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ZÜRICH/ Theater im Seefeld: DIE EIFERSÜCHTIGEN von Joachim Raff (1822 – 1882). Uraufführung)

17.09.2022 | Oper international

Joachim Raff: Die Eifersüchtigen • Theater im Seefeld, Zürich • Vorstellung: 16.09.2022

(3. Vorstellung • Uraufführung am 03.09.2021)

Eine lohnende Entdeckung!

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Anlässlich seines 200. Geburtstags erlebt der in der Schweiz geborene Komponist Joachim Raff im Moment eine veritable Renaissance. Seit der Uraufführung der «Dame Kobold» 1870 wurde keines von Raffs Bühnenwerken mehr aufgeführt. Nach der Produktion der «Dame Kobold» am Theater Regensburg (24.10.2020) erlebten nun die bis anhin nicht aufgeführten «Samson» (11.09.2022) und «Die Eifersüchtigen» (03.09.2022) ihre Uraufführung.

Joachim Raff wurde am 27. Mai 1822 in Lachen SZ am Obersee (oberer Teil des Zürichsees) geboren, wohin sein Vater Franz Josef geflohen war, um einer Zwangsrekrutierung im französisch besetzten Württemberg zu entgehen. Franz Josef Raff fand eine erste Zuflucht im Zisterzienser-Kloster Wettingen AG, von wo aus er 1817 als Lehrer nach Lachen engagiert wurde. Die bescheidenen Einkünfte des Schulmeisters erlaubten dem jungen Joachim keine umfassende institutionelle Schulbildung. Einige Jahre besuchte er das Jesuiten-Kollegium in Schwyz SZ. Hier entwickelten sich aber das ihn das ganze Leben begleitende Selbstbewusstsein und sein eiserner Wille (Sturheit). Ein kurzes Intermezzo als Dolmetscher des päpstlichen Nuntius in der Schweiz machte Rapperswil auf ihn aufmerksam, das ihn sogleich als Lehrer engagierte. Raff war schon früh klar, dass er Komponist werden wollte und so gab er die Stelle als Lehrer bald auf.

1845 erfuhr Raff, dass Franz Liszt, sein grosses Vorbild, in Basel ein Konzert geben würde. Da er kein Geld für die Kutschfahrt hatte, musste er den, in strömendem Regen so die Legende, zurücklegen. Alle Plätze waren ausverkauft, aber Liszt erfuhr von seinem willensstarken Fan und ermöglichte ihm das Konzert trotzdem zu erleben. Die Anstellung als Sekretär, die Liszt ihm anbot, lehnte Raff ab, bat ihn aber ihn an ein Musikalienhandlung zu vermitteln, den er wolle weiter lernen. Nach den Jahren in verschiedenen Musiverlagen und als Musiklehrer kehrte Raff um 1849 zu Liszt, mit dem er sich zerstritten hatte, nach Weimar zurück und wurde dessen Assistent. Er komponierte weiter fleissig und konnte mehr und mehr Erfolge, so auch mit seiner Oper «König Alfred», feiern. Seine wenig diplomatische Art mag mit ein Grund dafür gewesen sein, dass die Verlage zwar einzelne Werke veröffentlichten, ihm aber keinen festen Vertrag geben wollten. 1853 ging er mit Doris Genast, der Tochter des Direktors des Weimarer Hoftheaters, die er 1859 heiraten wird, nach Wiesbaden. Der Erfolg nimmt stetig zu und 1861 gewann er bei einem Musikwettbewerb der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien den ersten Preis.  1878 wurde er der erste Direktor des Hoch’schen Konservatoriums in Frankfurt am Main, das dank seines Schaffens schnell einen internationalen Ruf erlangte: Damit hatte sich sein sehnlichster Wunsch nach einer gesicherten Existenz erfüllt. Aber schon am 24. Juni 1882 verstarb Raff an Herzversagen.

Gehörte Raff zu Lebzeiten zu den am häufigsten gespielten Komponisten, geriet sein Werk nach dem Tod in Vergessenheit. Zu den Gründen dafür dürften der Umfang seines Schaffens und sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein zu zählen sein.  Raff komponierte so viel, dass seine Werke den Status des Besonderen verloren. Und sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, sei es in Form mangelnder Diplomatie, sei es in Form von «Beratungsresistenz», dem Nicht-Berücksichtigen von Publikumsgeschmack und Mode-Erscheinungen, dürften ihm so manchen Stein in den Weg gelegt haben. In einer Zeit zwischen «Ring des Nibelungen» (1876) und «Parsifal» (1883) dürften ein Verweis auf die Tradition der italienischen Opera buffa («Die Eifersüchtigen») und eine Wagner-kritischen Schrift («Die Wagnerfrage – Kritisch beleuchtet») kaum Aussicht auf grosse Popularität geboten haben.

Die Musik zu «Die Eifersüchtigen» ist ein Resümee der italienischen Oper des 19. Jahrhunderts. Sie lässt hören, dass Raff sich in seiner Zeit in den Verlagshäusern eine breite Repertoire-Kenntnisangeeignet hat und das Talent und die Fähigkeit hatte, diese eigenständig umzusetzen. Das Orchestra of Europe setzt unter der Leitung von Joonas Pitkänen (eingesprungen für David Fior) hochkonzentriert und mit grosser Spielfreude um. Die bestens ausgeführten solistischen Passagen verweisen auf Raffs Instrumentierungs-Kunst.

Martin Roth gibt den Florentinischen Edelmann Don Geronimo mit sonorem Bariton. Benjamin Popson lässt als sein Sohn Don Claudio wunderschönes Metall und strahlende Höhen erklingen. Serafina Giannoni singt seine Nichte Donna Rosa mit leicht dramatischem, wunderbar hell und klaren Sopran. Die Überraschung des Abends ist Matthias Bein Don Giulios Kammerdiener Beppino. Mit grossartiger Bühnenpräsenz und wohlklingendem, charakteristischem Bariton und bestens dosierter Komik zieht er die Fäden. Mirjam Fässler singt Donna Rosas Kammerzofe Ninetta mit gepflegtem, verführerischen Mezzosopran. Balduin Schneeberger als Don Giulio, Edelmann aus Padua und Raísa Ierone als seine Schwester Donna Bianca ergänzen das hörenswerte Ensemble.

Die luftig-leichte Regie und das Bühnenbild hat Stephan Grögler besorgt, die farbenfrohen Kostüme stammen von Nathalie Péclard.

Eine lohnende Entdeckung!

Weitere Aufführung: 17.09.2022.

17.09.2022, Jan Krobot/Zürich

 

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