Giuseppe Verdi: La forza del destino • Opernhaus Zürich • Vorstellung: 15.11.2025
(4. Vorstellung • Premiere am 02.11.2025)
Bewegend aktuelle Oper: «Die Welt spielt verrückt! Was sind das für Zeiten?»
Valentina Carrascos brandaktuelle Sicht auf Verdis Meisterwerk begeistert auch dadurch, dass immer wieder neue Details zu entdecken sind und damit neue Interpretationsmöglichkeiten gegeben werden.
Sie zeigt mustergültig, wie aktuell Oper sein kann.

Foto © Monika Rittershaus
So ist die Szene im Feldlager (1. Bild des 2. Akts; Bühnenbild: Carles Berga) eine Meisterleistung von Maske und Kostümbild (Silvia Aymonino). Hier sind parallel Hilfskräfte für die Verletzten aus dem angegriffenen UN-Sitz im Einsatz, während sich diese «Mächtigen» zeitgleich aus dem reichen Sortiment der Waffenhändlerin Preziosilla eindecken, um die Konflikte, die sie eigentlich lösen sollten, weiterzuführen. Ganz im Sinne von Frau Melitone, der später sagen wird: «Die Welt spielt verrückt! Was sind das für Zeiten?» In diesem Umfeld beginnt Don Carlo di Vargas seine Suche nach Don Alvaro, dem «Mörder» seines Vaters.
Das Orchester der Oper Zürich zeigt sich weiter in blendender Form und setzt Gianandrea Nosedas klar konturierte, deutlich akzentuierte Lesart der Partitur um. Bravissimi! Die Chöre (Chor der Oper Zürich, Zuzüger, SoprAlti und Kinderchor der Oper Zürich) agieren weiterhin auf höchstem Niveau. Auch hier: Bravissimi!
Stanislav Vorobyov absolviert seinen Auftritt als Marchese di Calatrava zuverlässig ohne Fehl und Tadel. Anna Netrebko ist als Donna Leonora weiterhin ein Ereignis und überzeugt mit erschütternder Bühnenpräsenz. Ehrlicher, glaubwürdiger kann man die Rolle nicht gestalten. Stimmlich ist sie auf dem Höhepunkt ihrer Möglichkeiten: die Stimme glänzt mit samtenen Tiefen und strahlenden Höhen, geführt mit superber Technik. Besser und bewegender interpretiert kann man sich diese Partie in der Gegenwart nicht vorstellen. George Petean gestaltet den Don Carlo di Vargas mit belcanteskem Wohlklang und souverän geführtem, höhensicherem Bariton. Yusif Eyvazov in der Rolle des Don Alvaro kann den positiven Eindruck der zweiten Vorstellung leider wieder nicht bestätigen. Akustische Potenz dominiert seine Rollengestaltung, die Stimme klingt gaumig und die Artikulation war bei ihm schon idiomatischer zu erleben. Annalisa Stroppa fasziniert als Preziosilla mit agil geführtem, recht hellem Sopran, der bestens zur modernen Powerfrau passt. Michele Pertusi gibt mit perfekt fokussiertem Bass einen edlen, noblen Padre Guardiano. Der herrlich bissige Fra Melitone von Roberto Frontali ist der ideale Gegensatz. Natália Tuznik als Curra, Lobel Barun als Alcade, Tomislav Jukic als Mastro Trabuco und Max Bell als Chirurgo ergänzen das Ensemble.
Weiterhin gilt: Bewegend aktuelle Oper!
Weitere Aufführungen: Fr. 21. Nov. 2025, 19.00; Mi. 26. Nov. 2025, 19.00; Sa. 29. Nov. 2025, 19.00; Mi. 17. Dez. 2025, 19.00; So. 21. Dez. 2025, 19.00.
19.11.2025, Jan Krobot/Zürich

