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ZÜRICH/ Opernhaus: ELEKTRA – Wiederaufnahme

Hochspannung in Mykene

08.07.2019 | Oper


Evelyn Herlitzius (Elektra), Tamara Wilson (Chrysothemis). Foto: T+T Fotografie/ Toni Suter

Zürich: ELEKTRA – Wiederaufnahme 7.7.2019  

Hochspannung in Mykene

Die seit 2003 im Repertoire des Opernhauses Zürich stehende Produktion (Inszenierung: Martin Kušej, Bühnenbild: Rolf Glittenberg) erfreut sich bei jeder Aufführung einer ganz besonderes Publikums-Resonanz. Diesmal war es ein ausnehmend junges Publikum, das in atemloser Stille dem rasanten Geschehen auf der Bühne folgte. Dafür war in höchstem Masse die hinreissende Elektra von Evelyn Herlitzius verantwortlich. Denn wie diese Sängerin die   Atridentochter mit ihrem ganzen Wesen erfasst und ohne sich zu schonen, mit jeder Faser ihres Künstlertums darstellt, ist schlichtweg atemberaubend. Da ist mal die unerschöpfliche


Evelyn Herlitzius (Elektra), Christoph Fischesser (Orest). Foto: T+T Fotografie Toni Suter

Stimmkraft, gekrönt von einer strahlenden Höhe, dann die totale Identifikation mit der Rolle, die physische Energie, die diese Frau abgibt – was will man denn noch mehr? Dass sie am Schluss, wenn sie zuerst allein den tosenden Beifall entgegennehmen darf, locker und entspannt, bescheiden und mit einem mädchenhaften Lächeln sich verbeugt, dann kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus! Und neben ihr war Waltraud Meier die Klytämnestra, eine würdige Königin, die in kleinen Gesten ihre Unsicherheit, ihr schlechtes Gewissen und ihre Schuld nicht verbergen kann. Stimmlich ist sie hervorragend in der atonalen Passage, wo ihr weiches, schönes Timbre besonders zum Zuge kommt. Tamara Wilson trat als Chrysothemis zum ersten Mal in dieser Inszenierung auf und brachte alle diese wunderbaren femininen Töne zum Klingen, die eine Ideal-Besetzung für diese Rolle ist. Ihre deutsche Diktion war perfekt. Als Orest war Christof Fischesser war ein balsamisch strömender Heimkehrer und seine bassige Grundierung vermischte sich fabelhaft mit den tiefen Blechbläsern der Philharmonia. Diese war hervorragend disponiert und holte unter dem aufpeitschenden Dirigat von Simone Young alles an Expression und Klangwuscht aus dieser faszinierenden Partitur heraus. Als scharf artikulierenden Aegisth konnten wir Michael Laurenz in seiner kurzen, aber eindringlichen Szene erleben. Die Mägde waren hervorragend: Judith Schmid, Deniz Uzun, Irène Friedli, Hamida Kristoffersen und Natalia Tanasii. Marion Ammann (Aufseherin), Justyna Bluj (Vertraute), Yuliia Zasimova (Schleppträgerin), Iain Milne (junger Diener) und Richard Walshe (alter Diener) vervollständigten das grossartige Ensemble. Der Chor (Einstudierung: Janko Kastelic) stimmt vollstimmig in den Jubel des Finale ein.

In knapp eindreiviertel Stunden raste dieses hoch expressive Werk an einem vorbei und es bedurfte einiger Momente, um wieder zu sich zu kommen.

John H. Mueller         

 

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