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ZÜRICH/ Opernhaus: IL TROVATORE – Wiederaufnahme. Viva Verdi!

18.09.2022 | Oper international

Giuseppe Verdi: Il trovatore • Opernhaus Zürich • Wiederaufnahme: 17.09.2022
(Premiere am 24.10.2021)

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Viva Verdi!

Die Verdi-Tage am Opernhaus Zürich werden mit der Wiederaufnahme von «Il trovatore» fortgesetzt. Die Inszenierung von Adele Thomas findet auch komplett neu besetzt grossen Anklang.

Artur Rucińskis Graf Luna beeindruckt in durch seinen unendlichen Atem und die perfekte Phrasierung. Die stiefmütterliche Behandlung seiner Rolle durch die Regie reduziert seine Präsenz auf die Stimme und so wirkt seine Interpretation der Rolle, wenn das szenische Element praktisch wegfällt, trotz ihrer Perfektion auf die Dauer eintönig. Das rosafarbene Kostüm steht ihm etwas besser als seinem Rollenvorgänger. Nach langer Abwesenheit kehrt Elena Moşuc auf die Bühne des Opernhaus Zürich zurück und gibt die Leonora. Ihr Engagement fügt sich nahtlos in die verbesserten Besetzungen der vergangenen Spielzeiten ein. Das Zürcher Publikum muss sich umgewöhnen, denn Moşucs Interpretation hat den Ursprung in ihrem angestammten Fach, dem Belcanto. Wann war in Zürich das letzte Mal so gleichermassen beseelter wie kunstvoller Belcanto zu erleben? Mit der im Vergleich zu ihren letzten Zürcher Auftritten vor über zehn Jahren gereiften Stimme sind die grossen Aufschwünge kein Problem. Yulia Matochkina als Azucena hat bei «Stride la vampa» noch etwas Anlaufschwierigkeiten. Hier fehlt der Stimme noch das Fundament. Im zweiten Teil der Vorstellung überzeugt sie dann mit grosser, intensiver Bühnenpräsenz und perfekt sitzender Stimme, die nun auch die Tiefen zu Verfügung hat, die man sich für eine Azucena wünscht. Stefano La Colla gibt den Manrico mit strahlendem, leicht metallischem Tenor. Die exponierten Höhen erreicht er mit grossem Anlauf zuverlässig. Ferrando ist wie in der Premieren-Saison mit Robert Pomakov besetzt: endlich ein Sänger, dem nicht schon nach ein paar Sätzen die Luft ausgeht. Mit sonorem Bass gestaltet er seine Erzählung so, dass sie interessant wird und nicht mehr nur als «Vorspann» durchgeht. Bożena Bujnicka als Ines, Omer Kobiljak als Ruiz und Maximilian Lawrie als Un messo ergänzen das Ensemble.

Die Philharmonia Zürich schliesst nahtlos an ihre Glanzleistung von der Wiederaufnahme des «Nabucco». Paolo Carignani geht die Partitur sehr belcantistisch, will sagen melodiebetont, an und lässt die Philharmonia singen. Bravissimi! Der Chor der Oper Zürich (Choreinstudierung Janko Kastelic) lässt keine Wünsche offen und geniesst den szenisch anspruchsvollen Auftritt sichtlich.

Mit der Regie-Arbeit von Adele Thomas hat das Opernhaus Zürich nun wieder ein profilierte Produktion (so profiliert, dass die Produktion zur Ko-Produktion mit dem Royal Opera House Covent Garden geworden ist) im Repertoire. Thomas hat bei ihrer Arbeit das Werk ernst genommen und es vorbildlich gemeistert, die Momente, in denen sich die Geschichte entwickelt und die Momente, wo Verdi Schlaglichter auf die Geschichte wirft, schlüssig zu kombinieren. Ideal unterstützt wird sie dabei durch das Bühnenbild von Annemarie Woods (Ausstattung), die ihr dazu eine die ganze Breite der Bühne einnehmende Treppe kreiert hat. Drei Bilderrahmen schaffen Tiefe, auf dem ersten ist mit dem von Azucenas Mutter ausgesprochen Auftrag «Mi vendica!» das Motto der Oper festgehalten. Bei den Kostümen hat sich Woods von Hieronymus Bosch und Monty Python inspirieren lassen: Diese, aus kontinentaleuropäischer Sicht wohl etwas schräge Komponente verleiht der Produktion eine ganz eigene Frische. Die Lichtgestaltung von Franck Evin schafft manchen wahrhaft poetischen Moment. Das von Emma Woods choreographierte Tanzensemble (Francesco Guglielmino, Manuel von Arx, Martin Durrmann, Tomasz Robak, Steven Forster), das den Chor immer wieder, wie eine Schafherden über die Bühne treibt, kann als Personifizierung des Aberglaubens und der übernatürlichen Kräfte gelesen werden. Die Kampfchoreographie hat Jonathan Holby besorgt.Viva Verdi!

Weitere Aufführungen: 24.09.2022, 27.09.2022, 06.11.2022, 11.11.2022 und 16.11.2022.

18.09.2022, Jan Krobot/Zürich

 

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