Gioacchino Rossini: La scala di seta • Opernhaus Zürich • Vorstellungen: 19. (nm) und 24.10.2025
Produktion des Rossini Opera Festival Pesaro (Premiere am 12.08.2011)
(3. und 4. Vorstellung • Wiederaufnahme am Opernhaus Zürich am 25.09.2025 • Premiere im Theater Winterthur am 07.09.2011)
Rossini fruchtig frisch und herrlich prickelnd
Viel zu schnell ist die Serie dieser herrlichen Rossini-Farsa vorbei!

Foto © Herwig Prammer
Damiano Michieletto (Inszenierung) holt mit seiner Inszenierung die Handlung in die Gegenwart und lässt sie in einer kleinen Appartement spielen. Durch den bühnenbreiten Spiegel als geneigte Rückwand wird der auf dem Boden aufgezeichnete Grundriss und das Wortspiel mit dem italienischen «scala», im deutschen entweder als «Leiter oder Massstab zu übersetze, erkennbar und das Spiel lässt sich so aus zwei Perspektiven verfolgen. Weder Wände noch Türen stören «unseren» Voyeurismus. Die Personen sind tadellos geführt und passend zu Rossinis spritziger Musik permanent aktiv. Paolo Fantin (Ausstattung) hat die Wohnung mit Möbeln ausgestattet, die sich in dieser Art in jedem Möbelhaus finden könnten, und die Solisten so eingekleidet, dass sie einem jederzeit auf der Strasse oder im Tram begegnen könnten. Wunderbar herausgearbeitet sind die Gegensätze von Giulia und Lucilla als sportlicher Frau im brombeerfarbenen Trainer und Lucilla im sandigen Deux-Pièce oder Dorvil in Motorrad-Kluft und Blansac im weissen Anzug. So gelingt es Michieletto und Fantin Rossinis frühe Farsa zugänglich zu machen und die genremässig schematischen, marionettenhaften Typen mit unerwarteter Frische auszustatten. Elfried Roller setzt das perlende Geschehen ins passende Licht.
Im hochgefahrenen Orchestergraben spielt das Orchester der Oper Zürich unter musikalischer Leitung von Leonardo Sini einen fruchtig frischen, herrlich prickelnden, exzellenten Rossini. Die einzelnen Instrumente, wie die Hörner oder das Englischhorn, gelangen in den solistischen Passagen mit virtuosem Spiel perfekt zur Geltung, der Gesamtklang ist satt und wunderbar farbenreich. Sini gelingt es wunderbar, Rossinis berühmte Crescendi verführerisch-mitreissend zur Geltung zu bringen. So wird sich der Meister aus Pesaro das gedacht haben.
Olga Peretyatko überzeugt als Giulia mit geerdetem, runden und agilem Sopran. Währenddem sie Hanteln stemmt, kommen die Koloraturen glasklar. In der letzten Vorstellung überzeugt Peretyatko mit herrlichen Verzierungen. Siena Licht Miller stattet die Lucilla als schrullig-schräge alte Jungfer (im Vergleich zu ihrer Cousine Giulia) mit vollem, einwandfrei geführtem Mezzosopran aus. Levy Sekgapane gibt mit perfekt fokussiertem, strahlendem Tenore di grazia einen absolut überzeugenden Dorvil. Die Verzierungen seiner grossen Arie sind, besonders in der Derniere, ein musikalischer Hochgenuss. So muss ein Rossini-Tenor klingen, diese Bühnenpräsenz muss er haben! Enrico Marabelli ist ein Komiker ersten Ranges und begeistert mit sauber geführtem Bariton als wunderbar verschrobener Germano. Nahuel Di Pierro gibt den Blansac mit kernigem, schlank geführtem Bariton und guter Bühnenpräsenz. Martin Zysset, eine der grossen Stützen des Zürcher Ensembles, ist als versierter Charakterdarsteller mit dem Dormont voll in seinem Element: so virtuos muss man mit einem Gehstock auch erst umgehen können.
Rossini fruchtig frisch und herrlich prickelnd!
Keine weiteren Aufführungen in dieser Saison:
24.10.2025, Jan Krobot/Zürich

