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ZÜRICH/ Opernhaus: LA FORZA DEL DESTINO. Wiederaufnahme / vierte Vorstellung

Verdi pur...

05.07.2019 | Oper

 

Bildergebnis für anja harteros
Anja Harteros. Foto: Marco Borggreve

ZÜRICH/Opernhaus: LA FORZA DEL DESTINO  von Giuseppe Verdi
Wiederaufnahme, besuchte Aufführung 4.7.2019
Von John H. Mueller

Verdi pur…

 

Nach der nicht ganz geglückten Premiere am 27.5.2018 war es nun in der Wiederaufnahme (in 4 Aufführungen) mit nahezu neuer Besetzung zum Besten bestellt. Da verlieh schon mal der Name Anja Harteros der Aufführung besonderen Glanz. Und der ihr voraus geeilte Ruf hat sich voll bestätigt, sogar noch übertroffen. Denn Anja Harteros hat sich die Forza-Leonora voll zu eigen gemacht, sie geht darin förmlich auf. Zu Beginn ist sie die edle spanische Lady, dann auf der Flucht die verzweifelte Frau, orientierungslos umherirrend und mit ihrem schlechten Gewissen hadernd, da sie sich für den Tod ihres Vaters schuldig fühlt. In der Klosterszene und im Finale findet sie Frieden mit ihrem Vater, zumal dieser mit Padre Guardiano (in dieser Inszenierung) identisch ist. Anja Harteros singt wunderbar frei, lässt die Töne fliessen, hat wunderbare „floating pianos“ und verbindet ein perfektes Legato mit einer natürlichen Phrasierung. Man glaubt ihr, dass das Singen italienischer Oper ihrer Stimme gut tut. Man hörte es: es sind mehr Farben da, eine elegante Linienführung. Und überhaupt eine tolle offene Höhe, die kristallklar über das Orchester kommt. Als ihr Partner war – ebenfalls neu in der Besetzung – Yonghoon Lee zu hören. Und wie! Lee verfügt über einen wirklichen Spinto-Tenor, basierend auf einer baritonalen Mittellage, der sich zur einer durchschlagskräftigen Höhe mit absolut sicheren Spitzentönen emporschwingt und auch zu Piano- und Smorzando-Passagen fähig ist. Von der Darstellung war er absolut glaubhaft als Aussenseiter, als quasi „Indiano“. George Petean, der von der Premieren-Besetzung übriggeblieben war, sang wieder einen fabelhaften Don Carlo. Wie schon an der Premiere begeisterte seine grosse Szene „Morir tremenda cosa…“, die er mit prachtvollen hohen Tönen krönte. Da kaum etwas gekürzt war, wurden alle Männer-Duette gesungen, auch das nach dieser und vor der Kloster-Szene. Bei der Herausforderung zum Duell gingen beide Sänger auf die alternative Höhe, auch der Bariton! Bravi!


George Petean. Foto: Monika Rittershaus

Sehr gut auch die neue Preziosilla von Elena Maximova, die auch die Currà war, und zeigte, was alles in dieser hoch interessanten Figur steckt. In dieser Inszenierung von Andreas Homoki wird sie zur eindeutig negativen Kriegstreiberin; die beiden Arien sprechen ja auch eine deutliche Sprache. Elena Maximova sang diese mit flexiblem Mezzo, stieg auch problemlos in Alt-Tiefen hinab, um dann wieder Koloraturen und „abbellimenti“ zu singen. Auch von der Darstellung war sie nicht von „schlechten Eltern“. Als Marchese di Calatrava hörten wir den eindrücklichen Bass Wenweih Zhang, der vor allem in der Doppelrolle als Padre Guardiano mit seinen Bronze-Tönen punkten konnte. Sehr gut auch – ebenfalls neu – Renato Girolami als Fra Melitone, der seine beiden Moral-Predigten mit „bösem Humor“, hervorragender Diktion und für diese Rolle äusserst schönstimmig präsentierte. Einen schönen Tenor hörten wir vom Tabuco Jamez McCorkle.

Der Chor (Einstudierung: Janko Kastelic) war gut unterwegs. Besonderes Lob verdient die Philharmonia, die unter Maestro Fabio Luisi einen glutvollen Verdi spielte. Wie Luisi die einzelnen Szenen – auch das ein Verdienst der Regie Andreas Homokis – sich eine aus der anderen entwickeln liess, war von grossem Vorteil für dieses schwierig aufzuführende Werk, das sonst gerne in seine Einzelteile zu zerfallen droht. Hier war das nicht der Fall, hier war alles folgerichtig.

Wenn am Schluss Leonora, Carlo und Calatrava im Jenseits vereint sind, bleibt Alvaro im wahrsten Sinn des Wortes „aussen vor“, denn die beiden Wände schliessen ihn aus.

Ein toller Verdi-Abend!

John H. Mueller          

 

 

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