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ZÜRICH/ Opernhaus: L’ELISIR D’AMORE (zweite Vorstellung nach der WA)

Liebestrank light

24.10.2020 | Oper international

Gaëtano Donizetti: L’elisir d‘amore, Opernhaus Zürich, Vorstellung: 23.10.2020

(2. Vorstellung seit der Wiederaufnahme am 18.10.2020)

Liebestrank light

Die Beweggründe Donizettis Meisterwerk ohne Chor aufzuführen, erschliessen sich auch am Tag nach der Vorstellung nicht. Das Opernhaus Zürich hat sein eigenes Spielsystem, um den Erfordernissen der Pandemie gerecht zu werden. Orchester und Chor musizieren mit coronagerechten Abständen im etwa einen Kilometer entfernten Probesaal am Kreuzplatz und werden per Glasfaserkabel ins Haus übertragen. Bei «Boris Godunow» hat das tadellos funktioniert. Bei der Csardasfürstin und «Maria Stuarda» ebenso. Ist das Fehlen des Chors eine erste finanzielle Auswirkung der Pandemie?

Auf jeden Fall leistet der Statistenverein am Opernhaus Zürich in Vertretung des Chores beste Arbeit.


Proberaum Kreuzplatz mit Chor und Orchester. Foto ©Andrin Fretz

Die Übertragung vom Kreuzplatz ins Opernhaus lässt an diesem Abend leider sehr zu wünschen übrig. Der Meister am Mischpult scheint, so wie das Schlagwerk übersteuert ist, expliziter Militärmusik-Fan zu sein. Von werkgetreuem Klang ist hier wenig zu hören.

Die Philharmonia Zürich unter Nikolas Nägele lässt aber in den lyrischen Passagen, wie auch in der „Maria Stuarda“ zu hören, erkennen, dass sie Belcanto und Donizetti bestens beherrscht.

Regisseur Grischa Asagaroff hat seine Inszenierung mit den Solisten neu einstudiert, und so funktioniert sie in ihrem fünfundzwanzigsten Jahr (Premiere: 28.05.1995)weiterhin perfekt und zeigt, dass bei Donizettis Meister-Komödien eine werkgerechte und vor allem werkdienliche Inszenierung ohne Modernisierung und Psychologisierung zu erreichen ist. Die farbenfrohe und liebenswürdige Ausstattung von Tullio Pericoli und Gigi Saccomandi trägt in ihrer schlichten Zeitlosigkeit ihren Teil dazu bei.


Foto © Judith Schlosser

Mauro Peter gibt einen hervorragenden, höchst kultivierten Nemorino. Die Stimme klingt warm, ist kraftvoll und die Musikalität absolut überzeugend. Die Entdeckung des Abends ist der Haus- und Rollen-Debütant Samuel Dale Johnson: Mit kräftigem, wohlklingendem Bariton gibt er einen grundsympathischen Belcore. Erwin Schrott ist der Routinier der Solistenriege: Die Routine ist seinem Dulcamara nur positiv anzumerken. Jan Pezzali ist sein treuer Begleiter. Mané Galoyan kann als Adina leider nur bedingt überzeugen: Vibrato und Schärfe in der Stimme nehmen leider allzu oft Überhand. Erica Petrocellis Stimme scheint für die Giannetta schon deutlich zu dramatisch.

Weitere Aufführungen: Freitag, 30. Okt. 2020, 19.30 und Sonntag, 8. Nov. 2020, 13.00.

25.10.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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