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ZÜRICH/ Opernhaus: MANON von Jules Massenet. Wiederaufnahme

25.09.2025 | Oper international

Jules Massenet: Manon • Opernhaus Zürich • Wiederaufnahme: 24.09.2025
(Premiere am 07.04.2019)

Ein rauschendes Fest der schönen Stimmen

Mit Massenets «Manon» geht der Saisonstart am gerade zum Opernhaus des Jahres 2025 ausgezeichneten Zürich mit einem rauschenden Fest der schönen Stimmen weiter. Aufhorchen lässt das souveräne Dirigat Sesto Quatrinis, aufblicken die wunderbare Regie Floris Vissers.

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Foto © Herwig Prammer

Floris Visser (Inszenierung) zeigt mit dieser Regie mustergültig, wie sich Werktreue und Frische perfekt kombinieren lassen. Man kann also eine Oper nach Abbé Prévosts nach dem Roman «Histoire du Chevalier Des Grieux et de Manon Lescaut» (1731), in diesem Fall Massenets «Manon» dem Publikum so zeigen, dass es sie wiedererkennt, und doch trotzdem neue Blickwinkel öffnen. Noch vor Beginn der eigentlichen Handlung lernt der Zuschauer Manon als Kind kennen. Sie posiert vor einem grossen, nicht mehr ganz klaren, seitlich aufgestellten Spiegel um sich ihr Kleid zurechtzuzupfen und macht dann, bis ihr Vater kommt, ein paar Tanzschritte und sie grob vom Spiegel weg aus ihren Träumen reisst. Spiegel begleiten weiter durch die Oper: im Hotel Transsylvanie hat der grosse Spiegel der Situation entsprechend einen grossen Riss und als Manon stirbt, streckt der Chor, die Bühne ist nach hinten geöffnet, um der Seele das Entweichen zu ermöglichen, die Scherben des Spiegels in die Luft. Visser gelingen starke Bilder, so wenn im 2. Bild des 3. Akts, im Priesterseminar von Saint-Sulpice, des Grieux den Verlockungen der Welt, im Speziellen Manons, zu widerstehen versucht. Das gelingt ihm aber nicht: als er sich umdreht, um sich wieder dem Gebet zuzuwenden, trägt die Madonna auf dem Altar plötzlich die Züge Manons und lässt die Hüllen fallen. Souverän gelingt Visser die Personenführung in den «Massenszenen». Dieuweke van Reijs Ausstattung überzeugt in ihrer Stimmigkeit, die es dem Zuschauer erlaubt sich in die Zeit zu versetzen, ohne sich aber gleich in einem Museum zu wähnen. Die Lichtgestaltung von Alex Brok trägt massgeblich zum perfekten optischen Eindruck der Produktion bei. Pim Veulings choreographiert die Manon von Guillot de Morfontaine geschenkte Ballettaufführung (Pietro Cono Genova (Tänzer des Des Grieux), Sina Friedli (Tänzerin der Manon), Riccardo Duse (Tänzer des Brétigny), Lilla Figura, Gina Keller, Gioia Stehli und Greta Daum) und schafft damit einen weiteren Höhepunkt des Abends. Es fällt positiv auf, wie intensiv szenisch geprobt wurde!

Basis des rauschenden Fests der schönen Stimmen ist die Klangpracht, die Sesto Quatrini (musikalische Leitung) mit dem in grosser Besetzung angetretenen Orchester der Oper Zürich im Graben entwickelt. Es muss auch musikalisch intensivst geprobt worden sein, denn Quatrini genügen wenige, pointierte Gesten und Zeichen um das Orchester zu einem traumhaft samtigen, immer perfekt austarierten Klang zu führen. Er bestätigt den hervorragenden Eindruck seines Don Pasquale-Dirigats vom Juni 2023. Auf gewohnt hohem Niveau, szenisch wie musikalisch, agiert der von Ernst Raffelsberger einstudierte Chor der Oper Zürich.

Lisette Oropesa gibt die Manon Lescaut mit grossem szenischen Engagement und klangschönem, runden Sopran. Die Stimme neigt anfänglich in übermässiges Vibrato abzudriften und neigt dann im Verlauf des Abends zu leichten Schärfen. Ein besserer Chevalier des Grieux als derjenige von Benjamin Bernheim ist derzeit wohl kaum denkbar. Sein Tenor ist bei überragender Bühnenpräsenz perfekt fokussiert und füllt mit eleganter Leichtigkeit das Haus. Gutes Metall, das richtige Mass an Schmelz und die optische Erscheinung führen hier zu einem idealen Ganzen. Die Überraschung des Abends ist da Rollendebüt von Yannick Debus als Lescaut. Sein charakteristischer, kerniger Bariton spricht den ganzen Abend über perfekt an, fasziniert mit seinen Farben und gibt ihm die Sicherheit szenisch jederzeit überzeugend agieren zu können. Nicolas Testé gibt mit würdevollem Bass-Bariton einen im genau richtigen Masse autoritären Comte des Grieux. Die beiden Rollendebütanten Daniel Norman als Guillot de Morfontaine und Andrew Moore als De Brétigny (Bass-Bariton) fügen sich nahtlos in das Fest der schönen Stimmen ein. Yewon Han als Poussette, Rebeca Olvera als Javotte und Karima El Demerdasch als Rosette verbringen mit den Vorgenannten den Abend. Valeriy Murga überzeugt als L’Hôtelier (Rollendebüt). Henri Bernard als Le Portier du Séminaire / Un Sergent, Caroline Fuss als La Servante, Tomislav Jukic als Premier Joueur, Juan Etchepareborda als Deuxième Joueur und Samuel Wallace als Un archer komplettieren das formidable Ensemble.

Ein rauschendes Fest der schönen Stimmen!

Weitere Aufführungen: Sa. 27. Sept. 2025, 19.00; Fr. 03. Okt. 2025, 19.30; Di. 07. Okt. 2025, 19.00; Fr. 10. Okt. 2025, 19.30.

26.09.2024, Jan Krobot/Zürich

 

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