Giuseppe Verdi: Il trovatore • Opernhaus Zürich • Dernière: 26.11.2021
(9. Vorstellung • Premiere am 24.10.2021)
Fazit von Premiere, Derniere und zwei weiteren Vorstellungen
Foto © Monika Rittershaus
Mit der Regie der jungen Engländerin Adele Thomas hat das Opernhaus Zürich nun wieder ein profilierte Produktion mit Charakter von Verdis Meisterwerk im Repertoire. Thomas hat bei ihrer Arbeit das Werk ernst genommen und es vorbildlich gemeistert die Momente, in denen sich die Geschichte entwickelt und die Momente, wo Verdi Schlaglichter auf die Geschichte wirft, schlüssig zu kombinieren. Ideal unterstützt wird sie dabei durch das Bühnenbild von Annemarie Woods (Ausstattung), die ihr dazu eine die ganze Breite der Bühne einnehmende Treppe kreiert hat. Drei Bilderrahmen schaffen Tiefe, auf dem ersten ist mit dem von Azucenas Mutter ausgesprochen Auftrag «Mi vendica!» das Motto der Oper festgehalten. Bei den Kostümen hat sich Woods von Hieronymus Bosch und Monty Python inspirieren lassen: Diese, aus kontinentaleuropäischer Sicht wohl etwas schräge Komponente verleiht der Produktion eine ganz eigene Frische. Die Lichtgestaltung von Franck Evin schafft manchen wahrhaft poetischen Moment.
Mit dem neuen Trovatore hat Gianandrea Noseda mit grossem Erfolg seinen Einstand als Generalmusikdirektor des Opernhauses Zürich gegeben. Seine Dirigate sind von einer enormen Lebendigkeit und Körperlichkeit geprägt, die ihn das Werk spürbar spannend gestalten lässt. Die Philharmonia Zürich folgt ihm dabei in kongenialer Weise mit höchster Konzentration. Man hat den Eindruck: hier stimmt die Chemie. Der Chor der Oper Zürich befindet sich ebenfalls in Höchstform und geniesst es, nach der coronabedingten «Quarantäne» im Probenraum am Kreuzplatz, sichtlich, wieder auf der Bühne stehen und spielen zu können.
Bei den Solisten haben eindeutig die Damen die Nase vorn. Marina Rebeka ist als Leonora in diesem Moment ihrer Karriere schlicht eine Idealbesetzung. Ihr steht alles zu Verfügung, was es braucht, um ein Interpretation in Carusos Sinne zu bieten. Die Stimme ist perfekt geführt, sie sitzt und trägt bis in die hinterste Ecke des Hauses. Die stimmlich, wie darstellerisch souveräne Rollenbeherrschung mit gleichbleibend hoher Bühnenpräsenz zeigt sich exemplarisch in der Hochzeitsszene, wo das Glück sicht- und in der Stimme hörbar wird, und in der anschliessenden Szene vor dem Gefängnis, wo sich die zwischenzeitlichen Geschehnisse in der Stimme und Körperhaltung niedergeschlagen haben. Als Leonora gehört sie im Moment zur absoluten Weltspitze. Die Azucena der Polin Agnieszka Rehlis ist die Überraschung der Produktion. Mit wunderbaren Tiefen, satter Mittellage und sauberen Höhen gibt sie eine intensive eine Hexe, deren Bedrohlichkeit aber nie ins Plakative abrutscht. Bożena Bujnicka gibt vollem, klaren, sauber geführten Sopran die Ines. Quinn Kelsey hat es als Il Conte di Luna nicht leicht im Vergleich mit den anderen drei Hauptrollen zu bestehen. Das rosa Kostüm lässt ihn nicht wirklich vorteilhaft aussehen. Hinzu kommt eine eher wenig charakteristische Stimme, die immer wieder unsauber geführt ist und, stilistisch gesehen, ins Veristische abgleitet. Piotr Beczała bietet eine für einen Sänger seine Kalibers ungewöhnlich inkonstante Leistung. In der 5. und 8. Vorstellung gelingt ihm jeweils eine tadelloser Manrico mit viel Schmelz und endlosem Atem. In der Premiere wollte er im «Di quella pira» zu viel, in der Dernière verliess ihn die Stimme zu Beginn des dritten Bildes und so wurde dieser Abend, leider, zu einer Lehrstunde in Sachen Stimm-Ökonomie («Wie singe ich die Vorstellung fertig, wenn die Stimme nicht mehr will»). Robert Pomakov gab einen weit überdurchschnittlichen Ferrando. Endlich ein Sänger in dieser Rolle, der sie auch gestalten kann. Omer Kobiljak oder Andrei Skliarenko als Ruiz, Jeremy Bowes oder Piotr Lempa als Un vecchio zingaro und Andrei Skliarenko als Un messo ergänzten die Ensembles.
Keine weiteren Aufführungen in dieser Saison.
28.11.2021, Jan Krobot/Zürich