.2019    

Benvenuto Gianandrea Noseda!

Wenn Gianandres Noseda 2021am Opernhaus Zürich als neuer GMD antritt, hat er immerhin schon mal in der Tonhalle Zürich sein quasi „Debut“ gegeben. Er ist zwar kaum ein Neuling, aber nun war die Erwartungshaltung doch eine andere und – Hand aufs Herz – auch eine höher geschraubte.

Mit Antonín Dvořáks Sinfonischer Dichtung „Die Waldtaube“ – einem romantisch verträumten und von Waldgeistern durchzogenen Stück – eröffnete Gianandrea Noseda mit dem blendend disponierten Tonhalle-Orchester das Konzert. Durch genaue Zeichengebung, Hinwendung zu den betreffenden Instrumentengruppen und geistig alerte Kontrolle hielt der Dirigent die Balance, ohne in schwärmerische Romantik abzugleiten.

Mit Maurice Ravels Klavierkonzert in G-Dur konnte dann der italienische Maestro alles an Klangfarben, Jazz-Rhythmik und Intensität herausholen, um den virtuosen Pianisten Bertrand Chamayou in seinem hinreissenden Spiel zu unterstützen. Chamayou, der zunehmend von sich reden macht und die arrivierten Tastenvirtuosen das Fürchten lehrt, ist ein bescheiden auftretender Gentleman. Nicht so aber sein Klavierspiel, das er quasi mit links hinwirft und das umso faszinierender wirkt, je tiefer er sich in das Ravelsche Meisterwerk versenkt. Nach dem 1. Satz, der mit seinen Jazz-Anklängen offenbar immer noch das Konzert-Publikum amüsiert, widmet sich der französische Pianist mit einer klanglichen Delikatesse sondergleichen, einer feinen Anschlagstechnik und einer schlanken Phrasierung dem 2. Satz, der Adagio assai überschrieben ist. Danach stürzen sich Pianist, Orchester und Dirigent in das Presto des 3. Satzes, der nur leider viel zu schnell an uns vorüber gerauscht ist. Tobender Applaus für die Ausführenden. Chamayou setzte sich für eine Zugabe an den Flügel: In Ravels „Pavane pour une infante défunte“ – wovon es auch eine Orchesterversion gibt – überzeugt uns der Pianist mit seiner eleganten und differenzierten Interpretation des melancholischen Werkes.

Nach der Pause trat das Tonhalle-Orchester im Gross-Aufgebot für die Sinfonische Dichtung „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss an. Jeder kennt natürlich die Anfangs-Fanfare der Blechbläser, aber dann gibt es auch unglaubliche Stellen von erstaunlich moderner Harmonik – wie die Passage mit den Celli und Kontrabässen – und fast süsslich klingende Geigen-Soli vom Konzertmeister Jaewon Kim hervorragend gespielt, was das unglaublich populäre Werk (wohl durch den Film bedingt) an geheimnisvollen Schätzen birgt. Noseda dirigierte das Werk höchst spannend, ohne je den grossen Bogen ausser acht zu lassen. Dabei vernachlässigte er kein Detail, sodass die ganze Partitur selten so transparent, bei aller Klangfülle, ausgebreitet wurde. Man hatte übrigens bei der Orchesteraufstellung die Streichquartett-Formation gewählt, also von links nach rechts: 1. Geigen, 2. Geigen, Bratschen und ganz rechts dann die Celli und dahinter die Kontrabässe. Eine grandiose Wiedergabe dieses nicht ganz unumstrittenen Werkes. Félicitations!

John H. Mueller

 

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