Erich Wolfgang Korngold: Die tote Stadt • Opernhaus Zürich • Premiere: 21.04.2025
Abgehobenes Allerlei
Zürichs neue «Die tote Stadt» bietet «Abgehobenes Allerlei». Abgehoben der szenische Part, beliebig der Musikalische.
Foto © Monika Rittershaus
Das Hauptproblem der Neu-Inszenierung von «Die tote Stadt» ist das, dass sie, was in den Interviews mit dem Leading Team im Programmheft breit aufgefächert wird, nicht einlöst. Diese Produktion macht nicht klar, warum es das Werk wert ist, aufgeführt zu werden, weshalb es ab den 1970er-Jahren zu einer Korngold-Renaissance kam.
Dmitri Tcherniakov (Inszenierung/Bühnenbild) hat ein schwebendes Stadthaus als Einheitskulisse entworfen. Die Tapete und die mutwillig platzierten Säulen sollen wohl Jugendstil-Atmosphäre schaffen. Die Bühnenebene bleibt leer, die Drehbühne wird primär zum Rollschuh-Fahren genutzt. Die Kostüme von Elena Zaytseva sind wenig aussagekräftig. Die Lichtgestaltung von Gleb Filshtinsky scheint sich den Titel des Werks zum Grundsatz genommen zu haben. Positiv anzumerken ist, das Tcherniakov im Programmheft erklärt, wie er sich das Werk nach seinen Vorstellungen zurechtgestutzt hat: es ist also weniger «Die tote Stadt» von Korngold als eine «Die tote Stadt» nach Korngold: Wenn nur der Grossteil des Abends in der Wohnung abläuft, ist das der Textverständlichkeit massiv abträglich und so sehr Tcherniakov sich an seine eigenen Vorgaben hält, so wenig gelingt es ihm die Figuren plastisch zu zeigen und so etwas wie Spannung aufzubauen. Das Bühnenbild baut eine Distanz zum Publikum auf, die schlicht kontraproduktiv ist. Die Geschehnisse im «Erdgeschoss» (oder Keller?) tragen genauso so wenig zum Verständnis bei.
Der musikalische Part ist vor allem eines: viel zu laut! Der «stilistischer Querschnitt durch das musikalische Repertoire des Wiener Jahrhundertbeginns» (Regine Palmai im Programmheft) wird kaum allein in brachialer Lautstärke bestehen. Lorenzo Viotti (Musikalische Leitung) übergeht Korngolds Instrumentierungskunst und deckt mit seinem Dirigat der Philharmonia Zürich die Sänger gnadenlos zu, was dann zu kaum vorhandener Textverständlichkeit führt. Selbst bei Björn Bürger als Frank/Fritz der Pierrot, der in den lyrischen Stellen mit seinem Charakter-Bariton durchaus für sich einnehmen kann. Ähnlich geht es Eric Cutler, der als Paul debütiert. In den lyrischen Stellen anfänglich tadellos und bestens verständlich, tönt die Stimme ab dem Forte stumpf und abgenutzt. In Situationen, wo er in der Wohnung mit dem Rücken zum Publikum singen muss, ist es mit Textverständlichkeit nicht weit her. Vida Miknevičiūtė kann als Marietta/Marie nicht überzeugen. Die Stimme klingt durchgehend scharf und aggressiv und bietet ein gnadenloses Vibrato. Evelyn Herlitzius gibt mit grossartiger Bühnenpräsenz die Brigitta. Rebeca Olvera als Juliette, Daria Proszek als Lucienne, Raúl Gutiérrez als Gaston, Nathan Haller als Victorin, Álvaro Diana Sanchez als Graf Albert und Iryna Das als Marie geben ihr Bestes, sind in dem akustischen Tornado kaum individuell wahrnehmbar. Den Prolog spricht Daniel Hajdu. Ernst Raffelsberger hat den Zusatzchor der Oper Zürich, die SoprAlti der Oper Zürich und den Kinderchor der Oper Zürich bestens einstudiert.
Leider nicht mehr als «Abgehobenes Allerlei».
Weitere Aufführungen:
Fr. 25. April 2025, 19.00; Fr. 02. Mai 2025, 19.00; Di. 06. Mai 2025, 19.00; Fr. 09. Mai 2025, 19.00;
Sa. 17. Mai 2025, 19.00; Mi. 21. Mai 2025, 19.00; Do. 29. Mai 2025, 19.30; So. 01. Juni 2025, 19.30.
22.04.2025, Jan Krobot/Zürich