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ZÜRICH/ Opernhaus: IL TURCO IN ITALIA von Gioacchino Rossini. Wiederaufnahme

05.03.2022 | Oper international

Gioacchino Rossini: Il turco in Italia • Opernhaus Zürich • Vorstellung: 04.03.2022

(4. Vorstellung • Wiederaufnahme am 20.02.2022)

 Telefon von Gioacchino

Kurz vor Ende der Vorstellung läutet ein Mobiltelefon (Hammerklavier: Andrea Del Bianco). Der Komponist ist in der Leitung. Was er wohl mit dem Dichter zu besprechen hat?

turco
 Foto © Hans Jörg Michel

«Was für ein Theaterstück! Ich bin zufrieden: Einen besseren Stoff hätte man nicht finden können, noch könnte man wünschen, auf bessere Art und Weise einen Knoten zu schlingen» äusserst sich der Dichter. Darüber, was der Komponist zum Dichter sagt, können wir nur rätseln. Er dürfte hocherfreut über die Umsetzung seines Dramma buffo sein, denn er zeigt Menschen der Gegenwart, des Heute, mit denen sich das Publikum identifizieren kann. Das ist ganz in des Komponisten Sinne, denn die Themen, die Jan Philipp Gloger in seiner Inszenierung zur Sprache bringt, des Publikums Umgang mit dem Fremden, den «Clash of Cultures», Parallel-Gesellschaften, Integration und Ausländerfeindlichkeit, sind Themen, die sowohl im Heute des Komponisten wie im Heute des Dichters (Gegenwart der Aufführung) aktuell sind. Die «prachtvollen» Ausstattungen und der Zauber des Exotischen sind Ausprägungen der Themen, die im Heute des Dichters keine Wirkung mehr haben. Den Zwang einen fremdländischen Potentaten auf die Bühne zu bringen, um Kritik üben zu können oder allgemein Gesellschaftskritik ins Gewand des Exotischen kleiden zu müssen, konnten wir uns in den vergangenen Jahrzehnten kaum noch vorstellen. Gerade erfahren wir aber, dass das nur etwas mehr als zwei Flugstunden von uns entfernt, wieder nötig ist. Ben Baur (Bühnenbild) hat als Ort des Dramas das Mehrfamilienhaus Nummer 37 auf die Drehbühne gebracht. Da wohnen der sympathische Pantoffelheld Don Geronio (mit herrlichem Bariton Renato Girolami) mit seiner attraktiven Gattin Donna Fiorilla (stimmlich so attraktiv wie optisch Olga Peretyatko) in der ersten Wohnung, in der zweiten lebt der Dichter Prosdocimo (Pietro Spagnoli mit grosser Bühnenpräsenz) und die dritte bezieht gerade mit Hilfe des Hausmeisters Don Narcisio (mit Luft nach oben Mingjie Lei) und begleitet von seinen Landsleuten (höchst lebendig und stimmprächtig der Zusatzchor Opernhaus Zürich) Selim, ein türkischer Fürst (Nahuel Di Pierro mit fürstlichem Bass). Die Ruhe im Mehrfamilienhaus stören Zaida (Chelsea Zurflüh mit frischem, jugendlichem Sopran), die Selim in der Heimat hat sitzen lassen und ihr Begleiter Albazar (Luis Magallanes). Die Philharmonia Zürich unter Riccardo Minasi verleiht dem Leben im Wohnhaus das Brio und südländische Farben.

Was hat der Komponist mit dem Dichter besprochen? Er wird mit der Umsetzung seines Werks zufrieden gewesen sein.

Keine weiteren Aufführungen in dieser Saison.

07.03.2022, Jan Krobot/Zürich

 

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