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ZÜRICH/ Opernhaus: LIEDERABEND JAVIER CAMARENA. Mexikanische Grandezza mit „mucho corazon“

17.10.2016 | Konzert/Liederabende

Zürich Opernhaus: Liederabend Javier Camarena – 16.10.2016   

Mexikanische Grandezza mit „mucho corazon“

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Javier Camarena. Copyright: Daniel González

Der mexikanische Tenor Javier Camarena war vor zehn Jahren direkt aus dem Opernstudio in die Rolle eines erkrankten Kollegen eingesprungen – und hatte sich damit gleich für eine glanzvolle Karriere empfohlen. Dieses Versprechen hat er inzwischen auch voll erfüllt und kommt erstmals mit einem Liederabend zurück ans Opernhaus Zürich. Von einem begeisterungsfähigen Publikum begrüsst, rang Camarena – sichtlich berührt – mit den deutschen Worten und bemerkte selbstironisch: als er nach Zürich gekommen sei, habe er nicht gut deutsch sprechen können – und nach einer kleinen Bedenk-Pause – jetzt sei es gleich… Doch Camarena war ja nicht zum Sprechen hier, sondern um zu singen und das tut er in unvergleichlicher Weise. Javier Camarena strahlt die unverstellte Lust am Singen, die Freude am schönen Klang aus. Bei diesem Künstler ist immer alles der musikalischen Linie untergeordnet; eine perfekte Technik erlaubt ihm solches. Alles erklingt abgesichert und technisch abgestützt. Fabelhaft, eine solche Tenorstimme heutzutage zu hören.

Javier Camarena begann mit den „Drei Gesängen“ op. 83 von Ludwig van Beethoven, die – ob er musikalischen Textur – wahrlich nicht einfach zu bewältigen sind. Camarena tat dies auf souveräne Weise und überraschte durch eine fabelhafte deutsche Diktion. Als er dann die „Tre Sonetti di Petrarca“ von Franz von Liszt anschloss, war der Sänger ganz in seinem Element. Hier konnte die herrlich lyrisch timbrierte Stimme durch die ganze Skala von einer nicht gedrückten Tiefe über eine klangvolle Mittellage zu einer strahlenden Höhe – ein wirklicher Lyriker – erklingen. Die arios angelegten Lieder von Liszt waren eine wahre Entdeckung, zumal in der hinreissenden Interpretation Camarenas.

Nach der Pause gab’s keine Grenzen mehr für die Musizierfreudigkeit von Javier Camarena, der am Flügel von dem absolut grandiosen Pianisten Angel Rodriguez virtuos, klangvoll und zugleich differenziert begleitet wurde. Nach den herrlich sinnlichen „Quattro Canzoni d‘Amaranta“ von Francesco Paolo Tosti ging’s dann richtig los mit dem hispano-mexikanischen Repertoire: aus der Zarzuela „El trust de los tenorios“ (José Serrano) die Arie „Te quiero morena“ und aus „La taberna del puerto“ (Pablo Sorozábal) die Arie „No puede ser“. Da klang dann die Qualitäts-Stimme Camarenas nochmal um einen Quantensprung schöner und freier. In seinem eigenen Idiom fühlt sich der Sänger offenbar am heimischsten. Ein Medley mit Liedern von Agustín Lara ging ans Herz. Als Camarena dann noch einige Zugaben mit mexikanischen Liedern verschenkte, die Angel Rodriguez am Klavier in eigenem Arrangement und auswendig (!) begleitete, gab’s kein Halten mehr. Die zahlreich erschienenen mexikanischen Landsleute bereiteten ihrem Heros eine grosse Ovation. Es war nicht nur die Begeisterung in Form einer Standing Ovation, sondern es war vor allem auch eine Herzensangelegenheit. Und das ist heutzutage doch eher selten geworden.

John H. Mueller

 

 

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