Zürich/Opernhaus: Liederabend MAURO PETER – 7.11.2022
In der Tradition des Liedgesanges
Mauro Peter. Foto: Christian Felber
In heutigen Zeiten sind Liederabende schwer zu verkaufen, auch dann wenn ein renommierter Name auf dem Plakat steht. Irgendwie scheint es wenig attraktiv, einer Sängerin oder einem Sänger einen ganzen Abend lang zuzuhören, und das „nur“ mit Klavierbegleitung. Dabei ist der Liedgesang wohl der Königsweg, ebenso wie im Instrumentalbereich Musik für das Streichquartett. Da scheint alles nicht mehr Gewicht zu haben; man will den großen Auftritt, mit viel Brimborium und Trara. Und laut muss es vor allem sein.
Nicht so bei diesem Konzert! Wenn ein Könner wie der in den Dreißigern stehende Schweizer Tenor Mauro Peter auftritt, dann interessiert das schon. Und wenn dieser Sänger dazu noch einer der wenigen authentischen Liedersänger ist, dann kann man diese Tatsache nicht hoch genug veranschlagen. Mauro Peter ist nicht ein Tenor, der neben seinen Bühnenauftritten auch noch nebenbei Liederabende gibt, sondern einer der Künstler, der sich trotz den Erfolgen in seinen Opernauftritten ganz dieser speziellen Musiksparte widmet. Darin hat er auch einen nicht zu unterschätzenden Musiker zur Seite: es ist der fabelhafte Pianist Helmut Deutsch, der ihn schon seit Jahren auf dem Weg des Liedgesanges begleitet, mit ihm arbeitet, stetig verfeinert und so zu solch bewegenden Ergebnissen führt, wie wir es an einem am 7. November im Opernhaus Zürich bezeugen konnten.
Helmut Deutsch. Foto: Shirley Suarez
Mauro Peter verfügt über eine lyrisch timbrierte Tenorstimme, die eine angenehm samtene Mittellage aufweist, und, ohne metallisch zu werden, auch in der oberen Lage ihren weichen Klang beibehält. Als Mozartsänger, der er ist und ohne irgendwelche Tricks einfach und ehrlich zu singen weiss, ist er sicher prädestiniert, den Liedern sowohl gesanglich als auch interpretatorisch mehr als gerecht zu werden.
So durften wir Mauro Peter und Helmut Deutsch in ihrem geschmackvoll zusammengestellten Liedprogramm zuhören und dabei mit ihnen, durch die uneitle Darbietung, direkt in das Zentrum des Liedgesangs vorzudringen. Helmut Deutsch, der mit so ziemlich allen Größen des Gesangs zusammengearbeitet hat, trägt einen wesentlichen Anteil zum Gelingen des Abends bei. Denn er vermag das Erbe dieser feinen Kunst und die Lied-Tradition weiterzutragen. So ist ein Liederabend, wenn er so wie bei diesen beiden Künstlern zur Aufführung gelangt, auch immer ein Duo-Abend, an dem die Begleitung am Flügel nicht nur eine solche ist, sondern in kammermusikalischer Hinsicht ein optimales Zusammenwirken, ein Zusammen-Musizieren ist.
Nachdem der Sänger mit einer Gruppe von fünf Beethoven-Liedern den Abend eröffnet hatte, gelangten Lieder von Felix Mendelssohn-Bartholdy zur Aufführung. Die leicht schelmischen und bis an die Grenze des Sentiments reichenden Kompositionen konnte das Duo mit Geschmack und Anmut präsentieren.
Nach der Pause überraschte Mauro Peter mit einer Gruppe von Mörike-Liedern von Hugo Wolf, deren Interpretation das Höchste an Musikalität und Durchdringung abverlangt. Der natürlich fließende Klang seiner Stimme vermählt sich bestens mit der eigentümlichen Melodik der Kompositionen von Hugo Wolf. Gern werden diese Lieder mit einem Zuviel an Emphase und/oder Manierismus dargeboten, was die Interpreten zu vermeiden wussten. Die Natürlichkeit, die gerade durch höchste Kunst erreicht werden kann (Das ist kein Widerspruch!), machte diese Liedergruppe zum Ereignis des Abends! – Zum Abschluss erklang eine Gruppe von Mozart-Liedern, wobei auch „Das Veilchen“ und die c-Moll-Klage „Abendempfindung“ nicht fehlen durften. Nicht ganz passend zum intimen Liedprogramm beschloss das Programm des Liederabends die etwas weit hergeholte Freimaurer-Kantate KV 619, wohl eine Gelegenheits-Komposition Mozarts.
Mit vier Zugaben (Mendelssohns „Leise zieht durch mein Gemüt“, Beethovens „Der Kuss“, Mozarts „Warnung“ und Wolfs „Verborgenheit“ bedankte sich das meisterliche Duo beim enthusiastischen Publikum.
John H. Mueller