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ZÜRICH/ Opernhaus: ELIAS – von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Premiere

10.06.2025 | Oper international

Felix Mendelssohn Bartholdy: Elias • Opernhaus Zürich • Premiere: 09.06.2025

Der Mensch im Mixer

Auch die beste denkbare, musikalische Besetzung ist – in diesem Fall – kein Argument ein Oratorium szenisch aufzuführen. Andreas Homokis letzte Zürcher Inszenierung als Intendant vermag nicht zu überzeugen.

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Foto © Monika Rittershaus

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) war, im Gegensatz zum vier Jahre jüngeren Richard Wagner (1813-1883), kein Revolutionär, sondern ein «Erneuerer im Stillen». Mit «Paulus» und «Elias» hat er, musikalisch hoch gebildet und «Wiederentdecker» der einschlägigen Werke Bachs und Händels, zwei für die Gattung Oratorium wegweisende Werke geschaffen. Als komponiertes Drama ist Mendelssohns «Elias» ein geplanter und gewollter Verstoss gegen die Norm der Gattung. «… in der Darstellung hätte ich’s gern so lebendig als möglich», schrieb Mendelssohn an seinen Librettisten Julius Schubring (18.06-1889). Das ewige «und er sprach» der früheren Oratorien war ihm ein grosser Dorn im Auge (was nun die Dramaturgie bewog eine mehr als überlange Inhaltsangabe in genau diesem Stil im Programmheft abzudrucken, bleibt eines der Geheimnisse der Dramaturgie). Elias sollte ein Prophet sein, «wie wir ihn etwa heut zu Tage wieder brauchen könnten, stark, eifrig, auch wohl bös und zornig und finster, im Gegensatz zum Hofgesindel und Volksgesindel, und fast zur ganzen Welt im Gegensatz, und doch getragen wie von Engelsflügeln» (Mendelssohn an Schubring). Elias ist bei Mendelssohn eine unnachgiebige Prophetenfigur des Alten Testaments, «Elias» eine Lobpreisung der spirituellen Leidenschaft eines alttestamentarischen Propheten.

In Andreas Homokis (Inszenierung) szenischer Umsetzung bleibt davon kaum etwas übrig. Im Bühnenbild von Hartmut Meyer treibt die an einen Mixer erinnernde szenische Installation aus einem Dreh-Element und einem Zylinder die Menschen vor sich hier. Aber jedes Mal, wenn es «knapp» zu werden droht, öffnet sich der Zylinder. Von der Figur des Elias, wie sie Mendelssohn sich vorgestellt zu haben scheint, bleibt szenisch nichts übrig. Die Kostüme Mechthild Seipels zeichnen ein pessimistisches Bild der Gesellschaft als uniforme Masse: mit einer an eine Uniform-Kollektion erinnernde überschaubare Anzahl von Kleidungsstücken, gibt es nicht mehr als fünf oder sechs Typen Mensch auf der Bühne (die immerhin so sorgfältig gezeichnet sind, dass selbst die Frisuren, so weit möglich, identisch sind). Nur Elias ist individuell gezeichnet, so als hätte er sich nach einem Fernseh-Abend gerade von der Couch erhoben.

«Es rührt an die universellen Menschheitsfragen, die Fragen nach dem Ursprung unseres Seins und alldem, was sich dem Verständnis des Menschen entzieht», so Homoki zur Thematik im Programmheft. Dazu passt die szenische Umsetzung, aber das Oratorium heisst «Elias». So aber lenkt die szenische Umsetzung mit ihren Drehbewegungen und dauernden Auf- und Abtritten des Chores primär von Text und Musik ab. Zum «Durchleben» des Stoffes (Homoki im Programmheft: «Wir durchleben diesen Stoff, indem wir ihn spielen») lädt diese Inszenierung nicht ein.

 

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Foto © Monika Rittershaus

Musikalisch gesehen ist Homoki Recht zu geben: Mit dieser Besetzung muss man «Elias» machen. Das «Wie?» ist, wie gesagt, eine andere Frage.

Der Chor der Oper Zürich und der Zusatzchor der Oper Zürich setzen ihre Aufgabe schlicht brillant um. Die Chöre triumphieren mit sattem, farblich wie dynamisch höchst differenziertem Wohlklang und mustergültiger Textverständlichkeit. Chordirektor Ernst Raffelsberger hat «ganze Arbeit» geleistet! Die Philharmonia Zürich (ab kommender Saison wieder Orchester der Oper Zürich) unter musikalischer Leitung von Gianandrea Noseda glänzt

Christian Gerhaher überzeugt als Elias rundum. Die Stimme ist perfekt fokussiert und trägt im ganzen Haus, der Text ist souverän gestaltet. Gleiches gilt für eine weitere Koryphäe des Liedgesangs, Mauro Peter als Tenor. Julia Kleiter fasziniert mit ihrem tadellos geführten Sopran und Wiebke Lehmkuhl mit ihrem Alt mit beeindruckenden Farben und wunderbaren Tiefen. Raúl Gutiérrez gibt den Ahab und Sylwia Salamonska die in Regie-Theater-Manier ausgebaute Partie des Knaben. Indyana Schneider als Die Königin / Alt 2, Flavia Stricker als Sopran 2, Raúl Gutiérrez als Tenor 2 und Felix Gygli als Bass und Max Bell als Bass 2ergänzen das denkwürdige Ensemble

Aus musikalischer Sicht ein denkwürdige Abschluss-Produktion: Diese Besetzung, die so sehr im Sinne des Komponisten agiert, muss man gehört haben!

Weitere Aufführungen: Fr. 13. Juni 2025, 19.00; Di. 17. Juni 2025, 19.00; Do. 19. Juni 2025, 19.00; Sa. 21. Juni 2025, 19.00;

Di. 24. Juni 2025, 19.00; Do. 26. Juni 2025, 19.00; So. 29. Juni 2025, 20.00; Mi. 2. Juli 2025, 19.00;

So. 6. Juli 2025, 20.00.

11.06.2025, Jan Krobot/Zürich

 

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