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ZÜRICH/ Opernhaus: SIMON BOCCANEGRA. Wiederaufnahme

28.09.2024 | Oper international

Giuseppe Verdi: Simon Boccanegra • Opernhaus Zürich • Wiederaufnahme: 27.09.2024

(Premiere am 06.12.2020)

Sie hat ihn berührt! Tatsächlich, sie hat ihn berührt!

Ausnahmen bestätigen die Regel. Und dieser «Simon Boccanegra» ist eine dieser Ausnahmen.

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Foto © Monika Rittershaus

Andreas Homokis Inszenierung des Simon Boccanegra entwickelt sich – trotz ihres Kults mit den Corona-Bedingungen wie dem grausam verzerrt eingespielten Chor. Und das, obwohl doch bei der szenischen Premiere versichert wurde, es werde auch über die Corona-bedingten Abstandsregeln hinaus an der Inszenierung festgehalten, da das Konzept volle Berechtigung und Gültigkeit habe. Gabriele muss, wenn er zum Rendezvous mit Amelia kommt, immer noch durchs Fenster einsteigen. Das Duett darf dann aber mit 1,9 und nicht mehr 2 Metern Distanz gesungen werden. Und am Schluss darf Amelia ihren Gabriele sogar kurz berühren. Die weiteren Konstanten der Produktion bleiben aber unangetastet. Die Drehbühne ist immer noch Lüfter und die Logik der Verwendung des Vorhangs bleibt schwer nachvollziehbar. Das Bühnenbild von Florian Schaaf basiert auf den mittlerweile auch aus anderen Produktionen sattsam bekannten hohen Räumen gründerzeitlicher Altbauten. Es ist neutral genug, so dass sich auch ein Dutzend andrer Opern darin aufführen liesse. Erst die Ausstattung von Christian Schmidt verleiht der Bühne eine Minimum an Aura. Das Bootswrack aber steht symbolisch für diese wie viele andere Produktionen des Hauses: Gut gedacht, aber nicht schlüssig umgesetzt. Die Idee (Skelett) würde funktionieren, wenn sie schlüssig umgesetzt wäre (Planken). Die Inszenierung ist unter Corona-Bedingungen entstanden und das Zürcher Konzept, unter diesen Bedingungen zu produzieren, uneingeschränkt zu loben. Ein Grund unter Normalbedingungen an diesem Konzept festzuhalten, ist allerdings nicht festzustellen.

In musikalischer Hinsicht ist der Abend eine Sternstunde. Das Dirigat von Paolo Arrivabeni ist von tiefer Werk-Kenntnis und wahrem Künstlertum geprägt. Maestro Arrivabeni entlockt der phänomenal, ja entfesselt aufspielenden Philharmonia Zürich magische, kaum je gehörte Klänge. Das Kollektiv wie die einzelnen Register überzeugen uneingeschränkt und was aus dem Graben kommt, reisst die Bühne mit.

George Petean, als Simon Boccanegra für den erkrankten Christian Gerhaher in dieser und der folgenden Vorstellung einspringend (Stand 28.09.2024), befindet sich wie bei konzertanten Cheniers vom Saisonschluss stimmlich in absoluter Höchstform und reisst das Publikum mit balsamischem Wohlklang und intensivem Spiel zu Begeisterungsstürmen hin. Mit ungewohnter Bühnenpräsenz und souverän belcantistisch geführtem Bass ist ihm Christof Fischesser ein Konkurrent auf absoluter Augenhöhe. In dieser Form erinnern die beiden an frühere Zürcher Aufführungen des «Simon Boccanegra». Omer Kobiljak gibt den Gabriele Adorno mit strahlendem Tenor und viel Schmelz. Das Kräfte-Management war an diesem Abend nicht ganz optimal, wurde aber durch Spielfreude und Leidenschaft mehr als wettgemacht. Jennifer Rowley kann als Amelia Grimaldi mit den drei Herren nicht ganz mithalten. Sie führt ihren höhensicheren, farbenreichen Sopran tadellos, aber der schlanke Klang verschwindet rasch wieder. Andrew Moore gibt den Paolo Albiani mit strahlendem, wunderbar kernigem Bass-Bariton und empfiehlt sich für die Zukunft. Brent Michael Smith ist ihm als Pietro ein absolut ebenbürtiger Partner. Maria Stella Maurizi als Magd Amelias und Maximilian Lawrie als Hauptmann der Armbrustschützen ergänzen das traumhafte Ensemble.

Der Chor der Oper Zürich (Choreinstudierung: Janko Kastelic), auf der Bühne vertreten durch den Statistenverein am Opernhaus Zürich, wird aus dem Chorsaal eingespielt. Warum daran festgehalten wird, und warum der Gesang durch übertriebenen Hall so verfremdet wird, bleibt unklar. Das Ganze wirkt ein bisschen, als ob man auf dem Weg vom Operettenhaus der letzten Saison zum Opernhaus dieser Saison noch nicht ganz angekommen wäre.

Ein Zuschauer hat es auf den Punkt gebracht: Endlich wieder ein Pereira-Abend.

Weitere Aufführungen: Fr. 04. Okt. 2024, 19.00; So. 13. Okt. 2024, 13.00; Sa. 19. Okt. 2024, 19.00; Fr. 25. Okt. 2024, 19.00.

27.09.2024, Jan Krobot/Zürich

 

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