Giuseppe Verdi: Rigoletto • Opernhaus Zürich • Wiederaufnahme: 20.12.2025
(Premiere am 03.02.2013)
Es gibt noch Luft nach oben
Kurz vor den Feiertagen hat das Opernhaus Zürich Verdis «Rigoletto» wieder in den Spielplan aufgenommen. Der Eindruck der Wiederaufnahme ist sehr durchwachsen.

Foto © Toni Suter
Tatjana Gürbacas (Inszenierung) «Rigoletto» funktioniert weiterhin (mutmasslich) im Sinne seiner Schöpferin, ist dabei aber alles andere als werkdienlich oder gar werkgerecht. Das Einheitsbühnenbild (Bühnenbild und Lichtgestaltung: Klaus Grünberg) der leeren Bühne mit Riesentisch und Stühlen nivelliert jegliche der Geschichte inhärente Spannung und plafoniert die Erzählung zu einer mühsam werdenden Aneinanderreihung von musikalischen Nummern, die zudem noch durch die unvermeidliche Lärmigkeit der Inszenierung beeinträchtigt werden.
Francesco Ivan Ciampa hat die musikalische Leitung des Abends inne und wählt teilweise recht gemächliche Tempi. Das Orchestervorspiel ist wenig akzentuiert und die Banda der Introduktion im Verhältnis zum Orchester deutlich zu laut. Im Laufe des Abends gewinnt die Gestaltung von Tempi und Lautstärke an Schlüssigkeit. Das Orchester der Oper Zürich präsentiert sich erneut in blendender, ja überragender Verfassung. Jede der Instrumentengruppen überzeugt mit frischem, virtuosem, höchst wohlklingendem Spiel. Mit der gleichen Spielfreude widmet sich der Chor der Oper Zürich (Einstudierung: Klaas-Jan de Groot) seiner Aufgabe.
Liparit Avetisyan kann an diesem Abend nicht wirklich überzeugen. Die Stimme klingt häufig wie ein Tenore di grazia weitab heimischer Gefilde und wird häufig vom Orchester zugedeckt. Trotz erkennbarem Stilbewusstsein sucht die kleine, aber feine Stimme Avetisyans, um doch noch «Wirkung» zu erzielen, häufig bei veristischen Stilmitteln Zuflucht. In der Cabaletta «Possente amor mi chiama» («Mächtig ruft mich die Liebe») wirkt die Liebe nicht besonders potent. Das Vibrato ist und bleibt Geschmacksache und die Intonation und Diktion sind stellenweise unsauber. Luca Salsi hat das Potential zum führenden Rigoletto unserer Tage zu werden. Die grosse Stimme trägt souverän im ganzen Haus und lässt eigentlich nichts zu wünschen übrig. Am stärksten gelingt ihm das «Cortigiani, vil razza dannata» («Höflinge, verdammte, niederträchtige Sippe»). Die Rollendarstellung wirkt an diesem Abend aber noch erstaunlich uneinheitlich: die einzelnen Auftritte wirken noch «unverbunden», Salsi scheint nicht wirklich im Konzept der Inszenierung angekommen. Trotz eher enden wollendem Applaus gönnen er und Minasyan dem Publikum ein «bis» der Cabaletta: «Sì, vendetta» («Ja, Rache, fürchterliche Rache») aus dem Finale des zweiten Akts. Nina Minasyan kann an diesem Abend als Gilda nur sehr bedingt überzeugen. Die Stimme will nicht wirklich tragen und wird immer wieder vom Orchester zugedeckt. Im «Caro nome» («Teurer Name») werden die Höhen nur mit Zögern und Mühe erreicht, einzelne Phrasen klingen unsauber und die Stimme neigt zum Flackern. Der Applaus neigt dazu, sich in Grenzen zu verhalten. Brent Michael Smith begeistert mit einer rundum gelungenen Darstellung des Sparafucile. Sein charakteristischer Bass trägt im ganzen Haus, passt mit seiner dunklen Farbe bestens zur Rolle und gibt ihm so die Möglichkeit zu gestalten. Yajie Zhang gibt ein stimmlich tadellose, szenisch aber eher zurückhaltende Maddalena. Cashlin Oostindië aus dem Internationalen Opernstudio gibt mit tadellos geführtem, gut fokussierten Mezzo die Giovanna. Eine Entdeckung ist Hausdebütant Trevor Haumschilt-Rocha als Conte di Monterone. Endlich ein Monterone, der die Tiefen seiner Partie tadellos meistert und mit seiner Stimme der Figur so Charakter verleiht, dass sein Begehren mit dem Duca zu sprechen nicht schon von Anfang an aussichtslos wirkt! Steffan Lloyd Owen gibt mit klarem, gut fokussiertem Bariton den Marullo. Salvador Villanueva Zuzuarregui und Evan Gray sind für Borsa und den Conte di Ceprano Luxusbesetzungen. Flavia Stricker überzeugt als Contessa di Ceprano mit klarem, perfekt fokussiertem Sopran. Karima El Demerdasch als Paggio della Contessa und Guram Margvelashvili als Usciere ergänzen das Ensemble.
Es gibt noch Luft nach oben.
Weitere Aufführungen: Di 23. Dez. 2026, 19.30; Sa 27. Dez. 2026, 19.30; Do 01. Jan. 2026, 19.00; So 04. Jan. 2026, 20.00.
22.12.2025, Jan Krobot/Zürich

