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ZÜRICH/ Opernhaus: NABUCCO. Premiere

Va, pensiero...

24.06.2019 | Oper

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Anna Smirnova, Michael Volle. Foto: Arte

Zürich: NABUCCO – Premiere 23.6.2019  

Va, pensiero…

Der Opernreisser „Nabucco“ von Giuseppe Verdi war erst seine dritte Oper und ist ein richtiger Hammer. Eine vorwärtsdrängende Handlung, Leidenschaften wie Liebe und Hass, dazu ein politischer Konflikt. Eine fabelhafte Mischung! Dazu tolle Arien, mitreissende Ensembles und grossartige Chöre. Also, was will man mehr? Gebt der Oper, was der Oper ist!

Intendant Andreas Homoki entschied sich für die Situierung der Handlung ins 19. Jahrhundert, als in Italien das Risorgimento aufkam und Verdi selbst zum ideellen Zentrum der Einigungsbewegung wurde. Der Gefangenenchor erreichte denn auch nahezu Nationalhymnen-Status, so eindringlich und bewegend hat der Komponist hier alles auf einen Nenner gebracht.   

An Kostümen (Wolfang Gussmann, der auch für das Bühnenbild zeichnet, und Susana Mendoza) gabs für die herrschende Klasse (sprich: Babylonier) Reifrock, Frack und Zylinder, dagegen für die Unterdrückten (sprich: Hebräer) beigefarbige Alltagskleidung. Auf der Bühne steht von dunklem Hintergrund lediglich eine grosse marmorne Mauer, wohl die Klagemauer, die je nach Situation in verschiedene Positionen gebracht werden kann, sodass Solisten und Chor in einer Dauerbewegung drum herumrennen müssen. Die Sänger und Sängerinnen werden relativ pauschal geführt, ohne tiefsinniges Psychologisieren. Es ergibt sich erfreulicherweise aber nichts an den Haaren Herbeigezogenes, sondern alles funktioniert eigentlich ganz gut. Nur fällt auf, dass alle immer wieder zu Boden fallen müssen. Was das für einen Zweck hat, leuchtet mir jetzt nicht gerade ein…Aber abgesehen davon, hat das Leading-Team eine funktionable Inszenierung auf die Bühne gestellt, in der die Sängerinnen und Sänger sich nicht allzu „fremdbestimmt“ bewegen müssen.   


Michael Volle, Georg Zeppenfeld. Foto: Monika Rittershaus

Nun zu den Sängern: Michael Volle stürzt sich mit seinem ganzen künstlerischen Engagement in die Partie des zerrissenen Babylonier Königs und vermag mit seiner technisch hervorragend gebildeten Stimme alle Details aus der Partie herauszuholen. Manchmal scheint es sogar, dass er fast ein Zuviel an Ausdruck hineingibt. Auf jeden Fall eine hoch qualitative künstlerische Leistung wie bei seinem Gegenspieler Zaccaría. Als dieser ist Georg Zeppenfeld ein unbarmherziger Führer seiner Leute, welcher jedoch – wie Nabucco – gegen Ende der Oper eine Wandlung durchläuft. Es ist eine reine Freude, auch hier dieser flexiblen, gesunden Stimme zuzuhören.

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Anna Smirnova, Michael Volle. Foto: Monika Rittershaus

Abigaille, der gefürchteten Sopranpartie, hat sich die Russin Anna Smirnova angenommen. Die Sopranistin verfügt über das, was man etwas uncharment „Röhre“ nennt. Sie legt sich gleich zu Beginn mit ihrer Riesenstimme ins Zeug und verbucht einen ungeheuer beeindruckenden Auftritt. Bei der grossen Arie allerdings wollen die hohen Töne nicht so recht in den Fokus gelangen. Sehr gut ist die Behandlung der Diktion und des dramatischen Rhythmus. Im Ganzen gesehen ergibt sich eine respektable Leistung.

Als junges Liebespaar waren sehr überzeugend Benjamin Bernheim als lyrisch auftrumpfender Ismaele und Veronica Simeoni als berührende Fenena. Beide vermochten den von Verdi nicht sonderlich bevorzugten Partien Leben und Wärme einzuhauchen. In weiteren Rollen waren Stanislav Vorobyov (Oberpreister), Omer Kobiljak (Abdallo) und Ania Jeruc (Anna) zu hören.

Chor der Oper Zürich, Chorzuzüger und Zusatzzchor (Einstudierung: Janko Kastelic) leisteten Hervorragendes: „Va, pensioro“ wird noch lange in der Erinnerung nachklingen!

Und der Spiritus Rector war wieder auf höchst zuverlässige Weise Maestro Fabio Luisi, dem der Verdi wie ein zweiter Handschuh passt! Bei diesem dramatisch zugespitzten Werk wählte er durchweg zügige Tempi, liess den Sängern auch den Atem für grosse Gesangsbögen und bewährte sich einmal mehr als toller Verdi-Dirigent.

John H. Mueller     

 

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